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Rechtsextreme Knockout51-GruppePolizist soll Nazis gewarnt haben

Die rechtsextreme Schlägergruppe „Knockout51“ verübte in Thüringen schwere Gewalttaten. Ein Polizist soll der Gruppe Infos durchgestochen haben.

In Handschellen im Verhandlungssaal: Angeklagter der Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout51“ vor dem Oberlandesgericht in Jena, 21. August 2023 Foto: Bodo Schackow/dpa/picture alliance

Berlin taz | Sie verprügelten im Thüringer Eisenach Linke oder vermeintliche Drogenkonsumierende, suchten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am Ende soll ihr Ziel auch gewesen sein, An­ti­fa­schis­t*in­nen zu töten. Seit August 2023 steht ein Führungsquartett der rechtsextremen Schlägergruppe „Knockout51“ deshalb vor dem Oberlandesgericht Jena. Nun gibt es aber auch Ermittlungen gegen einen Polizisten, der Dienstinterna an die Gruppe durchgestochen haben soll.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera bestätigte der taz, dass wegen des Vorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt werde. Details wollte er nicht nennen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums bestätigte den Fall ebenso: Neben den strafrechtlichen Ermittlungen sei auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Der Beamte sei vom Dienst freigestellt.

Laut MDR soll der Polizist Informationen über bevorstehende Hausdurchsuchungen oder Festnahmen weitergegeben haben. Zudem habe er ermöglicht, dass Fotos von Ermittlungsakten gemacht wurden, die nun in der rechtsextremen Szene kursierten.

Derweil droht den vor dem Oberlandesgericht Angeklagten doch eine Verurteilung als Terrorgruppe. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte der taz, dass die Bundesanwaltschaft, welche die Anklage erhob, im Prozess zuletzt die Erteilung eines rechtlichen Hinweises beantragte, dass die Beschuldigten auch als Terrorgruppe verurteilt werden könnten. Die Bundesanwaltschaft hatte dies schon in ihrer Anklage so gesehen – das Gericht aber nur den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zugelassen.

BGH sieht Terrorvorwürfe bestätigt

„Knockout51“ soll von 2019 bis 2022 Kampfsport in Eisenach trainiert haben, in der örtlichen Zentrale der „Heimat“-Partei“, einst NPD. Anführer war dabei der rechtsextreme Kampfsportler und Kneipenwirt Leon R. Ziel der Gruppe laut Anklage: die Errichtung eines „Nazi-Kiezes“. Immer wieder sei die Gruppe losgezogen und habe Menschen bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt.

Nachdem Autonome 2019 zweimal versucht hatten, Leon R. zu überfallen, habe die Gruppe dann laut Anklage beschlossen, im Fall einer weiteren Attacke die Angreifer auch zu töten. Im September 2021 sei dafür versucht worden, in Erfurt einen Angriff zu provozieren – was misslang.

Die Bundesanwaltschaft hatte deshalb schon in ihrer Anklage erklärt, dass die Gruppe zwar als kriminelle Vereinigung gestartet sei, am Ende aber terroristische Ziele verfolgt habe. Das Oberlandesgericht aber folgte dem nicht.

In einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs zu einem zuletzt festgenommenen weiteren Beschuldigten der Gruppe, Marvin W., erklären nun aber auch die dortigen Richter*innen: In der Gesamtschau aller Indizien hätten sich die Gruppe und der Beschuldigte „mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung zunächst an einer kriminellen und sodann an einer terroristischen Vereinigung strafbar gemacht“.

Schießtrainings in Tschechien

Der BGH begründet das auch damit, dass die Gruppe ab 2021 beschloss, sich Waffen zu beschaffen, eine interne Schulung über Bewaffnung abhielt und auch Schießtrainings in Tschechien absolvierte. Auf einer Zielscheibe sei ein Antifa-Logo platziert gewesen. Im Juli 2021 habe ein Gruppenmitglied dann tatsächlich drei Macheten bestellt. Der festgenommene Marvin W. soll Anführer Leon R. auch bei der Herstellung einer halbautomatischen Schusswaffe geholfen haben. Leon R. besorgte sich später auch 300 Schuss Munition.

Zudem verweist auch der BGH darauf, dass die Gruppe über eine Notwehrsituation sinniert habe, in der man Linke töten könnte. In Gesprächen sei die Rede davon gewesen, „Antifas umzulegen“ oder „10, 15 Zecken“ mit dem Auto zu überfahren. Die „Notwehr“ sei dabei nur vorgeschoben gewesen, erklärt der BGH. Eine Tötung von Linken sei mindestens „hingenommen“ worden.

