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Repression gegen linke DDR-OppositionRote Hilfe streitet über die DDR

Das Magazin der Soli-Organisation kritisiert in der aktuellen Ausgabe die DDR. Das Titelthema stört die DKP und die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke.

Das ehemalige Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen Foto: reuters

Berlin taz | „Dieser Themenschwerpunkt ist ei­ne Herausforderung. Vor seiner Erstellung hat es innerhalb und außerhalb der Roten Hilfe Diskussionen gegeben, teils sehr emotionale, nicht immer solidarische. Und auch nach seinem Erscheinen wird es Diskussionen geben, teils sehr emotionale, hoffentlich aber solidarische.“ Mit dieser Vorbemerkung leitet das Redaktionskollektiv der aktuellen Ausgabe der Rote-Hilfe-Zeitung (RHZ) das Schwerpunktthema „Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR“ ein.

13 AutorInnen beschäftigten sich in dem Heft kritisch mit der Geschichte der kommunistischen Bewegung. Ein Artikel geht auf die Unterdrückung oppositioneller Strömungen innerhalb der Kommunistischen Parteien im Zuge der Stalinisierung ein. In weiteren Texten wird aufgezeigt, wie als „Gruppe Ulbricht“ bekannte linientreue FunktionärInnen gegen die innerparteiliche Opposition vorgingen. Davon blieben auch Opfer des Naziregimes nicht verschont, wie in mit historischen Quellen unterlegten Artikeln nachgewiesen wird. Weitere Beiträge widmen sich unterschiedlichen Verfolgungsgeschichten von linken Gruppen und Einzelpersonen in der DDR. Ein Interview mit dem letzten DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow schließt den Schwerpunkt ab.

Obwohl es sich um differenzierte Texte handelt, hat die Ausgabe für große Aufregung bei dem Teil der Linken geführt, der der DDR noch immer die Treue hält. „Dieses Heft ist ein Angriff auf eine der Strömungen, die die Rote Hilfe tragen, und dieser Angriff wird offensichtlich bewusst geführt“, heißt es in einem Brief der Vorstände der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der zur Unterstützung von nach 1989 angeklagten DDR-FunktionärInnen gegründeten Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung (GHR). „Das Thema Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR wird so ausgeweitet, dass nebenbei auch noch die Geschichte der KPD und der Kommunistischen Internationale im besten bürgerlichen Jargon entsorgt wird.“

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke kritisiert den Schwerpunkt ebenfalls – aber gleichzeitig auch eine RHZ-Ausgabe aus dem Jahr 2016 mit dem Schwerpunkt „Siegerjustiz“, die völlig unkritisch mit der DDR umgegangen war. „Kontroverse geschichtspolitische Themen in Form einseitiger Schwerpunkte abzuhandeln, schadet dem notwendigen Widerstand gegen autoritäre Tendenzen in der BRD, die wir immer schärfer erleben. Das widerspricht zudem dem strömungsübergreifenden Charakter der Roten Hilfe“, schreibt sie in einer Erklärung.

Unterstützung von DDR-Oppositionellen

Doch die Rote Hilfe bekommt für die aktuelle Ausgabe auch Unterstützung. “Wir solidarisieren uns mit denjenigen Linken inner- und außerhalb der Roten Hilfe, die mit einer kritischen Aufarbeitung der DDR und des ganzen sogenannten Realsozialismus den Weg frei machen, eine sozialistische Zukunft jenseits von ‚Realsozialismus‘ und Kapitalismus in Angriff zu nehmen,“ heißt es in einem von den linken DDR-Oppositionellen Bernd Gehrke, Renate Hürtgen, Thomas Klein und Anne Seeck unterschriebenen Brief.

„Gegen die „Diskreditierung der linken antistalinistischen Opposition“ wendet sich ein weiterer Brief, den auch die Redaktion der aus den DDR-oppositionellen Umweltblättern hervorgegangene Zeitschrift telegraph unterzeichnet hat.

