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Rechtspopulisten in EuropaHier kommt die Antwort

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Griechenlands linke Syriza formuliert eine Alternative zur brutalen Sparlogik. Ihr Erfolg könnte die EU verändern. Doch dafür braucht es Unterstützung.

Protest gegen die Sparpolitik in Athen Ende März. Bild: imago/Wassili Aswestopoulos

E ntsetzt sind viele über die Erfolge, die rechten Parteien für die Europawahl vorausgesagt werden. Erfolge, die erst möglich wurden, seit die autoritär durchgesetzte Sparlogik für die Krisenländer greift. Warum dort noch viel auf Europa geben, wenn man als bescheidener Bürger dafür sozial bluten muss? Warum als Steuerzahler im Norden für Bankenrettungen bürgen, ohne dass ein tragfähiger Plan für den Aufschwung existiert? Dort, wo die Bindekraft der europäischen Erzählung von sozialer Sicherheit und Demokratie nachlässt, gedeihen nationaler Chauvinismus und rechtes Gedankengut.

Die Lehre daraus? Vergesst die Rechte, schaut auf die Linke! Schaut auf Griechenland! Dort könnte die Austeritätspolitik an ihre Grenzen stoßen. Die Linkspartei Syriza und die gut organisierten sozialen Bewegungen im Widerstand haben gemeinsam die Kräfteverhältnisse in Griechenland weit nach links verschoben. Dahinter stecken jahrelange Kämpfe, eine klare Strategie und eine überzeugende Reformperspektive. Mit der müsste Syriza bei allen Gegnern der Austeritätspolitik und des Demokratieabbaus in Europa – auch in Teilen der Sozialdemokratie und bei den Gewerkschaften – eigentlich offene Türen einrennen.

Anders als es das substanzlose Geschwätz behauptet, ist in Griechenland kein Wendepunkt in der Krise erreicht. Die Wirtschaft ist 2013 erneut um über 4 Prozentpunkte geschrumpft, die Arbeitslosigkeit unverändert bei rund 28 Prozent. Die Krise frisst sich immer weiter in die Mittelschicht. Die ist seit Anfang 2014 auch damit konfrontiert, dass das Moratorium für Zwangsräumungen des ersten Wohnsitzes aufgehoben wurde.

Laut Umfragen kann Syriza bei den Europa- und Kommunalwahlen im Mai stärkste Kraft werden. Die Partei, die schon bei den letzten Parlamentswahlen 2012 mit 27 Prozent nur knapp den Sieg verfehlte, hat wegen der sozialen Katastrophe für weite Teile der Mittelschicht den Schrecken verloren.

Offene Konfrontation mit der Troika

Doch auch nach einem Wahlsieg ist noch nicht gewiss, ob sich auch Parlamentsneuwahlen erzwingen ließen – oder wie diese ausgingen. Doch die Regierung wackelt: die konservative Nea Dimokratia und die einst mächtige sozialdemokratische Pasok, die laut Umfragen auf rund 6 Prozent der Stimmen geschrumpft ist, haben im Parlament nur noch einen hauchdünnen Vorsprung. Bei einer Wahlniederlage im Mai wäre die Regierung nicht mehr zu halten, fürchtet selbst das konservative Lager.

Der politische Erfolg der Syriza und ihres Vorsitzenden Alexis Tsipras kann der europäischen Linken den Weg weisen. Bild: dpa

Eine linke Regierung in Griechenland ist also längst nicht sicher. Doch käme sie, könnte sie eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Europa einläuten. In Griechenland nährt diese Aussicht keine naiven, linken Schwärmereien. Aber eines steht fest: Sollte Syriza an die Regierung kommen, wird sich die Partei mit Unterstützung eines Teils der Bevölkerung in eine offene Konfrontation zur Troika und zu der verheerenden Sparpolitik stellen. Darauf gilt es sich strategisch vorzubereiten.

Es erfordert, Bündnisse mit der Linken in Griechenland zu knüpfen – und das Geschwätz von Syriza als „populistisch“ oder „extrem“ zurückzuweisen. Das, was aus Griechenland vorgeschlagen wird, ist eine wirtschaftlich tragfähige Reformperspektive für Europa, eine Politik für sozialen und ökologischen Wandel in dem südeuropäischen Land. Er basiert unter anderem auf einer Neuverhandlung der Schulden in einem paneuropäischen Dialog, auf konkreten Schritten zur Ankurbelung der Wirtschaft durch Investitionen sowie auf einer gerechten Steuerpolitik. Syriza steht dabei klar zum Euro. Und will, anders als die Regierung, ernsthaft den Staatsapparat demokratisieren und Klientelismus und Korruption bekämpfen.

Aus Griechenland kommt ein Vorschlag, wie der neoliberale und autoritäre Konsens in ganz Europa geknackt werden könnte. So ein Bruch funktioniert nicht in einem Land allein und er fällt nicht vom Himmel. Er muss organisiert werden, er muss von Deutschland aus offensiv unterstützt werden.

Sollte es dazu kommen, dass eine linke Mehrheit in Griechenland die Regierung stellt, öffnet sich für Europa ein window of opportunity. Der Ausgang ist offen. Doch das Fenster nicht zu nutzen oder es nicht einmal zu versuchen, wäre eine vorweggenommene Niederlage ohne Not.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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9 Kommentare

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  • Warum ist linke Politik oft nur so mittelmässig bis miserabel? Wegen PhrasendrescherInnen wie diesen:

    "Dort, wo die Bindekraft der europäischen Erzählung von sozialer Sicherheit und Demokratie nachlässt, gedeihen nationaler Chauvinismus und rechtes Gedankengut."

    OK, dann mal los. Was für einen guten Vorschlag haben denn die griechischen Linken zu bieten?

    "Er basiert unter anderem auf einer Neuverhandlung der Schulden in einem paneuropäischen Dialog, auf konkreten Schritten zur Ankurbelung der Wirtschaft durch Investitionen sowie auf einer gerechten Steuerpolitik."

    Ehm, ich hätte gerne gewusst, wie das genau aussieht. Fehlanzeige!

    "...ein Vorschlag, wie der neoliberale und autoritäre Konsens in ganz Europa geknackt werden könnte." Ach so, "neoliberaler und autoritärer Konsens"... was soll das denn bitte sein?

    Na, mal schauen was uns das Window der Opportunity bringt.

    Ich vermute, hier schreibt jemand eine Message an seine KumpelInen, die sich seit Jahren jeden abend dasselbe Zeugs erzählen und deshalb keine Erklärungen mehr brauchen. Die Masse der Leser wird dabei für blöd gehalten, wenn sie sich nicht auskennt! Nur weiter so, mit Vollgas gegen die Wand!

    • @bouleazero:

      Gönn dir den Wikipedia-Artikel über die Partei, da sind einige Ziele aufgelistet.

  • ... sehr gute Aussichten. Griechenland könnte sehr rasch wieder seine Souveränität und alle Freiheiten zurückbekommen. Griechenland bräuchte nur den EURO verlassen und mit eigener Zentralbank die benötigten Neo-Drachmen in beliebiger Menge drucken und könnte dann ohne jedes "Diktat" seitens der Troika alle "Windows" nach eigenem Belieben öffnen (sprich Ausgaben veranlassen).

  • Leute, woran beißt Ihr Euch denn fest? Natürlich ist es richtig von Syriza, die unerträgliche Austeritätspolitik in Frage zu stellen. Dass DIE LINKE Syriza darin unterstützt ist gut, aber m.E. auch selbstverständlich. Aber auch SPD und Grüne wären gut beraten, Syriza darin zu unterstützen. So lange dies nicht geschieht, ist es der eigentliche Skandal Alles andere halte ich für Nebenkriegsschauplätze, die vom Hauptproblem ablehnen: Die Frage ist, ob europaweit die Reichen oder die Armen für die Krise, die die Reichen mit Spekulation und die Politik damit, das sie zuließ, dass diese immer reicher werden, verursacht haben. Thomas Piketty lesen könnte helfen.

  • D
    D.J.

    Naja, ein gutes Händchen bei der Kandidatenauswahl haben die Leute ja nicht immer:

     

    http://www.ajc.org/site/apps/nlnet/content3.aspx?c=7oJILSPwFfJSG&b=8478375&notoc=1&ct=13642095

     

    Nicht dass mich Antisemitismus bei Teilen sehr linker Parteien wundern würde (nein, es geht hier nicht um Israel), wohl aber ein lässiges drüber hinwegsehen mancher. Fairerweise muss aber gesagt werden, dass die Kandidatur zurückgezogen wurde.

  • Ein Artikel, der Perspektiven aufzeigt, den viele Spitzen-Grüne und SPD-Spitzen "vergessen" haben.

    Merci.

     

    Wer wie Irma Kreiten die Kiever um Timoschenko, Swoboda und Rechten Sektor verteidigt, schützt, schönredet oder verheimlicht, dessen Putin-Kritik in Richtung SYRIZA wirkt mehr als nur schräg.

    • @AhaEffekt:

      Da möchte ich aber doch mal von Ihnen Belege/Zitate haben. Ansonsten ist das eine persönliche Diffamierung, die hier und auch anderwso nichts zu suchen hat und von der Redaktion gelöscht werden sollte. Abgesehen davon, daß Sie offenbar nur einseitig wahrnehmen: ich schrieb ganz bewußt von Syriza UND Chrysi Avgi, denn Rußland fährt bekanntlich eine Querfront-Strategie.

  • Ist aber nett, daß der Artikel unter "Rechtspopulisten in Europa" läuft, das trifft das Phänomen wahrscheinlich auch ganz gut.

  • Und was bitte ist vom aktuellen Anbandeln von Syriza mit Putin zu halten? Zumal Chrysi Avgi da ja ganz ähnliche Wege beschreitet? Zu den aktuellen Gesprächen von Tsipras mit putintreuen russischen Politikern siehe: http://www.enetenglish.gr/?i=news.en.politics&id=1913 . Was soll man sich darunter vorstellen, wenn die angeblich ach so hoffnungsbereitende neue Linkspartei hier in die Fußstapfen der Genossen vom rechten Rand tritt? Zumindest aus der Perspektive der duginschen Eurasienbewegung scheint Syriza ein möglicher Kooperationspartner zu sein: http://openrevolt.info/2013/05/19/alexander-dugin-on-white-nationalism-and-other-potential-allies-in-the-global-revolution/