Rechtsextremistische „Gruppe Freital“: Verantwortlich für fünf Anschläge
Die Mitglieder der „Gruppe Freital“ nahmen nach Überzeugung der Ermittler auch Tote in Kauf. Die Anklage enthält neue Details.
Schon damals wurde der Gruppe angelastet, mit Feuerwerkskörpern im sächsischen Freital zweimal ein Flüchtlingsheim und im nahe gelegenen Dresden ein alternatives Wohnprojekt angegriffen zu haben. Nun werden der Gruppe auch zwei Attacken auf die Partei Die Linke in Freital zugerechnet. Die Taten ereigneten sich den Angaben zufolge zwischen Juli und November 2015. Alle Beschuldigten sind in Untersuchungshaft. Die Ermittler nehmen aber an, dass es „weitere Gleichgesinnte“ gab.
Über die Anklage hatten Süddeutsche Zeitung, NDR und MDR bereits vergangene Woche berichtet. Den acht mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe wird die Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung vorgeworfen. Daneben geht es unter anderem um versuchten Mord oder Beihilfe dazu und versuchte gefährliche Körperverletzung. Zwei der Männer, Timo S. und Patrick F., sollen die Anführer gewesen sein.
Die Ermittler sind überzeugt, dass die Anschläge „ein Klima der Angst und Repression“ erzeugen sollten. Ihre Attacken verübten die mutmaßlichen Rechtsterroristen vor allem mit in Deutschland nicht zugelassenen Feuerwerkskörpern aus Tschechien. Die Gruppe habe sich auch mit dem Bau von Rohrbomben beschäftigt, heißt es weiter.
Verhandlung in einer zukünftigen Flüchtlingsunterkunft
Bei den beiden Angriffen auf Flüchtlinge hatten die Täter jeweils von außen Sprengkörper an Fensterscheiben angebracht und gezündet. Einen Bewohner verletzten die Splitter im Gesicht und am Auge. Bei diesem zweiten Anschlag kam es laut Bundesanwaltschaft nur deshalb nicht „zu schwereren oder gar tödlichen Verletzungen“, weil sich drei andere Bewohner rechtzeitig in den Flur retten konnten.
Außerdem soll die Gruppe dem Vorsitzenden der Linksfraktion im Freitaler Stadtrat Sprengkörper ins parkende Auto geworfen haben. Auch das Parteibüro der Linken in Freital wurde mit Feuerwerkskörpern attackiert. Bei einem ähnlichen Angriff auf das Dresdner Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ wurde einer der Bewohner verletzt.
Der „Gruppe Freital“ soll in Dresden der Prozess gemacht werden. Das Oberlandesgericht teilte mit, der Staatsschutzsenat habe den Beschuldigten Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Danach werde über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden.
Schon jetzt ist klar, dass die Sitzungssäle des Gerichts für die vielen erwarteten Prozessbeobachter und Journalisten nicht ausreichen. Verhandelt werden soll deshalb im Speisesaal einer noch nicht bezogenen Flüchtlingsunterkunft in Dresden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin