Rechte Gewalt in Schweden: Neonazis werden gewalttätiger
Die Gewalt habe terroristische Ausmaße erreicht, sagt das Innenministerium in Stockholm. Im Zentrum steht die „Nordische Widerstandsbewegung“.
Die festgenommenen Männer im Alter von 20, 23 und 50 Jahren bestreiten die Taten. Die NMR als Organisation hat jegliche Verantwortung zurückgewiesen. Ohne Einzelheiten zu nennen, bewerten Polizei und Verfassungsschutz ihre Beweise aber als überzeugend. Nach Medieninformationen soll man über die Konstruktion der Bomben den Verdächtigen auf die Spur gekommen sein.
Die SÄPO bezeichnet die Gewalt der Neonazis als größte Bedrohung für Schwedens innere Sicherheit. Innenminister Anders Ygeman beklagt eine „beunruhigende Entwicklung“: „Rassistische Gruppen verbreiten Drohungen und Hass auf unseren Straßen. Dem muss man mit aller Kraft begegnen.“
Tatsächlich hat die NMR ihre Aktivitäten in den letzten Jahren stetig gesteigert. Ihre vielfach vorbestraften Mitglieder gerieren sich als selbst ernannte Ordnungshüter, die „Straßenpatrouillen“ veranstalten oder in Schwimmbädern als „Sicherheitswächter“ auftreten, um „unsere nordischen Frauen“ vor der Gefahr sexueller Übergriffe durch Ausländer zu schützen.
„Kein Problem, das Terrorismus zu nennen“
Es gelte, „unser Volk um jeden Preis zu verteidigen“, auch angesichts „der Hetze jüdisch-schwedischer Massenmedien“. Im September war in Helsinki ein Passant, der NMR-Mitglieder als „Rassistenclowns“ bezeichnet hatte, von einem Neonazi so schwer misshandelt worden, dass er an seinen Verletzungen starb.
„Selbst wenn es sich hier, juristisch gesehen, um versuchten Mord, Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Brandstiftung handelt – in meiner Optik hat das deutliche Züge von Terrortaten“, sagt Magnus Ranstorp, Forschungschef am Stockholmer Zentrum für Terrorismusstudien. Man habe es „mit Leuten zu tun, die aus politischer oder ideologischer Überzeugung Bombenanschläge verüben“. „Ich habe kein Problem, das Terrorismus zu nennen.“
Daniel Poohl von der antirassistischen Stiftung „Expo“ teilt diese Einschätzung. Die NMR vertrete offen das Ziel, den demokratischen Staat zu zerstören und eine Neonazidiktatur zu errichten: „Da kann man wohl von Terror sprechen.“ Erste Stimmen fordern ein Verbot der Organisation: „Es gibt eine Grenze dessen, was eine Demokratie passiv akzeptieren kann“, kommentierte am Sonntag „Göteborgs-Posten“.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!