Regierungsberater fordern Geldwende: Das Kapital wird grün
Eine Öko-Finanzwende soll Deutschland zum führenden Standort für nachhaltige Investitionen machen. So fordern es Berater der Bundesregierung.
Der Bundesregierung komme dabei die wichtigste Rolle zu. „Sie muss einen kohärenten, zukunftsfähigen und nachhaltigen Politikrahmen setzen.“ Zudem sollten Bund und Länder weitere nachhaltige Anleiheemissionen auflegen. Zuletzt hatte Finanzminister Olaf Scholz 5 Milliarden Euro mit einer grünen Anleihe eingenommen, zum Zinssatz von 0 Prozent. Bei den staatliche Banken wie die KfW düfrfte das auf Zustimmung treffen.
Schwieriger dürfte es hingegen werden, die Finanzmarktakteure von einer solch „grünen“ Transformation der Wirtschaft zu überzeugen und dafür „zusätzliche Mittel und vorhandene Kapitalströme“ in nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken. Ein grüner Lagebericht sollte, wie bei Aktiengesellschaften üblich, auch für Mittelständler Teil des geprüften Jahresabschlusses werden. Das würde Vergleichbarkeit schaffen und so den Trend zur Nachhaltigkeit fördern, den Beiratsmitglied Michael Schmidt von der Fondsgesellschaft Lloyd bei der Kundschaft spürt.
Im europäischen Vergleich sieht Beiratsfrau Silke Stremlau (Hannoversche Versicherungsgruppe) Deutschland im Mittelfeld. Um die 5 Prozent ihres Ersparten hätten Bundesbürger in nachhaltige Geldanlagen investiert. Im gewerblichen Bereich sei es etwas mehr. Eine Verbraucherampel, die alle Finanzprodukte von eins bis fünf bewertet, könnte helfen.
Zustimmung bei Banken und NGOs
„Die Empfehlungen des Beirats sind konkret und praxistauglich“, lobt Finanzwissenschaftler Löffler. Der Bericht findet jedenfalls breite Zustimmung: Sie reicht vom Auftraggeber über die Deutsche Kreditwirtschaft, der Dachorganisation aller Banken und Sparkassen bis zu NGOs wie Nabu. Ullrich Hartmann, Nachhaltigkeitsexperte des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse-Coopers, lobt vor allem die Ausdehnung der Berichtspflichten auf eine Vielzahl von Firmen. Er weist allerdings auf die bislang fehlenden Daten zur Nachhaltigkeit in den meisten Unternehmen hin. „Hier steckt die größte Herausforderung.“
„Die Bundesregierung sollte mit der Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode beginnen“, fordert Germanwatch. Auch Beirats-Mitglied Gerhard Schick von der NGO Finanzwende lobt die Empfehlungen als „eine gute Grundlage für die weitere Arbeit“. Er will vor allem die per Gesetz gemeinwohlorientierten Sparkassen in die Pflicht nehmen. Dieses Gemeinwohl müsse der Gesetzgeber nun „konkretisieren“.
Kritik kommt von dem Kapitalmarktexperten Friedrich Thießen. Die Bundesregierung solle nicht den Umweg über die Finanzmärkte nehmen. Erst umweltschädigende Aktivitäten zu erlauben und dann Dritte aufzufordern, diejenigen, die das Erlaubte machen, zu drangsalieren, findet Professor Thießen keine gute Ordnungspolitik. „Es ist die Politik des viel Redens und wenig Tuns, um keinem wirklich wehzutun.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels