Reformstaatsvertrag in Kraft: Ein neuer Rahmen für den ÖRR
Seit Montag gilt der Reformstaatsvertrag für die öffentlich-rechtlichen Sender. Auch der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wurde novelliert.
epd/taz | Zum 1. Dezember sind der Reformstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie der novellierte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Kraft getreten. Zuvor mussten alle Landesparlamente der Bundesländer zustimmen. Wie die federführende Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz am Montag mitteilte, liegen die Ratifikationsurkunden aus allen 16 Ländern vor.
„Dass alle 16 Länderparlamente den Reformen zugestimmt haben, ist ein starkes Signal für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber auch die privaten Medien und somit das duale System insgesamt“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) als Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder.
Mit dem Reformstaatsvertrag wollen die Bundesländer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) schlanker und moderner aufstellen. Nach dem Regelwerk wird unter anderem die Zahl der TV-Spartenkanäle und der ARD-Radiosender reduziert, zudem gibt es erstmals die von Privatsendern seit Langem geforderte Deckelung des Budgets für Sportrechte.
Unter anderem sind Kürzungen bei den Radioprogrammen vorgesehen. Dafür haben die Intendant:innen der ARD bereits im Juni eine Radiostrategie beschlossen. Bis 2027 soll von den bestehenden 70 auf 53 abgebaut werden. Es sollen vor allem Radiowellen wegfallen, die über DAB+ verbreitet werden. Aber auch über die Zusammenlegung von Sendern wird noch diskutiert.
Kika ab 2033 nur digital
Vor Eintritt des Reformstaatsvertrags am Montag gab es Aufregung und Gerüchte darüber, dass der Kinderkanal Kika demnächst eingestellt werden würde. Dazu schreibt unter anderem der BR, dass dies nicht stimme. Vielmehr solle Kika neue Verbreitungswege bekommen und bis 2033 nur noch digital verfügbar sein. In dieser langen Übergangszeit wird Kika auch noch im linearen Fernsehen zu sehen sein.
Der Sender begründete das auf Anfrage von BR24 mit dem veränderten Nutzungsverhalten. Schon heute zeige sich, dass Kika digital genutzt werde, vor allem von jungen Zielgruppen. Die Kika-App etwa sei inzwischen 4,3 Millionen Mal heruntergeladen worden, das seien 13 Prozentpunkte mehr im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig berufen sich etwa Kritiker:innen der Einkürzungen auf eine vom Sender in Auftrag gegebene Befragung von 2023. Demnach werden die digitalen Angebote zwar beliebter, aber nur 0,3 Prozent der Kinder schauen ausschließlich online.
Welche Sender nun genau von Kürzungen oder Zusammenlegungen betroffen sein werden und bis wann, das wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wenn sich die Sender mit den nun in Kraft getretenen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt haben.
Das wird wiederum auch von außen, also von senderexternen Stellen überprüft. Dafür legte der Reformstaatsvertrag fest, dass es einen neuen Medienrat geben wird, der die Auftragserfüllung im Ganzen überprüfen wird.
Presseähnlichkeit
Die Reform verschärft zudem das Verbot der sogenannten Presseähnlichkeit. Das verbietet öffentlich-rechtlichen Internetangeboten etwa, privaten Print- und Onlineportalen zu sehr zu ähneln. In der Folge startete die ARD am Montag eine neue Version der „Tagesschau“-App, die unter dem Motto „Sendung first“ deutlich stärker auf audiovisuelle Elemente setzt.
Mit dem novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sollen insbesondere technische Schutzmöglichkeiten gestärkt werden: Für Eltern soll es etwa einfacher werden, einen Jugendschutzmodus bei solchen Geräten zu aktivieren, die bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind.
Zudem erhält die Medienaufsicht mehr Befugnisse. Künftig können auch Internetangebote, die „mit bereits zur Sperrung angeordneten Angeboten ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind“, gesperrt werden. Vor allem Porno-Anbieter waren in der Vergangenheit auf sogenannte Mirror Domains ausgewichen, um Sperrverfügungen für bestimmte Internetadressen zu umgehen.
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