Regierungsberater fordern Klimalabel: Parmesan schlecht, Blumenkohl gut

Regierungsberater empfehlen, Nahrungsmittel nach ihrem Treibhausgas-Ausstoß zu kennzeichnen. Das stößt auf Kritik – auch von der Biobranche.

Viele Laibe Parmesan lagern in einem Regal, davor klopft ein Mann mit einem Hämmerchen auf einen Laib Parmesan

Die Herstellung von Parmesankäse verbraucht viel klimaschädliche Milch Foto: Granata Images/imago

BERLIN taz | Berater des Bundesagrarministeriums fordern ein Klimalabel für Lebensmittel. Auf der Packung sollte die Höhe des Treibhausgasausstoßes künftig anhand eines Farbcodes gekennzeichnet werden, schreibt der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz in seinem jüngsten Gutachten. Parmesan etwa könnte dann auf einer Farbskala dunkelrot und mit der Aufschrift „sehr hoch“ markiert werden, weil für diesen Hartkäse besonders viel klimaschädliche Milch nötig ist, wie Musterbeispiele des an dem Gutachten beteiligten Agrarmarketingprofessors Achim Spiller zeigen. Blumenkohl dagegen könnte dunkelgrün gekennzeichnet werden.

Die Ernährung verursacht den Wissenschaftlern zufolge etwa 25 Prozent der Klimagas­emissionen in Deutschland. Diese müssten gesenkt werden, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will. Besonders viel Treibhausgas wird für tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milchprodukte ausgestoßen.

Vor allem um den Konsum dieser Warengruppen zu senken, empfehlen die Wissenschaftler die „Einführung eines verpflichtenden Klimalabels für alle Lebensmittel“. „Es geht darum, dass Konsument*innen ihre Konsummuster verändern können, indem sie verschiedene Produktkategorien miteinander vergleichen“, erklären die Forscher. Studien zeigten, dass Verbraucher derzeit die Klimawirkung von Lebensmitteln unterschätzten.

Zunächst sollten die verschiedenen Nahrungsmittel „mit Durchschnittswerten aus den vorliegenden Datenbanken gekennzeichnet werden“. Später könnten Unternehmen dann die Mengen speziell für ihre Produkte ermitteln und auszeichnen. Klimafreundliche Firmen und Waren hätten dann einen Wettbewerbsvorteil.

Ökolebensmittel sind laut Gutachten nicht unbedingt klimafreundlicher als konventionelle

„Ein Klimalabel wird auch aus EU-rechtlichen Gründen zunächst nur auf freiwilliger Basis umsetzbar sein“, schreiben die Autoren. Möglich sei aber ein verpflichtendes Siegel auf EU-Ebene. Dieses solle die Bundesregierung im Bündnis mit anderen Mitgliedstaaten durchsetzen.

Die Regeln für das Klimalabel müsste dem Vorschlag zufolge der Bund festlegen. Doch Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) ließ am Montag der taz mitteilen: „Wir halten eine solche Verengung auf das allein durch die Herstellung emittierte CO2e (CO2 und äquivalente Treibhausgase) als Nachhaltigkeitskennzeichnung für nicht zielführend.“ Dann würde zum Beispiel die Grundwasserbelastung unter den Tisch fallen. Der Energieaufwand etwa für Äpfel könne „zwischen großen und kleinen Betrieben um den Faktor 2 bis 3 unterschiedlich sein.“ Bodensee-Obst beispielsweise könne wenig oder weit transportiert werden bis zum Kunden. „Die in Deutschland erzeugten Äpfel werden bis ins späte Frühjahr hinein gelagert und dabei gekühlt. Der CO2-Fußabdruck steigt damit von Monat zu Monat. Entsprechend müsste man eine Kennzeichnung dynamisch anpassen – das ist kaum leistbar.“ Das Ministerium prüfe deshalb nur, ob die Klimabilanz in eine umfassendere „Nachhaltigkeitskennzeichnung“ aufgenommen werden kann.

Kritik kommt auch vom Deutschen Bauernverband. „Wenn der Vorschlag für den Klimaschutz ernst gemeint ist, wäre eine Kennzeichnungspflicht für alle Produkte und Dienstleistungen zu diskutieren. Ein Flug nach Mallorca und zurück wirkt sich zum Beispiel stärker aus als eine fleischlose Ernährung für ein ganzes Jahr“, teilte die Organisation mit.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft erklärte, angesichts der Klimakrise „ist eine Politik gefragt, die mutig umbaut und nicht mit einer Flut von Labeln die Verantwortung auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzt“. Den Gutachtern zufolge „bietet der Ökolandbau aufgrund der niedrigen Erträge produktbezogen hinsichtlich der Klimawirkungen keine systematischen Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft“.

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