Rekord-Hochwasser in Mitteleuropa: Katastrophe mit Ansage

Die Warnungen waren da, die Lage wurde unterschätzt: In Österreich, Polen und Rumänien hinterlassen Starkregen und Hochwasser eine Spur der Zerstörung.

Viele Häuser und Straßen sind überflutet nach einem Dammbruch

Klodzko am Sonntag: Der Bruch eines Staudamms im Schneegebirge an Polens Grenze zu Tschechien hat die Lage enorm verschärft Foto: Maciej Kulczynski/pap

Linz taz | Nur wenige Tage nach den letzten Hitzetagen mit über 30 Grad führt Sturm „Boris“ zu sintflutartigen Regenmengen in Teilen Mittel- und Osteuropas. Bis zu 400 Liter pro Quadratmeter Regen fielen in Teilen Österreichs, aber auch in Tschechien, dem Südwesten Polens, Teilen der Slowakei und Rumäniens.

In Polen wurden wegen eines brechenden Damms Tausende Menschen evakuiert. In Rumänien starben fünf Personen in den Fluten. Tausende Häuser wurden beschädigt. Von einer „Katastrophe epischen Ausmaßes“ sprach der Bürgermeister von Slobozia Conachi, einem besonders stark betroffenen Dorf in Rumänien.

Auch in Österreich ist die Lage sehr angespannt. Vor allem in Niederösterreich, wo Bäche über die Ufer traten und zu gefährlichen Strömen anschwollen. Im gesamten Bundesland wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Mehrere Gemeinden mussten evakuiert werden. Bei einem Hochwassereinsatz in Niederösterreich starb ein Feuerwehrmann, wie Sonntagvormittag bekannt wurde. Der Bezirk Lilienfeld ist gar von der Außenwelt abgeschnitten. Dort empfehlen die Behörden nun auch, das Trinkwasser abzukochen.

Betroffen ist auch die Stadt Wien, wo Kais und Straßen entlang des Donaukanals unter Wasser standen. Auch der Wienfluss, normalerweise ein Rinnsal in einer metertiefen Einfassung, schwoll bis auf Straßenniveau an. Vier U-Bahn-Linien mussten abschnittsweise gesperrt werden. Auch die Anreise nach Wien entlang der Westbahnstrecke sowie auf der Westautobahn war am Sonntag nicht möglich.

Katastrophenfall auch in Bratislava ausgerufen

Die Donau selbst stellt in Wien wegen seiner komplexen Hochwasserschutzanlagen aktuell keine Bedrohung dar. Weiter flussabwärts, etwa im 250 Kilometer entfernten Budapest, rüstet man sich jedoch für die kommenden Tage. Auch in Bratislava wurde der Katastrophenfall ausgerufen.

Das Hochwasser kam keineswegs überraschend. Bereits Anfang der Woche warnte etwa der Meteorologe Jörg Kachelmann auf der Plattform X vor enormen Regenmengen. Er wirft dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF vor, nicht ausreichend gewarnt und die Gefahr in einem Wetterbericht des ORF Niederösterreich heruntergespielt zu haben. Der ORF wies die Kritik zurück und verwies auf seine laufende Berichterstattung. Klar ist: Viele in Österreich schienen das Ausmaß der Regenfälle unterschätzt zu haben.

Sonntagabend begannen die Niederschläge im Osten Österreichs offenbar zurückzugehen. In den frühen Morgenstunden sowie am gesamten Montag soll es aber weiter stark regnen, bevor ab Dienstag der Regen allmählich aufhören soll.

Unstrittig ist laut Fachleuten, dass der Klimawandel verstärkt zu derartigen Extremwetterereignissen führt. Offen ist hingegen, ob und inwiefern sich das Hochwasser auf die in zwei Wochen bevorstehende Nationalratswahl auswirkt. Die in den Umfragen führende Rechtsaußenpartei FPÖ spielt den Klimawandel herunter, doch auch die derzeit regierende ÖVP kriminalisierte Klimakleber, sprach sich für den Verbrenner und gegen „Tempo 100“ auf der Autobahn aus.

Einzig die Grünen priorisieren den Klimaschutz, konnten sich jedoch in der zu Ende gehenden Legislaturperiode oft nicht gegen ihren Regierungspartner durchsetzen. Bis heute gibt es etwa kein Klimaschutzgesetz, das eine Reduktion von Treibhausgasen in Österreich verbindlich vorschreibt. Umweltschützer kritisieren auch die seit Jahren unzureichenden Anstrengungen vor allem im Verkehrsbereich.

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