Regierung in Schleswig-Holstein: Ampelkiller Kubicki
Der FDP-Politiker hat die SPD ausgespielt. Deren Schwäche bedeutet wohl: In Kiel kommt keine „Ampel“-Koalition, sondern „Jamaika“.
Am Dienstag nun zog Albig die Konsequenz aus all den ungünstigen Umständen und legte sein Landtagsmandat nieder. Der bisherige Ministerpräsident erklärte, seine Arbeit als Mitglied einer Landesregierung werde „in jedem Fall mit der Neuwahl einer Ministerpräsidentin oder eines Ministerpräsidenten“ enden. Aber was heißt das nun für die weiteren Koalitionsverhandlungen? Dass eine Ampel wieder möglich ist? Auch nicht.
Geht es nämlich nach der FDP, spielt die neue Personallage bei der SPD überhaupt keine Rolle für die Liberalen. Während Dienstagmittag CDU und Grüne fleißig sondierten, ließ der Taktiker Kubicki verbreiten, dass seine Partei eine Ampel kategorisch ausschließen werde – Albig hin oder her. Und in der Tat: Als nach zweieinhalb Stunden Gesprächen im Hotel Kieler Kaufmann die Spitzenleute von Grünen und CDU vor die Presse traten, erklärten auch die Grünen die Ampeloption für erledigt. Punktsieg für Kubicki – auch wenn das niemand bei den Grünen zugeben mag.
Weniger Kubickis harte Linie als vielmehr die schwache SPD-Strategie führen die Grünen als Ampelkiller an. „Der SPD ist es nicht gelungen, eine Idee aufzuzeigen, wie es jetzt in Schleswig-Holstein weitergehen kann“, sagte Umweltminister Robert Habeck. Der Grund ist so simpel wie ernüchternd: Im hohen Norden fehlt es der SPD schlicht an spitzenfähigem Personal. Außer Albig hätte nur noch Ralf Stegner das Format zum Ministerpräsidenten gehabt. Doch dessen Popularitätswerte sind kaum messbar, selbst intern kreidet man ihm taktische Fehler im Wahlkampf an.
Große Koalition ist nicht beliebt
Der Kreisverband Nordfriesland teilte offiziell mit, man wünsche einen kompletten personellen Neustart – ohne Ralf Stegner. Dass der abtritt, gilt als ausgeschlossen, eine Ampelkoalition aber ebenso. Stegner hatte eine Woche Zeit, potenzielle SpitzenkandidatInnen zu suchen; fündig geworden ist er bis Dienstag jedoch nicht. Somit verbleiben zwei Möglichkeiten in Schleswig-Holstein: Eine sogenannte „Jamaika-Koalition“, ein Bündnis aus CDU, Grünen und FDP – oder eine Große Koalition aus CDU und SPD.
Für eine Koalition zwischen CDU, Grünen und FDP spricht vor allem, dass eine Große Koalition gerade nicht angesagt ist. „Wir bevorzugen Jamaika. Das war schon vor der Wahl so“, sagte CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther. Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold meinte: „Ich bin ein Mensch, der offen dafür ist, in schwierigen Zeiten Lösungen zu finden.“
Einen ersten Schritt haben die Grünen bereits am Montag zurückgelegt. „Konstruktive Gespräche“ habe man mit der FDP geführt. Zu diesem Zeitpunkt war die Ampel noch im Rennen und sowohl Grüne als auch FDP, die bei der Wahl knapp weniger Stimmen als die Grünen erhalten hatte, hatten noch alle Trümpfe in der Hand. Weil Kubicki die SPD nun rausgeschossen hat, kann die CDU selbstbewusster in die weiteren Gespräche gehen. Sie wird auf jeden Fall regieren und den Ministerpräsidenten stellen. Kubicki sei Dank.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge