Rekord-Hochwasser in Mitteleuropa: Katastrophe mit Ansage
Die Warnungen waren da, die Lage wurde unterschätzt: In Österreich, Polen und Rumänien hinterlassen Starkregen und Hochwasser eine Spur der Zerstörung.
In Polen wurden wegen eines brechenden Damms Tausende Menschen evakuiert. In Rumänien starben fünf Personen in den Fluten. Tausende Häuser wurden beschädigt. Von einer „Katastrophe epischen Ausmaßes“ sprach der Bürgermeister von Slobozia Conachi, einem besonders stark betroffenen Dorf in Rumänien.
Auch in Österreich ist die Lage sehr angespannt. Vor allem in Niederösterreich, wo Bäche über die Ufer traten und zu gefährlichen Strömen anschwollen. Im gesamten Bundesland wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Mehrere Gemeinden mussten evakuiert werden. Bei einem Hochwassereinsatz in Niederösterreich starb ein Feuerwehrmann, wie Sonntagvormittag bekannt wurde. Der Bezirk Lilienfeld ist gar von der Außenwelt abgeschnitten. Dort empfehlen die Behörden nun auch, das Trinkwasser abzukochen.
Betroffen ist auch die Stadt Wien, wo Kais und Straßen entlang des Donaukanals unter Wasser standen. Auch der Wienfluss, normalerweise ein Rinnsal in einer metertiefen Einfassung, schwoll bis auf Straßenniveau an. Vier U-Bahn-Linien mussten abschnittsweise gesperrt werden. Auch die Anreise nach Wien entlang der Westbahnstrecke sowie auf der Westautobahn war am Sonntag nicht möglich.
Katastrophenfall auch in Bratislava ausgerufen
Die Donau selbst stellt in Wien wegen seiner komplexen Hochwasserschutzanlagen aktuell keine Bedrohung dar. Weiter flussabwärts, etwa im 250 Kilometer entfernten Budapest, rüstet man sich jedoch für die kommenden Tage. Auch in Bratislava wurde der Katastrophenfall ausgerufen.
Das Hochwasser kam keineswegs überraschend. Bereits Anfang der Woche warnte etwa der Meteorologe Jörg Kachelmann auf der Plattform X vor enormen Regenmengen. Er wirft dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF vor, nicht ausreichend gewarnt und die Gefahr in einem Wetterbericht des ORF Niederösterreich heruntergespielt zu haben. Der ORF wies die Kritik zurück und verwies auf seine laufende Berichterstattung. Klar ist: Viele in Österreich schienen das Ausmaß der Regenfälle unterschätzt zu haben.
Sonntagabend begannen die Niederschläge im Osten Österreichs offenbar zurückzugehen. In den frühen Morgenstunden sowie am gesamten Montag soll es aber weiter stark regnen, bevor ab Dienstag der Regen allmählich aufhören soll.
Unstrittig ist laut Fachleuten, dass der Klimawandel verstärkt zu derartigen Extremwetterereignissen führt. Offen ist hingegen, ob und inwiefern sich das Hochwasser auf die in zwei Wochen bevorstehende Nationalratswahl auswirkt. Die in den Umfragen führende Rechtsaußenpartei FPÖ spielt den Klimawandel herunter, doch auch die derzeit regierende ÖVP kriminalisierte Klimakleber, sprach sich für den Verbrenner und gegen „Tempo 100“ auf der Autobahn aus.
Einzig die Grünen priorisieren den Klimaschutz, konnten sich jedoch in der zu Ende gehenden Legislaturperiode oft nicht gegen ihren Regierungspartner durchsetzen. Bis heute gibt es etwa kein Klimaschutzgesetz, das eine Reduktion von Treibhausgasen in Österreich verbindlich vorschreibt. Umweltschützer kritisieren auch die seit Jahren unzureichenden Anstrengungen vor allem im Verkehrsbereich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett