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Religiöse Symbole vor Gerichten in BaWüOhne Kreuz, Kopftuch und Kippa

Justizminister Guido Wolf will religiöse Symbole per Gesetz aus dem Gerichtssaal verbannen. Winfried Kretschmann zeigt sich kritisch.

Wäre in Zukunft auch verboten Foto: dpa

Karlsruhe taz | Der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) plant, religiöse und weltanschauliche Symbole für Richter und Staatsanwälte im Gerichtssaal zu verbieten. Der Gesetzentwurf umfasst zwar alle religiösen Symbole, zielt aber offensichtlich auf das muslimische Kopftuch. Seinen Gesetzentwurf präsentierte der CDU-Mann am Donnerstag erstmals vor einem juristischen Fachpublikum in Karlsruhe. Es gehe darum, jeden Anschein zu vermeiden, dass ein Richter und Staatsanwalt nicht neutral sein könnten, erklärte Wolf. Dabei genüge schon das subjektive Gefühl von Klägern oder Angeklagten.

Der Anlass für das Gesetz ist nach Wolf ein Fall in Bayern, beim dem eine Rechtsreferendarin vor dem Augsburger Verwaltungsgericht geklagt hatte, weil sie wegen ihres Kopftuchs nicht zur Sitzungsvertretung zugelassen wurde. Die Klägerin hatte Recht bekommen. Wolf sagt, seitdem würden die Gerichte auf eine gesetzliche Regelung drängen.

Ein Verbot des Kopftuchs nach Wolfs Gesetzentwurf würde für Richter, Staatsanwälte, Referendare, Protokollführer und Rechtspfleger gelten, nicht aber für Anwälte. Auch Schöffen wären betroffen. Nach Auskunft Wolfs gibt es in Baden-Württemberg derzeit 10 Referendarinnen, die ein Kopftuch tragen. Bisher gibt es mit ihnen persönliche Vereinbarungen, dass sie nicht im Gerichtssaal auftreten. Nachteile in der Ausbildung entstünden ihnen dadurch nicht, so Wolf.

Der Justizminister räumte ein, dass er mit der Gesetzesinitiative „auf schwierigen Pfaden“ unterwegs sei. Da die vom Verfassungsgericht in seinem zweiten „Kopftuch-Urteil“ betonte Religionsfreiheit gelten müsse, erstrecke sich das Verbot nur auf öffentliche Gerichtsverhandlungen.

Neben verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Gesetzentwurf aufwirft, muss Wolf mit Widerstand in der grün-schwarzen Regierung rechnen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat bereits wenig Sympathie für die Initiative seines Ministers erkennen lassen. Er könne sich in keiner Weise vorstellen, dass etwa ein jüdischer Richter mit Kippa die Neutralität des Gerichts verletzt.

Immerhin konnte Justizminister Wolf konservative Kreise überzeugen, die befürchteten, nun müssten Kreuze im Gerichtssaal abgehängt werden. Zwar wäre auch das christliche Symbol vom Gesetz betroffen. Aber eine Überprüfung des Ministeriums habe ergeben, dass heute in keinem Gerichtssaal in Baden-Württemberg mehr ein Kreuz hänge.

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9 Kommentare

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  • Is grad schonn was spät -

     

    Aber der noch - short cut -

    "...Aber eine Überprüfung des Ministeriums habe ergeben, dass heute in keinem Gerichtssaal in Baden-Württemberg mehr ein Kreuz hänge."

     

    Das hör ich ja gern.

    Wenn ich so an meinen Start in

    Westfälisch Sibirien - vulgo Sauerland - denke. Au backe.

    Aber für finster-Entschlossene - mal ein Tipp -

    Ein Präsi - in einer Metropole -!!;)

    Begründete seinen viel späteren - Roll-Back-Versuch!!

    Mit - "Wieso? is ja ein Kunstwerk - das Kreuz!"

    Ja - es ist schonn - ein Kreuz - Na & mit Art. 4 GG - erscht!