Henning von Stoltzenberg vom Bundesvorstand der Roten Hilfe erklärt gegenüber der taz, man werde sich mit den Reaktionen auf die beiden RHZ-Ausgaben gründlich auseinandersetzen, wolle aber diese Debatte nicht fortsetzen. „Schwerpunkt der Roten Hilfe ist die Solidaritätsarbeit heute“, betont er.

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11 Kommentare

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  • siehe auch in der enzyklopädie des europäischen ostens:



    web.archive.org/we...Salonbolschewismus

  • Nu. Neu ist das alles in aller heutiger Frische ja nu wirklich nicht.



    Nö. Sondern hat lange Tradition seit es - seit der Weimarer Zeit - 'die' Rote Hilfe gibt. Wollnichwoll.



    Normal.

    unterm------



    de.m.wikipedia.org...Hilfe_Deutschlands



    &



    Mit ungläubigem Schmunzeln stand ich - paar Jahre vor! der Wende - in Berlin Hauptstadt der DDR - vor der Büste des Hallensers RA Hans Litten - im heutigen LG Berlin-Mitte. Newahr.

    Denn - “Gern wurde in der DDR



    Littens berühm­tes Wort vom August 1932 zitiert: "Ich habe nur als proletarischer Anwalt meine Pflicht den angeklagten Proleta­riern gegenüber erfüllt".



    Gleichzeitig wurden aber in allen Nachkriegsausga­ben des lesenswerten Buchs der Mutter Irmgard Litten "Eine Mutter kämpft ge­ gen Hitler" Littens Aussagen gegen die KPD gestrichen."



    www.rak-berlin.de/.../Litten_KT0408.pdf

    Normal - wa.



    -----



    &



    de.m.wikipedia.org/wiki/Hans_Litten



    & Däh!



    Ehrung der DDR-Richterin Hilde Benjamin



    Von wegen starke Frau



    In einer Broschüre wollte der Bezirk Steglitz-Zehlendorf „starke Frauen“ ehren – darunter auch die berüchtigte DDR-Richterin Hilde Benjamin.



    www.taz.de/Archiv-...=Hilde%2Bbenjamin/

    kurz - Was die Betrachtungen zur Rolle der Justiz in der DDR angeht.



    Muß frauman zwingend im Hinterkopf haben - die Richter dort - waren 'Sheriffs der Partei'. •



    Nothing else.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Solange es die DDR gab und die DKP - zumindest lokal in einigen Unistädten wie meinem einst geliebten Marburg - eine Rolle unter Studis spielte, habe ich gerne lustvoll mit ihnen gestritten. Mein lange Zeit bester Freund war eine führende DKP-Größe. Groovy.

    Doch bitte: wer ist bald 30 Jahre nach dem Fall des "antiimperialistischen Schutzwalls" die DKP in 2019? Selbst der Zulauf bei Sekten dürfte heute wesentlich größer sein.

    Oder ist heute der Welt-Tag der internationalen Belanglosigkeiten?

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Der Welttag der linken Kuriositäten.

      Am besten bestaunen lässt sich dieses Kabinett bei der alljährlichen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration zum Friedhof Friedrichsfelde in Berlin.

      Vor dem Eingang befindet sich immer eine Art Markt. Alles was links ist, lässt sich dort bestaunen. Es finden sich Stände von ehemaligen Angehörigen der Grenzorgane oder der Staatsicherheit.

      Eine Zeitlang versuchten Stalinisten das neue Mahnmal für die Opfer des Stalinismus zu beschädigen oder zu beschmieren. Ihr Einsatz, Antifa.

      Es gab auch schon muntere Hetzjagden über den Friedhof. Die Jäger stellte die Polizei. Wir waren das Wild.

      Und in einem Jahr drohte ein Irrer in die Demo zu schießen. Also gab es Scharfschützen auf den Dächern und Panzer an jeder Ecke.

