Religiöse Symbole vor Gerichten in BaWü: Ohne Kreuz, Kopftuch und Kippa
Justizminister Guido Wolf will religiöse Symbole per Gesetz aus dem Gerichtssaal verbannen. Winfried Kretschmann zeigt sich kritisch.
Der Anlass für das Gesetz ist nach Wolf ein Fall in Bayern, beim dem eine Rechtsreferendarin vor dem Augsburger Verwaltungsgericht geklagt hatte, weil sie wegen ihres Kopftuchs nicht zur Sitzungsvertretung zugelassen wurde. Die Klägerin hatte Recht bekommen. Wolf sagt, seitdem würden die Gerichte auf eine gesetzliche Regelung drängen.
Ein Verbot des Kopftuchs nach Wolfs Gesetzentwurf würde für Richter, Staatsanwälte, Referendare, Protokollführer und Rechtspfleger gelten, nicht aber für Anwälte. Auch Schöffen wären betroffen. Nach Auskunft Wolfs gibt es in Baden-Württemberg derzeit 10 Referendarinnen, die ein Kopftuch tragen. Bisher gibt es mit ihnen persönliche Vereinbarungen, dass sie nicht im Gerichtssaal auftreten. Nachteile in der Ausbildung entstünden ihnen dadurch nicht, so Wolf.
Der Justizminister räumte ein, dass er mit der Gesetzesinitiative „auf schwierigen Pfaden“ unterwegs sei. Da die vom Verfassungsgericht in seinem zweiten „Kopftuch-Urteil“ betonte Religionsfreiheit gelten müsse, erstrecke sich das Verbot nur auf öffentliche Gerichtsverhandlungen.
Neben verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Gesetzentwurf aufwirft, muss Wolf mit Widerstand in der grün-schwarzen Regierung rechnen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat bereits wenig Sympathie für die Initiative seines Ministers erkennen lassen. Er könne sich in keiner Weise vorstellen, dass etwa ein jüdischer Richter mit Kippa die Neutralität des Gerichts verletzt.
Immerhin konnte Justizminister Wolf konservative Kreise überzeugen, die befürchteten, nun müssten Kreuze im Gerichtssaal abgehängt werden. Zwar wäre auch das christliche Symbol vom Gesetz betroffen. Aber eine Überprüfung des Ministeriums habe ergeben, dass heute in keinem Gerichtssaal in Baden-Württemberg mehr ein Kreuz hänge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin