Regeln für V-Leute der Polizei: Längst überfällig
Der Einsatz von Spitzeln der Polizei soll endlich gesetzlich geregelt werden. Justizminister Buschmann bekommt für sein Projekt allerdings viel Gegenwind.
E s ist eines der größten Rätsel des Rechtsstaates, warum der Einsatz von Spitzeln (sogenannten V-Leuten) bei der Strafverfolgung bisher nicht gesetzlich geregelt ist. Sogar die V-Leute des Verfassungsschutzes sind seit 2014 bereits gesetzlich geregelt. Deshalb ist es mehr als überfällig, dass die Bundesregierung nun auch einen Gesetzentwurf für die V-Leute der Polizei beschlossen hat.
Eigentlich sind Grundrechtseingriffe nur auf gesetzlicher Grundlage möglich. Doch die Rechtsprechung ließ bisher eine allgemeine Ermittlungsbefugnis gelten. Dabei ist es doch ein massiver Eingriff des Staates, wenn er Kriminelle beauftragt, Informationen von und über Verdächtige zu beschaffen.
Die V-Leute erschleichen sich das Vertrauen der Zielpersonen und missbrauchen es. Sie arbeiten in der Regel gegen Geld und manchmal übertreiben sie in ihren Informationen auch, um mehr zu verdienen. V-Leute sind oft effizient, deshalb will die Polizei nicht auf sie verzichten. Aber sie sind eben auch ein gefährliches, schwer zu kontrollierendes Instrument.
Umso erstaunlicher ist es, dass ausgerechnet der Deutsche Richterbund Front gegen den Gesetzentwurf macht, weil er das Enttarnungsrisiko für V-Leute erhöhe. Der Richterbund hat unzählige Bedenken, die man eher bei der Polizei vermuten würde.
Grund dafür ist wohl, dass der Richterbund auch die Staatsanwält:innen vertritt, die ja bei der Strafverfolgung eng mit der Polizei zusammenarbeiten. Außerdem lehnt der Richterbund schon immer auffällig häufig Reformen ab – vor allem dann, wenn sie mit Veränderungen im Arbeitsablauf verbunden sind.
Dass Bundesjustizminister Marco Buschmann die Reform dennoch forciert, hat zwei Gründe: Zum einen denkt er manchmal eben rechtsstaatlicher als der Richterbund. Zum anderen fordern die Anwälte schon seit Jahrzehnten eine bessere Kontrollierbarkeit der V-Leute.
Dass der FDP-Minister hierfür sogar den Vorwurf auf sich nimmt, er schaffe neue Bürokratie, sollte man ihm hoch anrechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten