Regionalwahl in Tschechien: Trockenübung für 2025

Bei der Wahl am Wochenende könnte die populistische Bewegung von Ex-Premier Babiš zulegen. Sie gilt als Test für die Parlamentswahl im nächsten Jahr.

Männer hängen in einem Tunnel eine tschechische Flagge auf

Feuerwehrleute richten in Siroka Niva ein improvisiertes Wahllokal ein, 20. September 2024 Foto: Jarsolav Ozana/CTK

Berlin taz | Der frühere tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš könnte politisch wieder auferstehen: Bei den Regionalwahlen am Freitag und Samstag dieser Woche könnte seine populistische Bewegung ANO (dt. „Ja“) landesweit einen Sieg einfahren. Doch dieses Szenario, so es denn eintritt, ist die eine Sache. Eine andere ist, Koalitionspartner zu finden. Anders gesagt: Selbst wenn ANO die Wahlen gewinnt, bedeutet das noch lange nicht, dass die Bewegung auch die Gouverneursposten in den Regionen bekommt.

„ANO hat die Regionalwahlen 2020 dominiert. Dennoch wurden die Koalitionen weitgehend ohne Beteiligung der Bewegung gebildet. ANO gewann in 10 von 13 Regionen, erhielt aber nach Verhandlungen nur drei Gouverneursposten. Und genau darum geht es jetzt in diesem Spiel“, sagte Martin Buchtík, Direktor des STEM Analytical Institute, gegenüber der taz.

In Tschechien galten die Regionalwahlen lange Zeit als unwichtig – die Wahlbeteiligung ist selbst für tschechische Verhältnisse meist gering. 2020 lag sie bei knapp 38 Prozent. Aber die diesjährigen Wahlen sind in mancher Hinsicht etwas Besonderes.

„Für manche Parteien können sie eine Vorbereitung auf die Parlamentswahl im kommenden Jahr sein.“ Sie sind eine Art Trockenübung“, erläutert der Soziologe Buchtík.

Vorgeschmack auf 2025

Die Regionalwahlen finden ein Jahr vor den Parlamentswahlen statt und geben einen Vorgeschmack darauf, was dem Land in den kommenden zwölf Monaten bevor steht – sei es im Hinblick auf den Wahlkampf oder den möglichen Ausgang des Rennens um Sitze in der Abgeordnetenkammer

Umfragen zufolge würde ANO zulegen, wenn an diesem Wochenende Parlamentswahlen wären. „Die derzeit regierende Fünferkoalition ist sehr unpopulär. Nur 2013 war die Regierung noch unbeliebter“, betont Buchtík. Doch anders als das damals gescheiterte Kabinett von Petr Nečas verfügt die jetzige Regierungskoalition über eine komfortable Mehrheit im Unterhaus.

Im derzeitigen Kabinett von Premierminister Petr Fiala (seit Herbst 2021 im Amt) sind die SPOLU-Koalition, STAN und die Piratenpartei vertreten. Die Regierung stand von Anfang an vor mehreren Herausforderungen. Zuerst war es der Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, dann die Energiekrise, gefolgt von steigender Inflation und wirtschaftlicher Stagnation. Und nun muss sich das Kabinett mit den Folgen der jüngsten Überschwemmungen befassen.

„Die Regierung hat bei der Bewältigung dieser Probleme etwas glücklos agiert“, sagt Buchtík. Er weist darauf hin, dass die Stimmung in der Öffentlichkeit bereits seit der COVID-19-Pandemie – also bevor diese Regierung an die Macht kam – deutlich im Keller sei.

Geänderte Strategien

In der Tschechischen Republik unterstützt durchweg etwa ein Fünftel der Wähler systemfeindliche Parteien, sei es die Kommunistische Partei KSČM oder die rechtsextreme SPD. Dieser Wähleranteil dürfte auch bei den Regionalwahlen in etwa gleich bleiben.

Was sich ändert, sind die Strategien der Parteien, die diese Wählerschaft für sich gewinnen wollen. Aus diesem Grund bewegt sich die ANO-Bewegung immer weiter in Richtung Rechtspopulismus. So gründete sie Ende Juni neben der FPÖ Österreichs und der Fidesz Ungarns eine neue euroskeptische Fraktion „Patrioten für Europa“ im Europäischen Parlament.

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