    (Er betet sicher wie Kretschi - für Angie.) & nochens -

     

    Wie bei der Entscheidung zu den Notstandsgesetzen -

    Bin ich wieder mal geneigt - Über die Rechtsfigur -

    Einer verfassungswidrigen Verfassungsrechtsprechung -

    Verschärft - nunja - Nachzudenken!;) - doch - doch -;)

    (Allerdings nicht auf dieser einfälltigen Persetterebene!;()

    Echt peinlich das. Punkt.

    • @Lowandorder:

      Mal im ernst.

       

      Sagt ihm das niemand!?

      Dieser Herr - hat doch so was von offensichtlich

      Die Karlsruher Entscheidung weder gelesen -

      Noch gar verstanden.

      Wie der Äpfel mit Birnen mang die Kartoffeln kegelt - Atemberaubend - wenn´s nicht so traurig wär.

      "Schuster bleib bei deinem Leisten" - gell! - Kretschi!

      Damit ja & nicht nur hierbei - ersichtlich gut ausgelastet!

      kurz - "Sagen was man denkt - und vorher -

      Was gedacht haben." Dieser feine Bonmot von

      Harry Rowohlt - feiere hiermit fröhliche Urständ.

  • Aus dem Gerichtssaal gehört jedes religiöse Symbol allemal verbannt - schliesslich haben wir (offiziell) eine Trennung von Staat, Gewalt und Rechtssprechung. Plus Religionsfreiheit - und die ist durch ein Kreuz an der Wand schon mal deutlich in Frage gestellt.

    Oder handelt es sich um christliche Gerichte? Welcher Glaube im Land vorherrscht darf keinerlei Orientierung sein für die Justiz!

    Jetzt unverhüllende Symbole/Kleidungsstücke verbieten zu wollen geht mir zu weit. Jedoch haben religiöse Gewichtungen in einem Gericht GAR nichts verloren.

    Gesichtsverhüllung ist allerdings ein absolutes NoGo.

    Kopftücher sind m.E. mit Hüten und Strickmützen gleichzusetzen und von daher unpassend - es ist seit langem Sitte und Gepflogenheit, vor Respektspersonen die Kopfbedeckung abzunehmen und nicht mit einem schlimmstenfalls lächerlichen Blümchenhut oder Gamsbart vor einem Richter zu sitzen.

  • Mein Gott, hört das schwarz/braune Geseihere denn nie auf? Wenn ficht es eigentlich an, ob eine weibliche Richterin ein Kopftuch trägt weils sie zufälig halt mal muslimischen Glauben ist? Und wen stört es bitteschön ernsthaft wenn ein Jude eine Kipa trägt?

     

    Sollte nicht gerade im Gericht gezeigt werden, daß wir es ernst meinen mit der Religionsfreiheit?

     

    Deutschland, nein wohl eher die Welt seit Trumps Wahl, ist auf dem besten weg zurück in die Steinzeit.

    • @Nachtvogel:

      Wenn die Argumente fehlen kommt direkt der Nazivergleich. Religiöse Symbole haben vor Gericht nichts zu suchen. Religion und Staat sind klar getrennt. Also muss auch jede staatliche Gewalt frei von Symbolen der Religion sein. Und ein Richter fungiert als Staatsgewalt

    • @Nachtvogel:

      was ist mit Aluhüten gegen die Strahlung?

  • Jetzt stelle ich mir vor wie Polizisten religiösen Juden, die zum Schöffenamt verpflichtet wurden, die Kipa vom Kopf reisst. Oder sollen Juden durch Erzwingunghaft zur Ablegung der Kipa gezwungen werden?

    Eine andere Möglichkeit wäre natürlich Juden das Schööfenamt zu verwehren.

     

    Viellleicht noch mal ein bisschen drüber nachdenken?

  • Traditionell trugen Richter doch gepuderter Zöpfe aus Fremd- oder Kunsthaar. Wäre das keine Option für Juristinnen, um ihren Glaubenstabus einerseits, dem Gesetz andererseits Genüge zu tun - die Religion verbietet doch nur das eigene Haar zu tragen. :) Oder weniger spektakulär: Perücken überhaupt.

    Cartoon: https://demystifikation.wordpress.com/2016/10/01/kopftuchmaedchen/ Kopftuchmädchen.

  • Kreuze sichtbar um den Hals zu tragen müsste dann auch verboten werden, oder?