Relegation im Fußball: Was wollt Ihr woanders?
Vier Traditionsklubs kabbeln sich derzeit um Aufstieg und Nichtabstieg. Besser wäre es, wenn die Vereine alle in der zweiten Liga spielten.
Z uerst ist die Relegation, wenn man den Duden fragt, die „Verweisung von der (Hoch)schule“. Und vom lateinischen Wortursprung her beschreibt der Begriff die vergleichsweise leichte Strafe einer Verbannung im Römischen Reich.
Darum geht es also, wenn am Montag und Dienstag vier Klubs, die früher alle einmal Eliteinstitutionen des Fußballreichs angehörten, gegeneinander antreten: Wer muss raus, wer darf bleiben, wer darf rein, wer nicht? Hamburger SV vs. Hertha BSC, Dynamo Dresden vs. 1. FC Kaiserslautern.
Wenn es bei Hin- und Rückspiel zwar um Verweisung oder Verbannung geht, gleichwohl all diese Strafmaßnahmen nur als relativ milde Sanktionen zu verstehen sind, dann sollten die zuständigen DFB- und DFL-Einrichtungen endlich auf eine Ligareform drängen, die da lautet: Ihr vier gehört alle in die zweite Liga!
Nicht nur, dass die zweite Liga sich unter den Gesichtspunkten des sportlichen Wettbewerbs als die stärkste hiesige Division etabliert hat – ein historischer Erfolg, der nicht zuletzt durch das jahrelange Verbleiben des HSV in dieser Spielklasse ermöglicht wurde (dafür ein herzliches Dankeschön!) und der aktuell durch den Aufstieg der ähnlich strukturierten Vereine Werder Bremen und Schalke 04 gefährdet ist.
Auch dass die zweite Liga in den vergangenen Jahren ein Auffangbecken für sogenannte Traditionsvereine geworden ist, die nicht mehr so recht zu einer von RB, Bayer, Bayern, TSG oder VW geprägten Leistungsschau passen mögen, ist ein Aspekt, der auf eine bessere Zugehörigkeit der vier zu relegierenden Klubs in die zweite Liga verweist.
Magath, Rehhagel und die fehlende Moderne
Die erste Bundesliga hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Aus dem, was im Sportjournalismus gerne Oberhaus genannt wird, wurde ein gespaltenes Unternehmen: Für die einen ist es ein Sprungbrett in europäische Dimensionen, in die Champions League, für deren Erreichen man gar kein nationaler Champion mehr zu sein braucht. Für die anderen bietet die Bundesliga die Möglichkeit, die Lücken zu schließen, die die reichen Klubs mit ihrer Fixierung auf die Champions League gerissen haben. Freiburg, Mainz und viele andere nutzen dies.
HSV, Hertha, FCK und Dynamo haben alle ihre Meriten im gehobenen Fußball: Einer war DDR-Meister, einer Reichsmeister, zwei von ihnen BRD-Meister, und von diesen beiden Klubs war sogar einer schon Meister im wiedervereinigten Deutschland. (Letzterer, der FCK, stürzte entsprechend am tiefsten ab.)
Zugleich ist aber die Gegenwart all dieser vier Vereine weit weg von den Anforderungen des zeitgenössischen Fußballs, wie er prototypisch von modernen, gut ausgebildeten und auf der Höhe der technischen Standards stehenden Trainern gelehrt wird. Alle vier Relegationsklubs, ob sie Aufstiegsambitionen verfolgten oder sich im Laufe der Saison genötigt sahen, die für den Abstiegskampf nötigen Maßnahmen zu ergreifen, haben ein bemerkenswertes Trainergeschiebe hingelegt.
Es dürfte kein Zufall sein, dass der einzige der vier Vereine, der sich bis zum heutigen Tage in der höchsten Spielklasse aufhalten durfte, Noch-Bundesligist Hertha BSC, mit Felix Magath einen Fußballlehrer verpflichtet hatte, dem von Medizinbällen, Diktatur über Quälix alles mögliche nachgesagt wird, aber nichts mit dem Begriff Zukunft.
In die bislang letzte Hertha-Relegation war Hertha BSC 2012 mit dem Chefübungsleiter Otto Rehhagel gegangen. Geschichte wiederholt sich bekanntlich schon mal als Farce, und die Relegation bekam ihren Wortsinn: Der Berliner Klub erhielt seinen Verweis von der Eliteeinrichtung.
Wer muss raus, wer darf bleiben, wer darf rein, wer nicht?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit