piwik no script img

Rentenbeschluss der KoalitionRentenbeitragssatz steigt, Mütterrente wird ausgeweitet

Die Koalition hat ihr Rentenpaket beschlossen: Das Rentenniveau bleibt gleich, einige Eltern erhalten mehr Geld. Auch das Tariftreuegesetz kommt.

Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, will das Rentenniveau bei 48 Prozent sichern Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin rtr/dpa | Die Bundesregierung hat ein milliardenschweres Rentenpaket zur Absicherung des Rentenniveaus und zur Ausweitung der Mütterrente auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD).

Damit wird das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent des jeweils geltenden Durchschnittslohns gesichert. Zudem erhalten Eltern von vor 1992 geborenen Kindern ab 2027 drei statt bislang zweieinhalb Jahre Erziehungszeiten bei der Rente angerechnet. Dies soll spätestens 2028 umgesetzt sein, aber dann rückwirkend ab 2027 gezahlt werden. Die Ausweitung der Mütterrente bedeutet pro Kind rund 20 Euro mehr im Monat.

Der Rentenbeitragssatz steigt 2027 voraussichtlich etwas stärker als gedacht: von heute 18,6 auf 18,8 Prozent des Bruttolohns. Nach geltendem Recht wäre übernächstes Jahr ein Anstieg auf 18,7 Prozent zu erwarten gewesen. 2026 bleibt der Satz voraussichtlich stabil.

Die Kosten für das Gesamtpaket belaufen sich ab 2027 auf eine zweistellige Milliardensumme, die aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll. Die Finanzplanung von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) für die Jahre bis 2029 weist allerdings hohe zweistellige Milliardenlücken auf.

Bindung an Tariflöhne wird gestärkt

Ebenfalls einigte sich die Bundesregierung am Mittwoch darauf, öffentliche Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen zu koppeln. Das Kabinett brachte einen entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) auf den Weg. Die Regierung will damit die seit Jahrzehnten sinkende Bindung an Tariflöhne stärken. Eine weitreichende Ausnahme ist bis Ende 2032 für Aufträge der Bundeswehr vorgesehen.

Arbeitgeber müssen dem Gesetzentwurf zufolge vertraglich zusichern, die einschlägigen Standards bei der Ausführung des Auftrags einzuhalten. Dabei müssen die Firmen nicht selbst tarifgebunden sein. Die Tariftreue soll sich neben dem Entgelt auch auf weitere Lohnbestandteile wie Zulagen oder Weihnachtsgeld beziehen. Das Gesetz gilt für Aufträge und Konzessionen des Bundes oder seiner Behörden ab einem geschätzten Auftrags- oder Vertragswert von 50.000 Euro.

Die für eine Branche verbindlichen Standards legt das Arbeitsministerium auf Antrag einer Gewerkschaft oder eines Arbeitgeberverbandes per Rechtsverordnung fest. Der Antrag muss den Tarifvertrag benennen, dessen Arbeitsbedingungen in der Verordnung für verbindlich erklärt werden sollen. Eine neue Prüfstelle Bundestariftreue soll die Einhaltung der Vorgaben überprüfen. Bei Verstößen drohen Vertragsstrafen von bis zu zehn Prozent des Auftragswertes und die Kündigung des Auftrags. Zudem können Unternehmen von künftigen Vergaben ausgeschlossen werden.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) lehnt das Vorhaben kategorisch ab. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert dagegen seit langem ein entsprechendes Gesetz.

In Deutschland wird weniger als die Hälfte aller Beschäftigten nach einem von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten Tarifvertrag bezahlt. Im Jahr 2024 arbeiteten laut einer Erhebung des IAB-Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit rund 41 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit einem Branchentarifvertrag. Im Jahr davor waren es noch 42 Prozent. Weitere 8 Prozent waren demnach in Betrieben mit einem Haustarifvertrag beschäftigt. Die Branchentarifbindung sank in den vergangenen fast 30 Jahren um 26 Prozentpunkte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • In etlichen Ländern -auch in unserer Nachbarschaft- sind alle, ALLE dazu verpflichtet in das Rentensystem einzuzahlen und dort hat man nicht diese Probleme. Das aber würde Vielen ihre Privilegien kosten. Beamte, Abgeordnete, verschiedene Berufsgruppen könnten dazu beitragen ein gerechtes Modell zu schaffen. Doch in D anno 2025 geht das natürlich nicht. Wer hat, der hat - und gibt nix her. Sollen sich doch andere damit herumschlagen. Das ist eine hierzulande weitverbreitete Ich-Bezogenheit, die von den meisten Parteien gefördert und eben nicht in Frage gestellt wird - ebenfalls aus Eigennutz, der Pfründe wegen, "Wertebasierte Politik", na klar doch....

