Rechtsextremer Trauermarsch in Köthen: Strafverfahren wegen Volksverhetzung
Bei dem Trauermarsch sind bis zu 500 Rechtsextreme aufmarschiert. Die Polizei sagt, sie habe genau zugehört, wollte aber nicht einschreiten.
Wegen Angriffen auf Medienvertreter ermittelt die Polizei in zwei Fällen. Bergmann rief betroffene Journalisten dazu auf, sich weiterhin an die Polizei zu wenden.
Am Sonntagabend waren nach Angaben des Innenministerium bis zu 2.500 Menschen in Köthen zu einem Trauermarsch zusammengekommen. Unter den Demonstranten seien 400 bis 500 Rechtsextreme gewesen, die zum Teil auch aus anderen Bundesländer angereist seien, sagte Stahlknecht vor den Journalisten. „Ein erheblicher Teil der Demonstranten kam auch aus Köthen und hat aus eigener Betroffenheit teilgenommen“, ergänzte er.
Der Innenminister warnte davor jeden Teilnehmer unter den Generalverdacht des Rechtsextremismus zu stellen. „Das führt dazu, dass wir Teile der Bevölkerung abkoppeln.
Der Trauermarsch war als Reaktion auf den Tod eines jungen Mannes nach Angaben der Polizei von einer Privatperson angemeldet worden. Dieser war in der Nacht zuvor nach einem Streit mit zwei afghanischen Jugendlichen, an akutem Herzversagen gestorben.
Rechte Hetze am offenen Mikro
Am Ort der Auseinandersetzung, einem Spielplatz, hatten die Polizei dem Veranstalter ein offenes Mikrofon genehmigt, welches vor allem von der rechten Szene belegt worden sei, wie das Innenministerium bestätigte. So sprach der Gründer der rechtsextremen Thügida-Bewegung David Köckert von einem „Rassenkrieg gegen das deutsche Volk“ und forderte die Umstehenden auf: „Wollt ihr weiterhin die Schafe bleiben, die blöken, oder wollt ihr zu Wölfen werden und sie zerfetzen?“
Auf die Frage, warum die Polizei nicht eingeschritten sei, verwies Bergmann darauf, dass man sich zwischen Strafverfolgung und Beweissicherung bewege. Die Polizei habe die Textbeiträge sehr genau angehört und habe in bestimmten Sequenzen Strafverfahren eingeleitet. Außerdem müsse man überlegen, ob eine Versammlung mit über 2.000 Teilnehmern überhaupt aufgelöst werden könne. „Dabei werden auch viele Menschen geschädigt, die überhaupt nicht betroffen sind“, sagte Bergmann.
Stahlknecht erklärte, man habe die Äußerungen sehr wohl wahrgenommen, aber der Polizei sei es darum gegangen, die Gesamtlage zu beherrschen. Das habe die Polizei professionell gemacht. „Wir können nie verhindern, dass Rechte sich unter Demonstrationen mischen, wenn Bürger demonstrieren.“
Nach Angaben des Innenministeriums war die Polizei mit einem Aufgebot im „hohen dreistelligen Bereich“ vor Ort. Stahlknecht selbst hatte am Sonntagvormittag mit Innenminister Horst Seehofer (CSU) telefoniert und Verstärkung der Bundespolizei sowie aus anderen Bundesländern angefordert.
Bei der für den heutigen Montag angemeldeten rechten Demonstration in Halle werde die Polizei mit einem ähnlichen Aufgebot vor Ort sein, so Stahlknecht. In Halle selbst rechnet die Polizeidirektion bisher nicht mit tausenden Teilnehmern, wie eine Sprecherin auf Anfrage der taz mitteilte. Üblicherweise kämen zu der seit einem Jahr stattfindenden Montagsdemo um die 50 Personen. Heute sei vielleicht mit etwas mehr Zulauf zu rechnen, aber man habe bisher keine größere Mobilisierung weder von rechts noch von links wahrgenommen.
Tod nicht durch Schläge oder Schritte
Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) äußerte sich bei der Pressekonferenz auch zum Tod des 22-jährigen Kötheners Markus B.: Dieser sei mit hoher Wahrscheinlichkeit an akutem Herzversagen gestorben. Das gehe aus dem telefonisch übermittelten vorläufigen Obduktionsbericht hervor. „Tödliche Verletzungen durch Schläge oder Tritte konnten nicht festgestellt werden.“ Damit widerspricht Keding der These, B. sei am Boden liegend gegen den Kopf getreten worden und infolge dessen gestorben. Es heißt jedoch nicht, dass bei der Obduktion gar keine Tritt- oder Schlagverletzungen festgestellt wurden.
Nach den bisherigen Ermittlungen kam es am Samstag gegen 22 Uhr zu einem Streit zwischen mindestens zwei Deutschen und mindestens zwei Afghanen. Den genauen Ablauf des Geschehens ließen die Behörden weiter offen. Die Tat sei noch keine 48 Stunden her und man sei mitten in den Ermittlungen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt aus Dessau-Roßlau, Horst Nopens. „Wir können nur wiedergeben, was wir sicher wissen.“
Die beiden festgenommenen 18 und 20 Jahre alten Afghanen sitzen wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge in Untersuchungshaft.
Der 18-Jährige besitzt eine Aufenthaltserlaubnis, der 20-Jährige lebt nur geduldet in Deutschland und sollte eigentlich abgeschoben werden. Der Landkreis hatte bereits im April seine Abschiebung beantragt, doch die Staatsanwaltschaft versagte die Genehmigung, weil damals noch wegen mehrerer Verfahren, unter anderem gefährlicher Körperverletzung, gegen ihn ermittelt wurde.
Als die Verfahren abgeschlossen, beziehungsweise eingestellt waren, beantragte der Landkreis im August erneut den Mann abzuschieben. Am Donnerstag willigte die Staatsanwaltschaft ein. Das sei nun jedoch wegen der aktuellen Sachlage hinfällig, so Keding. Das heißt, beide Afghanen bleiben in Deutschland und in Haft.
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