Rechtsextreme Pegida-Demo in Dresden: Hass und Hetze statt Gedenken
Dresden sorgt für Entsetzen: Pegida durfte am Jahrestag der Pogromnacht 1938 demonstrieren. Gedenkveranstaltungen fielen dagegen aus.
Für allgemeine Empörung hatte im Vorfeld gesorgt, dass die Stadt den Hetzern und Rechtsextremisten den zentralen Platz ausgerechnet am 9. November überließ – dem Tag der Progromnacht 1938, als der Mob deutschlandweit Synagogen in Brand setzte, jüdische Geschäfte plünderte und Juden ermordete.
Die Dresdner Stadtverwaltung hatte wegen der Coronakrise ihre offizielle Gedenkveranstaltung abgesagt. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) trafen sich lediglich am Spätnachmittag im kleinsten Kreis mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde Dresden. Diese Gemeinde hatte zuvor „mit großer Fassungslosigkeit und Empörung“ auf die Pegida-Ankündigung reagiert. Es dürfe nicht unwidersprochen bleiben, „dass erneut Hass und Hetze auf öffentlichen Plätzen Dresdens verbreitet werden kann“, erklärte sie.
In der Nacht bekräftigte Thomas Feist, Beauftragter der Sächsischen Staatsregierung für Jüdisches Leben, diese Empörung und kritisierte darüber hinaus die Stadtverwaltung. Er vermisse deren Sensibilität und deren „erkennbaren Anspruch, bereits im Vorfeld mit Vertretern des Jüdischen Lebens über Möglichkeit zu sprechen, dies zu verhindern“. Reden vom „Nie wieder“ müssten ihre Entsprechung im glaubwürdigen Handeln der Verwaltung wiederfinden. Das von Dresden ausgehende Signal sei nunmehr „verheerend“ über die Stadt hinaus. Feist forderte die Stadt zu einer „transparenten Aufarbeitung dieser Fehlentscheidung“ auf.
Bei Pegida nichts Neues
Von ähnlichen Erfahrungen mit der Stadtspitze hatte am Vortag bereits das Bündnis „Herz statt Hetze“ berichtet, das in den vergangenen Jahren erfolgreiche Massenproteste gegen die Pegida-Jahrestage organisiert hatte. Man habe sich vorab an den Oberbürgermeister gewandt mit dem Ziel, keine rassistischen Veranstaltungen im Stadtzentrum zuzulassen. Ein bereits mit Polizei und Versammlungsbehörde terminiertes Gespräch sei ohne Angabe von Gründen abgesagt worden, berichtet Sprecherin Rita Kunert. Das Schreiben lasse den Schluss zu, dass die Absage nicht der Coronapandemie geschuldet war, fügte sie hinzu.
Etwa einhundert Musikanten und Gegendemonstranten standen Pegida am Montagabend nun gegenüber. Die sonst immer präsente Initiative „Nationalismus raus aus den Köpfen“ hatte ihren Aufruf diesmal zurückgezogen, um größere Menschenansammlungen zu verhindern und niemanden in Gefahr zu bringen. Stattdessen wollte man individuell protestieren.
Obschon bei Pegida die Coronaleugner von Leipzig eifrig gelobt wurden, hielt man sich auf dem Altmarkt an Versammlungsauflagen. Das Häuflein Pegida-Anhänger hatte auch genug Platz, in die Breite zu gehen. Laut Polizeidirektion zeigten 76 von ihnen angebliche Befreiungen von der Maskenpflicht.
Pegida-Anführer Lutz Bachmann bemühte sich auf der Bühne, die Vorwürfe von sich zu weisen, man pervertiere das Gedenken an die Pogromnacht – wenig überzeugend. Auch Andreas Kalbitz war um eine mühsam kaschierte Verurteilung von deutschen Verbrechen bemüht. Auf der Bühne bezeichnete er den Holocaust zwar als „einmaligem Zivilisationsbruch“, begann gleichzeitig aber eine wenig nachvollziehbare Unterscheidung zwischen Schuld und Verantwortung herbeizuphilosophieren.
Ansonsten wiederholten beide nur die bekannten Attacken auf „so genannte Flüchtlinge“, die alle vom IS unterwandert seien, oder „staatliche Inländerfeindlichkeit“. Die von beiden vorgebrachten apokalyptischen Horrorbeschwörungen von einer bevorstehenden Volksenteignung und dem „letzten legalen Weihnachtsfest“ sind sogar bei Pegida längst ausgeleiert.
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