Rechtsextreme bei der Bundeswehr: Das Ende eines Whistleblowers
Der Soldat Patrick J. wies auf rechtsextreme Fälle in der Bundeswehr hin. Nun hat ihn die Armee entlassen – mit fadenscheiniger Begründung.
Berlin taz | Nun musste er doch gehen. Der Soldat und Whistleblower Patrick J., der eine Vielzahl rechtsextremer Vorfälle in der Bundeswehr dokumentierte, musste die Armee verlassen. Am Montag habe er seinen letzten Tag gehabt, sagte J. der taz. „Das ist sehr unerfreulich.“
Der Unteroffizier hatte seit 2016 auf eine Vielzahl von rechtsextremen Vorfällen in der Bundeswehr hingewiesen. Dem Militärischen Abschirmdienst übersandte Patrick J. dafür ein eigens angefertigtes Dossier. Wenig später teilte die Bundeswehr ihm seine Entlassung mit, allerdings mit Hinweis auf einen Vorfall aus dem Dezember 2016, bei dem der 31-Jährige einen Kameraden grundlos habe strammstehen lassen, ein „Missbrauch der Befehlsbefugnis“. J. bestreitet den Vorgang.
Sein Fall wurde darauf zum Politikum: Versuchte die Bundeswehr einen unliebsamen Whistleblower loszuwerden? Nach öffentlichem Protest wurde Patrick J. zu einem Gespräch ins Bundesverteidigungsministerium eingeladen, seine Entlassung darauf „bis auf Weiteres“ ausgesetzt.
Das aber kassierte die Bundeswehr nun wieder – und teilte Patrick J. vor wenigen Wochen das Ende seiner Dienstzeit zum 30. September mit. Eine Begründung habe es dafür nicht mehr gegeben, sagt J. Bereits vor einer Woche habe er seine Dienstkleidung abgeben müssen, seit diesem Dienstag sei nun endgültig Schluss.
Regulär ausgeschieden?
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigt, dass Patrick J. am Montag „regulär aus der Bundeswehr ausgeschieden“ sei, „mit Ende seiner festgesetzten Dienstzeit“. Weiter könne man sich „aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht einlassen“.
Ein reguläres Ende der Dienstzeit? Patrick J. widerspricht. Tatsächlich habe er sich bei seinem Dienstantritt 2016 für zwölf Jahre der Bundeswehr verpflichtet und einen Feldwebellehrgang angetreten. Die Bundeswehr nutze nun aber offenbar einen Passus, wonach Auszubildende bei Nichtbestehen von Prüfungen nach drei Jahren entlassen werden können. Er habe seine Prüfungen aber aufgrund der Verfahren gegen ihn gar nicht antreten können, sagt Patrick J. Dass er deshalb nun entlassen werde, nennt er „sehr ungewöhnlich“.
Zuvor hatte das Personalamt der Bundeswehr auch etliche der Meldungen von Patrick J. auf rechtsextreme Umtriebe als „übertrieben und haltlos“ bezeichnet und seine charakterliche Eignung als Soldat in Zweifel gezogen. In vereinzelten Fällen wurde den Angaben nachgegangen. So hatte J. etwa auf einen Hauptgefreiten hingewiesen, der in Chats angab, er kämpfe „gegen die komplette Selbstaufgabe der weißen Nationen“. Oder auf einen Oberstabsgefreiten, der – einem Reichsbürger gleich – schrieb, sie alle seien nur „dumme Arbeiter, die einer großen GmbH angehören“.
Patrick J. hat sich nun noch einmal ans Verteidigungsministerium gewandt, um die Gründe seiner Entlassung zu erfahren. Vorerst will er sich nun wieder seinem Jurastudium widmen, das er vor seiner Bundeswehrzeit begonnen hatte. Patrick J. sagte, es bleibe der Eindruck, dass seine Meldungen auf die rechtsextremen Vorfälle in der Bundeswehr „nicht ganz auf Gegenliebe gestoßen“ seien.
Leser*innenkommentare
Hannes Hartmann
Bemeerkenswert ist dabei das Patrick J. sich nicht etwa an die Presse gewand hat sondern an den Militärischen Abschirmdienst, also die offiziel richtige Stelle.
Das man bei der BW nun Herrn J so gerne loswird wirft die Frage auf in wie fern das Verhältnis zwischen der Armee und der Organisation die dafür zuständig ist Staatsfeindliche Umtriebe in eben dieser Armee aufzudecken und zu unterbinden gestört sein könnte...
gruselig!
Mr. Fawkes
Wundert es Wirklich jemand , dass gegen Ursprünglich von Staatlichen Organisationen ( CIA , BND , MAD , BfV , etc. ) Gegründete , Subventionierte , Trainierte , Koordinierte & im Krisenfall Nachrichtendienstlich , Logistisch & Militärisch eingesetzte Stay-Behind-Organisationen - welche sich in der BRD seit jeher aus Personen des Rechtsradikalen Spektrums zusammensetzen - nicht Konsequent mit Aller Härte des Gesetzes vorgegangen wird und diese bei Bekanntwerden in der Presse und Öffentlichkeit nicht Sofort aufgelöst oder verboten werden , sondern nur Regelmäßig die Potenziellen Schwachstellen - d.h. einige Personelle Strukturen - ausgewechselt werden ?.. Sollte bei denen etwa nur Platz für Profi(-Agenten & -Killer) und nicht für irgendwelche Hohlen Blockflöten sein die zu jeder Unpassendsten Gelegenheit Bockwurst-Weich werden und Alles aus-posaunen ?.. Sowas sowas - Sachen gibts ... Lesestoff z. Thema : de.wikipedia.org/w...on#Westdeutschland , de.wikipedia.org/w...d_Deutscher_Jugend , de.wikipedia.org/w...ortgruppe_Hoffmann , de.wikipedia.org/w...annibal_(Netzwerk) - Further Goodluck / MfG
nzuli sana
Das ist ja echt das Letzte, diese Vorgehensweise von der BW-Führung.