Im April 2022 waren Leon R. und drei Kumpane im Auftrag der Bundesanwaltschaft festgenommen worden. Gegen sie läuft seit dem Sommer 2023 der Prozess vor dem Oberlandesgericht. Im November und Dezember erfolgten weitere Durchsuchungen und Festnahmen gegen beschuldigte Gruppenmitglieder, darunter von Marvin W. oder dem Thüringer „Heimat“-Chef Patrick Wieschke. Marvin W. hatte später Beschwerde gegen seinen Haftbefehl eingelegt – auf die der BGH mit seinem aktuellen Beschluss reagierte. Der Prozess gegen das angeklagte Führungsquartett von „Knockout51“ ist noch bis Ende Mai terminiert.

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10 Kommentare

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  • Polit-mediale Kontrastprogramme

    Ein weiterer aktenkundiger Fall manifester rechtsextremer Affinitäten bewaffneter und beamteter Angehörige deutscher Sicherheitsbehörden. Im Unterschied zu einer eher hypothetischen Gefährdung des deutschen demokratischen Gemeinwesens durch krude Hinterzimmerphantasien eines Ausländers sind das sehr greifbar reale Gefahren für Leib und Leben von Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln.

    Um so bizarrer das Kontrastprogramm beider Sachverhaltskategorien in der polit-medialen Wahrnehmung: Von Aufrufen zu Massenprotesten gegen rechtsradikale Umtriebe in den deutschen Sicherheitsbehörden ist nichts überliefert. Ganz im Gegenteil: Sehr auffällig das in den Corporate Media (Sanders) unverdrossen gepflegte ohrenbetäubende Schweigen zu den von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr („Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee“, Taz 16.11.2018)

    Anderswo scheint es noch drastischer. Einer IFOP-Studie zufolge hatten die Sicherheitskräfte Frankreichs inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste schon 2017 eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (4% zu 2%. Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm der französischen AfD-Pendants gezählt werden. Daran dürfte sich seither nichts geändert haben. Eher im Gegenteil.

    Warum sollte das in der übrigen EU und vor allem ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der „Schwarzen Reichswehr“, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna- Papiers“ von General Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“, der Maaßen-Affäre usw.?

    • @Reinhardt Gutsche:

      Von den Verantwortlichen will das niemand wirklich wissen. Seehofer hat's vorgemacht: keine gründliche Untersuchung in dem Bereich - es sei nicht nötig. Die Vermutung, dass man gegen linke Tendenzen ganz gewiß rigoros vorgegangen wäre, ist wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen.

      • @Perkele:

        Proportionen

        Zitat @Perkele: „Die Vermutung, dass man gegen linke Tendenzen ganz gewiß rigoros vorgegangen wäre, ist wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen.“

        Da dürfte Ihre Verschwörungstheorie aller Erfahrung nach der historischen Realität sehr nahe kommen, eingedenk der Erfahrungen mit dem Adenauer-Erlass von 1950 und dessen Novellierung im Radikalenerlass von 1972. So ergab die Anwendung dieser Rechtspraxis der punitiven Ablehnung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst allein in Bayern zwischen 1973 und 1980 im Vergleich von rechten und linken Spektren ein Verhältnis von 1: 100. (Quelle: Friedbert Mühldorfer:"Radikalenerlass",HLB)

        Da galt wohl der Grundsatz: Mit dem rechten Auge sieht man besser...

  • Wird gegen den Polizisten jetzt wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach Paragraph 126a ermittelt ??

  • AfD Fans in der Polizei müssen entlassen werden.

  • Okay, die wollen prügeln? Gebt Ihnen eine Gummizelle zum politischen Diskurs. Gerne auch für länger.

  • Es wird Zeit das bei den Behörden mehr auf rechte Umtriebe geachtet wird. Das ganze wird ganz langsam aber sicher Demokratiezersetzend.

    • @Garum:

      Aber es sind die dann Behörden, die auf rechte Umtriebe achten müssen. Finde den Fehler. Polizisten jagen Polizisten?

      Die AfD muss gar nicht an die Macht kommen. Ihre Politik wird bereits von der Regierung gemacht und ihre Gesinnung ist bereits in den Institutionen angekommen. Und nicht nur im Osten.

  • Aber Seehofer hat doch gesagt, dass es keiner Untersuchung im Polizeiapparat bedarf...??? Nun bin ich überrascht, dass so etwas doch passieren konnte. So'n Kleinkram wie in Hessen, nämlich die Wohnadresse einer Verteidigerin an Rechtsterroristen weiterzugeben, das kann man ja vergessen. Oder -ganz aktuell- der Umgang mit Bauernterror und dem der Klimakids - alles gaaaanz harmlos.

  • Ab Mai also der Prozess gegen die Täter. Prognose für das Urteil: 200 Sozialstunden bis maximal ein paar Monate auf Bewährung.