piwik no script img

Rechtsextremer Brite Tommy RobinsonDer Faktenverfälscher aus Luton

Den Islam nennt er „Krankheit“: Aktivist Tommy Robinson hat mit Fake-News seine Follower zu den rassistischen Ausschreitungen in England angestachelt.

Immer wieder saß der Mann mit Kurzhaarfrisur für Schlägereien und Betrug hinter Gittern: Rechtsextremist Tommy Robinson Foto: Martyn Wheatley/imago

London taz | „Tommy, Tommy, Tommy“: Bei den rassistischen Unruhen in England wird hier und da sein Name skandiert. Gemeint ist der 41-jährige Tommy Robinson, der als Stephen Yaxley-Lennon in Luton nördlich von London aufwuchs. Seinen Namen änderte er, als er sich in rechten Kreisen etablierte, um damit einem Hooligan seiner Heimatstadt zu ehren.

Nach dem Messerangriff eines 17-Jährigen vor einer Woche in Southport, bei dem drei Kinder starben, wandte sich Robinson an seine 800.000 Fol­lower. Wiederholt teilte er falsche Angaben zum Täter, mit denen er seine Follower zu den Ausschreitungen in Southport anstachelte, die sich inzwischen auf andere Städte im Königreich ausgeweitet haben.

Robinson, geschieden und Vater von drei Kindern, wollte eigentlich Flugzeugingenieur werden. Eine Schlägerei im Suff brachte ihm jedoch eine einjährige Freiheitsstrafe ein und beendete diese Aussicht. Einst war er Mitglied der rechtsextremen British National Party (BNP). Als Reaktion auf salafistische Gruppierungen, die sich in Luton eingenistet hatten, gründete Robinson 2009 mit anderen die English Defence League (EDL). Die Gruppe vertrat einen dezidiert englischen Patriotismus und wandte sich explizit gegen den Islam und gegen­ Einwanderung. Bis heute fasst dies Robinsons Weltbild bündig zusammen.

Immer wieder saß der Mann mit Kurzhaarfrisur für Schlägereien und Betrug hinter Gittern. Sein rowdyhafter Charakter prägte auch die EDL. Anders als die rechtsextremen Parteien BNP und National Front wollte die EDL eine reine Straßenbewegung sein, für die Robinson es verstand, Facebook zu nutzen. Die EDL organisierte Demonstrationen, etwa 2013 in Woolwich nach einem islamistischen Terrorattentat. Vor Moscheen legten sie Schweineköpfe ab.

Crowdfunding machte ihn zum Millionär

Vor elf Jahren stieg Robinson aus der EDL aus – doch seinen Themen blieb er treu, etwa als Gangs mit pakistanischer Herkunft im nord­eng­lischen Rochdale Dutzende vorwiegend weiße englische Mädchen sexuell ausbeuteten. 2016 versuchte Robinson erfolglos, einen britischen Ableger der Pegida-Bewegung zu organisieren. Auch ein Versuch, sich ins Parlament wählen zu lassen, ging schief.

Schließlich etablierte er sich, mit Hilfe des rechten kanadischen Kanals „Rebel Media“, als Film-Streamer und selbsternannter „Journalist“. Sein Spezialgebiet: das Verbreiten von Fake-News und die Faktenverfälschung. Sein erster Film handelte von einem Mann britisch-indischer Herkunft, der unter Drogeneinfluss einen Autounfall verursachte, bei dem drei weiße junge Briten starben: Robinson sah darin einen Terrorakt.

Crowdfunding machte ihn zum Millionär. Nach einem Buch, in dem er den Koran als gewaltverherrlichendes Buch und den Islam als „Krankheit“ und Gefahr für den britischen Lebensstil beschrieb, inszeniert er sich seinen Fans gegenüber als antiislamischen Märtyrer und potenzielles Mordopfer.

Im Jahr 2021 verunglimpfte er einen jungen syrischen Mann. Weil Robinson dabei bewusst Tatsachen verdrehte und der verurteilte Syrer Morddrohungen erhielt, verurteilte ihn ein Gericht zur Zahlung von umgerechnet 110.000 Euro Entschädigung. Kurz vor Beginn der gegenwärtigen Krawalle zeigte Robinson auf einer rechtsextremen Großveranstaltung in London einen Film, in dem er weiter Lügen über den Syrer verbreitete. Dafür muss er sich nun vor Gericht verantworten. Einen Termin dazu ließ er sausen. Stattdessen begab er sich nach Zypern, um dort Urlaub zu machen – behauptet er jedenfalls.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Warum laufen solche Typen noch frei rum?