Regierungskrise in Sri Lanka: Premier geht, Präsident bleibt

Nach wochenlangen Protesten gegen die Wirtschaftskrise tritt Sri Lankas Premier Mahinda Rajapaksa ab. Sein Bruder Gotabaya aber bleibt Staatschef.

Mahinda Rajapaksa sitzt im Profil auf einem Stuhl vor einem Mikrofon

Hat am Montag das Handtuch geworfen: Sri Lankas bisheriger Premier Mahinda Rajapaksa Foto: Dinuka Liyanawatte/reuters

MUMBAI taz | Nach wochenlangen Protesten ist der Premier des bankrotten Inselstaates Sri Lanka, Mahinda Rajapaksa, am Montag zurückgetreten. Seit 2019 hatten die buddhistisch-nationalistischen Hardliner Gotabaya Rajapaksa und sein Bruder Mahinda das Amt des Präsidenten beziehungsweise des Premierministers inne.

Die Menschen, die seit Wochen auf die Straße gehen, machen die Familie Rajapaksa für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich und forderten ihren Rücktritt. Zuletzt spitzten sich die Proteste immer weiter zu. Zum Wochenende wurde der Ausnahmezustand verhängt. Am Montag kam es dennoch zu Zusammenstößen zwischen regierungsnahen Gruppen und Demonstranten. Die Regierung setzte Soldaten ein.

Noch am selben Tag erklärte nun Premier Mahinda Rajapaksa, 76, seinen Rücktritt. Zuvor hatte die Lokalzeitung Daily Mirror berichtet, dass sein Sohn (der gleichzeitig Stabschef des Landes ist) und dessen Ehefrau das Land schon in den frühen Morgenstunden Richtung Singapur verlassen hätten.

„Einer weniger, Macht dem Volk“, kommentierte der sri-lankische Ex-Kricketspieler Kumar Sangakkara den Rücktritt. Zugleich verurteilte er auf Twitter die Gewalt, die von den Anhängern des Premiers verübt würde, die „friedliche Demonstranten angriffen“.

Korruption und wirtschaftliche Fehlentscheidungen

Präsident Gotabaya Rajapaksa, 72, ist weiter im Amt, während sich das Land in seiner wohl größten Wirtschaftskrise befindet. Täglich kommt es auf der Insel zu Stromausfällen, die Lebensmittelpreise sind in die Höhe geschossen. Angebahnt hatte sich die Krise in Sri Lanka seit Längerem: Nach islamistischen Anschlägen an Ostern 2019 auf Luxushotels und Kirchen erholte sich die für die Insel wichtige Tourismusbranche nur langsam. Dann folgte die Coronapandemie.

Zur selben Zeit verwarf der neu gewählte Gotabaya das Sparprogramm der Vorgängerregierung, weitere wirtschaftliche Fehlentscheidungen folgten, wie etwa das Importverbot für Düngemittel. Zu lange auch zögerte die Regierung in Colombo, auf den Internationalen Währungsfonds (IWF) zuzugehen.

Der Protest wuchs über alle Religionen hinweg, selbst unter der singhalesischen Mehrheitsbevölkerung, der die Regierung Sicherheit und Wohlstand versprochen hatte, aber nicht liefern konnte. Stattdessen rückten Korruptionsvorwürfe in den Vordergrund. An Colombos berühmter Strandpromenade Galle Face Green entstand ein Protestlager.

Als Reaktion auf den landesweiten Unmut waren bereits sämtliche Mi­nis­te­r:in­nen zurückgetreten. Doch Präsident Gotabaya Rajapaksa setzte schlicht neue ein.

Von den fünf Rajapaksa-Familienmitgliedern in hohen Ämtern waren zwei geblieben, nun ist es nur noch einer.

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