Rennen ums Amt des britischen Premierministers: Boris Johnson kann wieder antreten
Der Ex-Premier hat 100 Unterstützer in der Tory-Fraktion zusammen. Zuvor sprachen sich bereits genügend Parlamentarier für eine Kandidatur von Rishi Sunak aus.
Der Johnson-Verbündete James Duddridge, Mitglied der Tory-Fraktion im Unterhaus, twitterte laut der Tageszeitung The Guardian: „Boris Johnson hat mehr als 100 Unterstützer.“ Wenig später schrieb BBC-Redakteur Chris Mason ebenfalls: „Mir wurde gesagt, dass Boris Johnson jetzt mehr als 100 Unterstützer hat und daher auf dem Stimmzettel stehen könnte, wenn er dies wünscht.“ Johnson selbst hat seine erneute Kandidatur bisher nicht bestätigt.
„Es ist mir eine Ehre, der 100. Tory-Abgeordnete zu sein, der ‚#Ready4Rishi‘ (Bereit für Rishi) unterstützt“, schrieb der konservative Abgeordnete Tobias Ellwood auf Twitter. Bisher hat nur Unterhauschefin Penny Mordaunt ihre Kandidatur offiziell erklärt.
Innerhalb der Regierung hatten sich aber zuletzt auch mehrere Kabinettsmitglieder öffentlich für den vor wenigen Monaten wegen diverser Skandale als Premierminister zurückgetretenen Johnson ausgesprochen. Verteidigungsminister Ben Wallace sagte am Freitag: „Im Moment tendiere ich zu Boris Johnson.“ Er verwies darauf, dass Johnson die konservativen Tories 2019 zu einem klaren Wahlsieg geführt habe. Allerdings habe Johnson noch „einige Fragen zu beantworten“, fügte Wallace hinzu.
Auch Energie- und Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg sprach sich für Johnson als Partei- und Regierungschef aus. Er schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter die Losung „#BorisorBust“ (Boris oder Nichts). Nur Johnson könne die nächste Parlamentswahl gewinnen. Kabinettsmitglied Simon Clarke versicherte Johnson ebenfalls seine Loyalität.
Ehemaliger Vize-Premier Raab warnt vor Johnson-Rückkehr
Sunak gilt derweil noch als der aussichtsreichste Kandidat – nicht zuletzt, weil er die katastrophalen Konsequenzen von Truss' Wirtschaftsplänen, die sie schließlich zu Fall brachten, vorausgesagt hatte. Auch Johnsons früherer Vizepremier Dominic Raab erklärte den Ex-Finanzminister im Sender „Sky News“ zum „herausragenden Kandidaten“. Vielen Anhängern des Ex-Regierungschefs gilt Sunak wegen seiner Rolle bei dessen Rücktritt jedoch als „Königsmörder“.
In einer Radiosendung der BBC sagte Raab, dass er sich nicht vorstellen könne, wie eine Rückkehr von Boris Johnson in die Downing Street mit den anstehenden Anhörungen im Untersuchungsausschuss zur sogenannten Partygate-Affäre in Einklang gebracht werden soll. Solange Johnson Gegenstand einer laufenden Ermittlung sei, könne Raab dessen mögliche Rückkehr an die Spitze der Torys nicht gutheißen.
Obwohl Raab betonte, dass er „zu Boris stehe“ und „großen Respekt vor ihm“ habe, sagte er, dass Großbritannien „nicht zurückgehen“ könne. Er fügte hinzu: „Wir können uns keinen Murmeltier-Tag und keine weitere Folge der Seifenoper rund um Partygate leisten. Wir müssen das Land und die Regierung voranbringen.“
Mehrheit der Briten gegen eine Rückkehr Johnsons
Laut einer neuen YouGov-Umfrage sind 52 Prozent der britischen Wähler dagegen, dass Johnson an die Macht zurückkehrt. Johnson war Anfang Juli nach einer parteiinternen Revolte gegen ihn wegen seiner viel kritisierten Amtsführung während seiner drei Jahre als Parteichef und damit später auch als Premierminister zurückgetreten. Truss wurde von den Parteimitgliedern zur neuen Vorsitzenden gewählt und wurde damit automatisch auch Regierungschefin.
Nach nur sechs Wochen im Amt verkündete Truss angesichts massiven Drucks auch aus der eigenen Partei am Donnerstag ihren Rücktritt. Grund waren massive Fehler in der Finanz- und Steuerpolitik, die zu heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt hatten.
Die Bewerber müssen bis Montag die Unterstützung von mindestens 100 der 357 Tory-Abgeordneten vorweisen. Das bedeutet, dass höchstens drei tatsächlich kandidieren können. Danach müssen sich die Abgeordneten entweder auf zwei Kandidaten einigen, über welche die Parteimitglieder bis kommenden Freitag abstimmen, oder sie bestimmen direkt einen Kandidaten, der in die Downing Street einzieht.
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