Rentenpaket wird noch teurer: 40.000 Frührentner mehr
Das Rentenpaket der Koalition wird womöglich noch teurer als veranschlagt. Und die Linke rechnet vor: Es trifft auch die Rentner – durch geringere Rentensteigerungen.
BERLIN dpa | Die Kosten für das Rentenpaket der großen Koalition sind voraussichtlich höher als bisher veranschlagt. Der Grund: Die Regierung rechnet mit mehr Frührentnern wegen der Anrechnung von Beiträgen freiwillig Versicherter für die abschlagsfreie Rente ab 63.
Die Linke wies zudem unter Verweis auf eine Regierungsauskunft darauf hin, dass auch die Rentner das Paket, zu dem eine Aufstockung der Mütterrente gehört, ab 2019 mitbezahlen - durch geringere Rentenerhöhungen.
Die Gesamtkosten für die Rente ab 63 beziffert die Bundesregierung bis Ende 2017 bislang auf insgesamt sieben Milliarden Euro. Nach Schätzungen des rentenpolitischen Sprechers der Grünen, Markus Kurth, könnten sich die Zusatzkosten nun auf eine Milliarde Euro bis Ende 2017 belaufen, berichtete die Süddeutsche Zeitung - da sich der Kreis der Nutznießer auf bis zu 240.000 erhöhen könne. Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte, sie halte die Summe von einer Milliarde Euro für zu hoch. Sie nannte einen Betrag von 150 Millionen Euro.
Maximal wird es nach Ministeriumseinschätzung 40.000 zusätzliche Frührentner geben. Dabei handele es sich überwiegend um Selbstständige, die freiwillige Beiträge vor allem deswegen zahlten, um ihren Erwerbsminderungsschutz aufrecht zu erhalten. Sie müssten aber nicht notwendigerweise alle an einer Frühverrentung interessiert sein, da sie nur den Mindestbeitrag zahlten und ihre Rentenansprüche nicht so hoch seien, dass eine abschlagsfreie Rente einen hohe Anreiz darstelle.
Trickbetrug und Klientelpolitik
Rechnet man alle Verbesserungen für die Rentner - einschließlich der Mütterrente - bis zum Jahr 2030 zusammen, kommt man unterm Strich auf 160 Milliarden Euro. Diese Zusatzbelastung ist selbst bei steigenden Steuerzuschüssen nur durch vorgezogene Beitragsanhebungen zu stemmen.
In einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion teilte die Regierung mit, dass die Regelungen des Rentenpakets den für die Berechnung der Bruttorenten maßgeblichen Rentenwert bereits bis 2019 um 1,0 Prozent und bis 2024 um 1,5 Prozent im Vergleich zu den bisherigen Erwartungen minderten. Linksparteichef Bernd Riexinger sagte: „Das Rentenpaket wird in Wirklichkeit von den Rentnern bezahlt. 10 Millionen profitieren, 50 Millionen zahlen drauf. Das ist kein guter Deal, sondern ein gewaltiger Trickbetrug.“
Unterdessen trat einer der renommiertesten Rentenexperten, Franz Ruland, nach über 45 Jahren Mitgliedschaft aus Ärger über die Rente ab 63 aus der SPD aus. Er wolle nicht länger einer Partei angehören, die gegen den Rat aller Sachverständigen mit ihrer Rentenpolitik eine verantwortungslose Klientelpolitik betreibe, erklärte er.
Leser*innenkommentare
Celsus
Da werden zum teil abschreckende Zahlen genannt, als würde die Welt untergehen, wenn Menschen auch nur nach 45 Berufsjahren mit 63 in rente gehen. Fast sollten wir den Eidnruck haben, dass Deutschland nach der alten Regelung, die das schon nach 35 Jahren ermöglichte massiv ärmer geworden wäre. Das Gegenteil ist aber der Fall.
Das Denken der Politiker scheint auch relativ einfach: 10 € als überhöhter Rentenbeitrag gesenkt und dann zu einer privaten Absicherung mit 15 € im Monat raten.
Wie wäre es aber mal mit der Gegenrechnung, was wir an Subventionen für Arbeitsplätze, an Zahlungen an Arbeitslose, Krankengeld für Menschen über 60, Erwerbsmidnerungsrenten, ... auf der anderen Seite dagegen rechnen können?
Gabriel Renoir
@Celsus Das Renteneintrittsalter 61 Jahre, ganz unabhängig davon wie lange sie gearbeitet haben. In Italien und früher bei den Lehrern war es noch niedriger. Dafür wurden die Lehrer dann besonders alt.
Rainer B.
Der einzelne Rentner wird sich die wunden Augen reiben, wenn er den Rentenbescheid in der Hand hält und sich fragen, worüber hier eigentlich monatelang palavert wurde.
Ein peinliches Ablenkungsmanöver, um bloß keine Diskussion über die beschlossenen Diätenerhöhungen und die völlig aus dem Ruder laufende Pensionsversorgung der Staatsdiener aufkommen zu lassen. Am Renten-Cent wird bis zum Draht gezogen während im Hintergrund die Milliarden nur so übern Tisch gehen.
Gabriel Renoir
Die Frage ist, wer bezahlt das? Im Prinzip unsere Kinder. Bei der geringen Geburtenrate in Deutschland (1,3 Kind pro Frau, also 2 alte Menschen werden durch 1,3 junge Menschen ersetzt!!) und der verlängerten Lebensdauer der Renter alimentiert bald ein Arbeitgeber einen Rentner. Der Rentner hat von 60 bis 88 Jahre Rente = 28 Jahre. Der Arbeitnehmer arbeitet von 32-60 (da zuerst Student, später Eintritt ins Berufsleben), = 28 Jahre. Wenn ich das Verhältnis 1,3 neue Arbitgeber versus 2 neue Rentner nehme sieht es noch katastrophaler aus. Also Leute, strengt euch etwas an.
Gabriel Renoir
@Gabriel Renoir Das durchschn. Renteneintrittsalter in Dland ist 61, wg Frührente, Krankheit.