Reform der Ersatzfreiheitsstrafe: Faeser gibt nach
Die Reform der Ersatzfreiheitsstrafe kommt voran, auch die Innenministerin versperrt sich nicht länger. An diesem Mittwoch wird sie im Kabinett verhandelt.
Künftig soll der Umrechnungsschlüssel von nicht bezahlten Geldstrafen in Hafttage halbiert werden. Während bisher ein Tagessatz einer nicht bezahlten Geldstrafe zu einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe führt, soll dies künftig nur noch ein halber Tag sein. Schließlich sei der Freiheitsentzug eine deutlich schwerere Sanktion als eine Geldstrafe.
Die große Mehrheit der Bundesländer befürwortet die Reform. Nicht zuletzt, weil sie zu Einsparungen im Strafvollzug führen wird. Auch sozialpolitisch gab es harte Kritik an der Ersatzfreiheitsstrafe, die vor allem Menschen in einer Notlage treffe, die aber eigentlich nicht ins Gefängnis gehören.
Faeser blockierte überraschend
Schon im Juli hatte Buschmann seinen Referentenentwurf vorgestellt. Doch überraschend blockierte dann Innenministerin Faeser monatelang den Fortgang des Verfahrens. Sie befürchtete unter anderem, dass auch Männer, die wegen Gewalt in der Partnerschaft bestraft wurden, von der Reform profitieren könnten.
Das Justizministerium hielt die Einwände jedoch für wenig überzeugend. Wer seine Frau schlage, werde in der Regel nicht zu Geldstrafen verurteilt, sondern gleich zu einer Freiheitsstrafe. Außerdem hätten über 90 Prozent der Personen in Ersatzfreiheitsstrafe nicht einmal eine Beziehung. Typischerweise komme die Ersatzfreiheitsstrafe bei Schwarzfahren, Diebstählen und Betrügereien zum Einsatz.
Viele Beobachter:innen gingen davon aus, dass Faeser ihre Einwände auch nutzte, um Druck auf Buschmann aufzubauen. Faeser und Buschmann liegen im Clinch, weil der Justizminister den Wunsch der Innenministerin blockiert, eine Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen einzuführen, nachdem der Europäische Gerichtshof im September entschied, dass eine allgemeine Vorratsdatenspeicherung gegen EU-Grundrechte verstößt.
Vorige Woche hat Faeser sich dann überraschend doch mit Buschmann geeinigt. Als Gegenleistung erreichte Faeser, dass die ohnehin geplante Evaluation der Reform vorgezogen wird. Sie soll nun schon nach drei Jahren statt nach fünf Jahren stattfinden. Außerdem soll dabei auch ausdrücklich untersucht werden, ob der halbierte Umrechnungsschlüssel die Zahlungsbereitschaft bei Geldstrafen reduziert. Der Deutsche Richterbund hatte entsprechende Sorgen geäußert.
Eine weitere Änderung am Gesetzentwurf haben die Bundesländer erreicht. Künftig soll die Übermittlung der Daten von Personen, die ihre Geldstrafe nicht bezahlt haben, an freie Sozialträger erleichtert werden. Ziel ist, dass die Träger den Betroffenen helfen, damit diese ihre Geldstrafen doch noch bezahlen können.
Der Gesetzentwurf muss in der Folge vom Bundestag beraten und beschlossen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?