Rechte Hetze in der Polizei: Neues Recht gegen rechte Chats
Schleswig-Holsteins Innenministerin will härter gegen rechtsextreme Polizist:innen vorgehen. In Chatgruppen sollen sie nicht mehr hetzen dürfen.
Hamburg taz | Sind es nun selbst der CDU zu viel der Einzelfälle von Volksverhetzung? Regelmäßig werden rechtsextreme Chatgruppen von Staatsbediensteten bekannt, regelmäßig bremsen danach vor allem Konservative ein härteres Vorgehen dagegen aus. Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) strebt nun in die andere Richtung.
Sie will volksverhetzende Inhalte innerhalb geschlossener Chatgruppen unter Strafe stellen. „Demokratiefeindliche Aussagen in Chatgruppen verurteilen wir nicht nur moralisch, sondern sie sollten auch unter Strafe gestellt werden“, sagt Sütterlin-Waack. Mit diesem Vorstoß geht das Land in die am Mittwoch startende dreitägige Innenministerkonferenz der Länder.
„Ich bin überzeugt davon, dass die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes von unserer demokratischen Grundordnung überzeugt ist und danach handelt“, betont Sütterlin-Waack erwartungsgemäß.
Doch das Bekanntwerden von Chats rechter Landespolizist:innen im vergangenen Dezember habe die Ministerin zur Erkenntnis gebracht, dass etwas dagegen unternommen werden müsse. Vier später suspendierte Beamt:innen aus Kiel und Neumünster hatten sich in WhatsApp-Chats rechtsextreme Nachrichten geschickt.
Volksverhetzung erst in der Öffentlichkeit
Als problematisch und hinderlich am effektiven Vorgehen erweist sich aus Sicht des Landes bislang allerdings der Tatbestand der Volksverhetzung. Dieser treffe zwar inhaltlich auf rechtsextreme Aussagen und das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu – unter die Meinungsfreiheit falle eine derartige Aussage nicht. Jedoch: Bei internen Chatgruppen sei der Straftatbestand nicht so einfach anzuwenden.
„Der Tatbestand wird erst erfüllt, wenn er auch öffentlich gezeigt oder geäußert wird“, sagt der Hamburger Strafrechtler Alexander Kienzle. Der Tatbestand ziele schließlich auf die Wahrung des öffentlichen Friedens. Strafrechtlich könne bei privaten Chats erst vorgegangen werden, wenn die Botschaften weiterverbreitet oder in so großen Gruppen geteilt würden, dass von Öffentlichkeit gesprochen werden könne.
Andernfalls könnten sie meist nur disziplinarisch gemaßregelt werden, heißt es auf Nachfrage aus dem Innenministerium. Das ist zu wenig, findet Sütterlin-Waack angesichts der Vielzahl an Skandalen.
Bundesweit traten in den vergangenen Monaten regelmäßig Chatgruppen von Polizist:innen oder aus der Feuerwehr zutage, in denen rechtsextreme Äußerungen geteilt und ausgetauscht wurden – schnell konnte der Überblick über die einzelnen Skandale verloren gehen.
Besonders in Hessen und Nordrhein-Westfalen wurde eine Vielzahl solcher Chats publik. Aber auch die Bundesländer im Norden sind allesamt betroffen: Teile der Bremer Feuerwehr teilten dutzende rechtsextreme, rassistische Bilder. In der Hamburger Berufsfeuerwehr gab es ähnliche Vorfälle.
Innenministerkonferenz stimmt ab
In Niedersachsen laufen bei der Polizeidirektion Osnabrück sechs dienstrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts auf rechtsextreme Gesinnung. „Nach unseren Erkenntnissen waren teilweise mehrere Hundert Bilder und Videos mit verdächtigen Inhalten unter den Betroffenen verschickt worden“, sagte Marco Ellermann, Sprecher der Polizeidirektion Osnabrück, nach Bekanntwerden der Polizei-Chats. Dem niedersächsischen Innenministerium sind 23 Verdachtsfälle „rechtslastigen Verhaltens“ zwischen 2015 und 2020 bekannt.
Bestraft werden solle nach dem Willen des Innenministeriums in Kiel künftig, „wenn die einschlägigen Inhalte von Amtsträgern im Zusammenhang mit der Dienstausübung verwendet werden“, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe aus der Beschlussvorlage für die Innenministerkonferenz zitieren.
Bei der jährlich zweimal stattfindenden Innenministerkonferenz besprechen sich die Länder, welche Themen sie künftig gemeinsam angehen wollen. Am Freitag, zum Ende der Konferenz, stimmen sie auch über den Vorschlag aus Schleswig-Holstein ab. Im Vorfeld der Konferenz hielten sich die Innenbehörden und -ministerien auf Nachfrage zu dem Thema bedeckt.