      Wenn Sie mal in Berlin sind am 13. Januar, das ist sehenswert.

      Und natürlich ist es gut, die Ermordeten zu ehren.

      Roter Opa Ende.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @88181 (Profil gelöscht):

        Danke für den freundlichen Service.

        Meine Fantasie gibt genug her, mir det Janze vorzustellen. Ich würde mich heute nicht mehr nach Berlin trauen. Früher habe ich die Gegend links und rechts des KuDamms sowie Wannsee/ Teufelsberg (?) und im Osten: Treptow kennengelernt.

        Ein Problem bleibt: soll ich jetzt den Ur-Opa geben? Oder den dunkelroten Opa? :-)

  • „Träumt weiter“, kann ich da nur sagen! Eine „sozialistische Zukunft jenseits von ‚Realsozialismus‘ und Kapitalismus“ hatte zuletzt Hugo Chavez mit seinem „Sozialismus des 21. Jh.“ deklariert und die „ganze Welt“ eingeladen, von Venezuela zu lernen. Das funktionierte prächtig, solange etwas zum Umverteilen da war.



    Die „sozialistische Zukunft jenseits von ‚Realsozialismus‘ und Kapitalismus“, wie sie sich die linken Oppositionelle in der DDR vorstellten, wäre letztendlich auch dort gelandet, wo alle bisherigen Sozialismus-/Kommunismus-Experimente landeten: Bei Mangelwirtschaft, Unterdrückung und Verteufelung jeder Opposition und staatlich gelenkten Massenmedien, die das Leben im Land schönreden und alles „Schlechte“ dem „Ausland“ zuschieben.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Unsere Abteilung Instant!

      Die von Ihnen hier aufgeführten Merkmale der 'Sozialismus-/ Kommunismus-Experimente' sind höchst beeindruckend. Das soll hier nicht übergangen werden.

      Was ich leider nicht verstanden habe: wo genau verlaufen die Trennlinien zum nicht staatlich, sondern 'Markt' gelenkten Kapitalismus???

      Vor allem der Schlusssatz ist höchst beeindruckend, wenn ich an die Kommentare Ihrer hiesigen Gesinnungsfreunde denke, die mit Hinweisen auf Russland, China et. al. den Anschein von Argumentation zu erwecken versuchen.

      Selektive Sehfähigkeit vom Allerfeinsten. You made my evening. LoL.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        “. . . wo genau verlaufen die Trennlinien zum nicht staatlich, sondern 'Markt' gelenkten Kapitalismus“



        Sie haben mehr gelesen, als ich geschrieben habe, insbesondere schrieb ich nichts vom „staatlich gelenkten Kapitalismus“ (=StaMoKap?). Falls Sie damit den „Realsozialismus“, wie er in der DDR praktiziert wurde (Honecker sprach vom „Sozialismus in den Farben der DDR“) meinten: Sagen Sie das bloß keinem eingefleischten DDR-Nostalgiker! Er wird ihnen anhand der Schriften der „Väter des Kommunismus“: Marx / Engels / Lenin (/Stalin /Mao?) messerscharf nachweisen, dass die DDR dank dieser ideologischen Grundlagen der kapitalistischen BRD „eine ganze geschichtliche Epoche voraus“ war!



        Oder meinten Sie das „Chinesische Modell“? In einer „sozialistischen“ Verpackung steckt ein knallharter kapitalistischer Kern. Vom gehabten „Sozialismus“ wurden nur die in meinem Schlusssatz genannten Features beibehalten!

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Obwohl es sich um differenzierte Texte handelt, hat die Ausgabe für große Aufregung bei dem Teil der Linken geführt, der der DDR noch immer die Treue hält. "

    Also beim verrückten Teil der Linken.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Eben: Es müsste wohl heißen "WEIL es sich um differenzierte Texte handelt..."

  • Mein Gott, was haben die DDR-Nostalgiker und Ulla Jelpke nur für Probleme!