Das ermuntert alle Faschisten zum Putschen.
Thomas Brunst
taz-Zitat: “(...) ...bei Nichtbestehen von Prüfungen nach drei Jahren entlassen werden können. (...)“
Hierbei handelt es sich um eine “Kannbestimmung“. Mit dem Wohlwollen des Dienstherrn, unter der Berücksichtigung der besonderen Umstände die Patrick J. durchleben musste – und die für ihn sehr belastend waren –, hätte man den Soldat auch im Dienstverhältnis der Bundeswehr (BW) belassen können. Denn: “(…) Er habe seine Prüfungen aber aufgrund der Verfahren gegen ihn gar nicht antreten können, sagt Patrick J. Dass er deshalb nun entlassen werde, nennt er 'sehr ungewöhnlich'. (...)“ Und hier stellt sich dann auch die Frage: Hat die BW Patrick J. angeboten die verpassten Prüfungen nachzuholen?
Das sich die Dienstvorgesetzten von Patrick J. - unter diesen Umständen - gegen ein Verbleiben des Soldaten in der BW entschieden haben hat m. E. einen einfachen Grund: Man möchte keine Whistleblower in der BW. Die BW scheute hier offensichtlich den direkten (früheren) “Rausschmiss“ des Soldaten, weil man Bedenken bezüglich der medialen Berichterstattung (“schlechte Presse“) hatte.
Doktor No
Irgendwie hoffe ich dass der Kollege sein Jurastudium genau auf diese Fälle spezialisiert.
Michael Garibaldi
Wir werden noch unser olives Wunder erleben. Seit den 80ern propagieren die Nazis ihre Mitglieder sollten zur Bundeswehr gehen.
Natürlich mit dem Ziel die Bundeswehr zu durchsetzen, um im Falle einer Machtergreifung das Militär zu kontrollieren.
Da dagegen nie jemand etwas getan hat, gehe ich mal davon aus, dass das gelungen ist.
Es wird ja in der BW niemanden geben, der deutlich links der CDU steht, aber jede Menge, die deutlich rechts stehen.
Das liegt ja in der Natur der Sache.
(Bei der Polizei sieht das sicher ähnlich aus)
Mephisto
@Michael Garibaldi Die Bundeswehr ist bei Nazis absolut verhasst. "Ein Söldnerheer für USRAEL", "Soldatenclowns für die BRD" (BRD mit Verachtung aussprechen). Es gab zwar immer wieder die Tendenz, die Grundausbildung mitzumachen, um Basiswissen zu erlangen, große Kreise hat das in Nazikreisen aber nicht gezogen.
Strolch
Hmm. Der Bericht läuft aber eigentlich unter "Nichts Genaues weiß man nicht". Waren seine Anschuldigungen "übertrieben und haltlos" oder nicht? Anstatt die Vorfälle zu berichten, denen nachgegangen wurde, wäre es doch interessanter, von denen zu schreiben, denen nicht nachgegangen wurde. Dann könnte sich der Leser eine Meinung bilden... Vielleicht war er auch ein Querulant? Wer weiß das schon nach einem solchen Artikel?
Sasha B.
@Strolch Dieser eine Artikel beschäftigt sich mit dem nun doch erfolgten Ausscheiden von Patrick J. aus der Bundeswehr. Dem Vorweg ging sehr viel mehr Presse, die sich ausführlich mit dem Thema an sich beschäftigt hat.
Wenn man sich eine Meinung dazu bilden will, kann man auch viel dazu lesen und die Frage ob er ein Querulant ist oder war, impliziert mir zu sehr, dass die rechten Tendenzen beim Bund gar nicht tragisch wären wie es moniert wurde.
Meine Erfahrungen dort waren, dass viel zu viele Soldaten eine rechte Gesinnung haben, die über ein harmloses Maß hinaus geht und dass genau das von der Bundeswehr totgeschwiegen wird, da diese Problematik bis in die höchsten Dienstgrade reicht.
Hier wird einer mundtot gemacht, nicht mehr und nicht weniger.
Strolch
@Sasha B. Vielleicht kann man zu dem Schluss kommen, das stelle ich nicht in Abrede. Der Artikel hilft da m.E. aber wenig, sondern ist tendenziös. Und wenn die taz solche Artikel nötig hat, entsteht bei mir immer der Eindruck, es ist nichts dran und es wird nur ein Reflex bedient. In der Regel lese ich Zeitung um Informationen zu bekommen. Wegen mir kann die Information am Ende des Artikels beurteilt werden. Aber ein Artikel, der ohne Fakten zu nennen, zu einem (gewünschten?) politischen Schluss kommt, hilft mir nicht weiter.
Rainer B.
Was sagt denn die neue Verteidigungsministerin dazu? Hallo, Frau Kramp-Karrenbauer, hier wartet wieder ein dicker Fettnapf auf Sie! Treten Sie doch ruhig mal rein!