Rechtsruck in Rumänien: Kampf mit dem Wahlchaos
Der rechtsradikale Kandidat Georgescu kritisiert die Annulierung der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. Die Polizei will Wahlbetrug aufklären
In die Stichwahl kamen Georgescu, für den rund 23 Prozent gestimmt hatten, und die Kandidatin der neoliberalen Technokratenpartei Union Rettet Rumänien (USR), Elena Lasconi, die rund 19 Prozent der Stimmen erhalten hatte. In einem Interview mit dem Fernsehsender Realitatea erklärte Georgescu am Samstag, er werde sich trotz der Wahlannullierung in seinem Wahllokal einfinden und auf diese Weise gegen das Urteil des Verfassungsgerichts protestieren.
Das Urteil wurde allerdings auch von Lasconi kritisiert, die es als „unmoralisch“ und „demokratiezerstörend“ bezeichnet hatte. In mehreren öffentlichen Erklärungen stufte sie den Gerichtsbeschluss als einen Verstoß gegen demokratische Prinzipien und Gepflogenheiten ein. Der amtierende Staatspräsident Klaus Johannis erklärte, er werde so lange im Amt bleiben, bis ein neuer Staatschef gewählt und vereidigt wird. Wie lange das dauert, ist ungewiss.
Sein Mandat müsste am 21. Dezember enden. Dann sollte auch das am 1. Dezember neu gewählte Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Eine Annullierung der Parlamentswahlen forderte nun in einem Eilantrag die Minipartei Recht und Respekt in Europa (Drept). Er wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof (ÎCCJ) als unbegründet abgelehnt. Die Partei hatte an den Parlamentswahlen teilgenommen, überwand jedoch nicht die Fünfprozenthürde.
Zukunft unklar
Angesichts der konfusen Lage und der offensichtlichen politischen Krise, in der Rumänien steckt, weiß niemand, wann eine neue Regierung zustande kommt und welche Parteien sich zu einer Koalition zusammenschließen, um im Parlament über eine stabile Mehrheit zu verfügen.
Annäherungsversuche gibt es zurzeit zwischen den Sozialdemokraten des noch amtierenden Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu, den National-Liberalen (PNL), den Vertretern des Demokratischen Verbandes der Rumänienungarn (UDMR) und der Neoliberalen Technokratenpartei (USR). Eine aus vier Parteien bestehende Regierung würde auch von den 19 Abgeordneten der nationalen Minderheiten unterstützt werden. Die rechtsradikalen Parteien verfügen im neugewählten Parlament über rund 32 Prozent der Mandate. Diese hatten ihre Wähler aufgefordert, Georgescu in der Stichwahl zu unterstützen.
Eine zukünftige Regierung muss die Wiederholung der Präsidentschaftswahlen neu organisieren. Ob Georgescu dann wieder antreten darf, ist kaum anzunehmen. Ihm werden unlautere Wahlkampfmethoden im digitalen Bereich vorgeworfen. Er bestreitet jegliche Vorwürfe und behauptet zudem, weder aus dem Ausland noch aus dem Inland irgendwelche finanziellen Mittel erhalten zu haben.
Inzwischen haben die rumänischen Behörden den Jungunternehmer Bogdan Peşchir als einen der Unterstützer Georgescus identifiziert. Peşchir soll 381.000 Dollar an TikTok-Influencer überwiesen haben, um für Georgescu zu werben. Hausdurchsuchungen fanden in den letzten Tagen sowohl bei ihm statt als auch bei einigen bekannten Rechtsextremisten, die seit der Revolution von 1989 ihre Propaganda unbehelligt verbreiten konnten.
Orden für Rechtsradikalen
Selbst Präsident Klaus Johannis zeichnete kurz nach seiner Amtsübernahme 2014 den für seine rechtsradikalen Äußerungen umstrittenen Octavian Bjoza mit dem höchsten Staatsorden aus. Der Chef des Verbandes ehemaliger politischer Häftlinge ist wiederholt mit Vertretern der Neuen Rechten aufgetreten, ebenso mit den Rechtsextremisten aus der Stiftung „Ion Gavrilă Ogoranu“.
Gegen den stellvertretenden Vorsitzenden dieser Stiftung, Florin Dobrescu, wurde ein Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremer Propaganda eingeleitet. Auch gegen andere rechtsextremistische Agitatoren wird jetzt plötzlich ermittelt.
Mitte November postete die USR-Kandidatin Bilder bei Facebook, auf denen sie händeschüttelnd mit Bjoza zu sehen ist. Diese entgegenkommende Haltung gegenüber erklärten Rechtsextremisten ermöglichten den ungebremsten Aufstieg Georgescus sowie europaskeptischer, nationalistisch-autoritärer rumänischer Parteien, die weite Teile der politischen Landschaft besetzt haben.
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