  • Zur Versachlichung: Die Entwicklung der Rentenbeitragssätze kann man sich hier ansehen: de.wikipedia.org/wiki/Beitragssatz

    Daraus ergibt sich u. a., dass der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung von 1996 bis 2014 durchgehend höher war als der ab 2027 geplante erhöhte Beitragssatz von 18,8 %. Seit 2018 beträgt der Beitragssatz stabil 18,6 % und ist damit so niedrig, wie er zuvor zuletzt 1995 war. Und das, während bereits ein erheblicher Teil der geburtenstarken Jahrgänge ("Boomer"), das sind in Deutschland die Jahrgänge 1955 bis 1969, Rente bezieht. Es kann keine Rede davon sein, dass die Rente nicht mehr finanzierbar ist. Lesenswert ist dazu auch dieses taz-Interview mit dem ehemaligen Staatssekretär im Arbeitsministerium Rolf Schmachtenberg, der festgehalten hat, dass der Anteil der Renten am Bruttoinlandsprodukt seit 50 Jahren stabil ist und davon ausgeht, dass sich in Zukunft nur leicht erhöhen werde: taz.de/Rolf-Schmac...bb_message_5029183

  • Das ist eine gute Nachricht!



    Mit der Tarifbindung wird dieses sinnvolle System gestärkt.



    Ein Idee der SPD, die sich hier, in erster Linie, für die Arbeitnehmer einsetzt. Aber auch Firmen, die bewußt Ihre ArbeitnehmerInnen als Tarifpartner und nicht als Gegner betrachten, werden so gestärkt und ihr Ansinnen unterstützt.



    So werden die Investitionen in die Infrastruktur auch in Arbeitnehmerhände fließen.



    Das ist eine klare Ausrichtung der den Rückgang der Tariftreue aufhalten wird.



    Die Gegenbeispiele von Staaten, die



    große Infrastrukturprojekte unter prekären Arbeitsbedingungen umgesetzt haben, wie in Kathar, oder Dubai, waren ja Negativbeispiel genug.



    "Deregulierung" ist oft ein Deckmantel zur Verschlechterung der Situation.

  • Und was ist mit den Firmen, die zwar keinen Tarifvertrag haben, aber über den Tarifen von vergleichbaren Branchentarifverträgen liegen?

    • @Offebacher:

      Was soll mit denen sein? Übertarifliche Bezahlung erfüllt ja den Tarif und gibt es zwar keinen Haustarif, der besser ist als der Branchentarif sind es ja die Arbeitsverträge (kleinste Tarifeinheit). Eigentlich sollte das nicht zu Problemen führen. Tarifverträge sind ja verbindliche neue Mindestregelungen (die besser sein müssen als die bestehenden u.a. Arbeitsrecht bzw. Diese nicht unterbieten können/dürfen. Solche Regelungen sind nichtig). Europäisches Arbeitsrecht -> Nationales Arbeitsrecht -> Branchentarifverträge -> Haustarifverträge -> Arbeitsvertrag und weitere individuelle Vereinbarungen. Besser werden darfs bei jeder Stufe, nur nicht schlechter.

  • Da die Boomer den Generationenvertrag aufgekündigt zu haben scheinen, sehe ich für die Generation meiner Kinder nur noch die Option komplett aus dem Modell auszusteigen. Das wird nach allen Vorraussagen sowieso etwa 2035 der Fall sein müssen wenn das ganze Rentensystem kollabiert.

    • @Šarru-kīnu:

      Der Ausstieg ist relativ ist über die Berufswahl relativ einfach:

      Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Ingenieure haben berufsständische Versorgungswerke und sind von der GRV befreit.

      Die GRV ist für den dummen Rest: Hohe Beiträge für Rente knapp über der Grundsicherung.

    • @Šarru-kīnu:

      Ich verstehe Sie und kann auch nur empfehlen,sich um eine Beamtenstelle zu bemühen oder(auch aus anderen Gründen) sich im Ausland zu etablieren.



      Dennoch meine ich,dass die meisten RentnerInnen so wenig Geld haben,dass man es ihnen gönnen kann und diejenigen RentnerInnen,die mehr Geld haben,unterstützen äußerst großzügig,zumindest kenne ich das so aus meinem Umfeld,die Kinder und Enkel;von den vererbten Immobilien etc. ganz zu schweigen.Es ist sogar so,dass auch die RentnerInnen mit kleinen Renten ihre Kinder und Enkel so gut es geht beschenken.



      Ich wünsche mir für die Rentenversicherung erst einmal eine "ordentliche Buchhaltung",um zu sehen,wieviel fließt an Steuermitteln in die Rente (das ist bekannt und wird oft kommuniziert)und wieviel Geld wird für versicherungsfremde Leistungen entnommen.Gleiches für die KV und PV.

      www.adg-ev.de/publ...de-leistungen-2015

      Trotzdem,ich verstehe Sie gut,sehe aber auch die Boomer,die teilweise mit 14 Jahren bereits begonnen haben zu arbeiten,mehr Wochenarbeitsstunden,Arbeitswochen von Montag bis Samstag,wenig bis keinen Gesundheitsschutz,keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten u.v.m..