piwik no script img

Recherche zu MassentierhaltungGülletourismus verbreitet Erreger

Massentierhaltungstransporte verteilen antibiotikaresistente Erreger quer durchs Land. Greenpeace fordert, die Gülleflut zu stoppen.

Gülletransporte können antibiotikaresistente Keime verbreiten Foto: Martin Wagner/imago

Berlin taz | Gülle mit antibiotikaresistenten Keimen und Antibiotikarückständen wird offenbar regelmäßig durch ganz Deutschland kutschiert. Das ist das Ergebnis einer Greenpeace-Recherche, die der taz vorab vorlag. Dafür wurden Gülleproben aus Schweineställen in Niedersachsen analysiert: Alle 11 untersuchten Proben enthielten Antibiotikarückstände, 7 wiesen teilweise multiresistente Keime auf.

Die 86 nachverfolgten Gülletransporte liefen im Durchschnitt über eine Distanz von etwa 220 Kilometern, häufig in andere Bundesländer. Der „Gülletourismus“ aus Regionen mit Massentierhaltung kann fatale Folgen haben: Auf den Feldern wirken die Bakterien auf Bodenorganismen ein und können ins Grundwasser gelangen.

Überschüssige Gülle ist ein Problem der Massentierhaltung. Um die Belastung des Grundwassers mit Nitraten zu begrenzen, wird Gülle in anderen Regionen verkauft – mit ihr die Antibiotika aus der Tierhaltung. Sie tragen dazu bei, dass krank machende Bakterien unempfindlich gegen Medikamente werden.

In Deutschland sterben laut einer Studie jährlich etwa 2.400 Menschen, weil sie sich mit einem resistenten Keim infiziert haben. Unklar ist lediglich, wie hoch der Anteil der Landwirtschaft an der Bildung von Resistenzen ist. 2018 wurden in Deutschland 722 Tonnen Antibiotika an Masttiere gegeben – mehr als in der Humanmedizin.

Die Transporte verbreiteten „Resistenzen gegen überlebenswichtige Antibiotika. Damit wächst die Gefahr, dass Infektionskrankheiten immer schwerer zu behandeln sind“, sagte Greenpeace-Experte Dirk Zimmermann.

„Diese unverantwortliche Streuung der Risiken der industriellen Tierhaltung kann nicht die Lösung für die Überproduktion von Billigfleisch und Gülle sein. Nur wenn weniger Tiere besser gehalten werden, lässt sich die Gülleflut stoppen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Auch wenn es das einfachste ist, die Landwirte sind schuld, und damit aus.



    Welche Mengen an Rückständen wurden gefunden ?, wurden die Rückstände auch in den erzeugten Lebensmitteln gefunden ?, wurden die Rückstände aus den Kläranlagen der Städte mit beurteilt ?



    de.wikipedia.org/w...en%20Gewalt-%20bzw.



    Bei solchen Fragen auf Artikel der TAZ und des NABU zu verlinken ist auch nicht gerade hilfreich für die ganze Wahrheit.

  • Ein Verbot von Antibiotikagabe in der Tierhaltung ist dringend sonst stehen wir bald vor einer durch Bakterien verursachten Pandemie und haben sowenig in der Hand wie jetzt bei Cov-19. Es ist komplettes Politikversagen, dass Tierhalter sogar Reserveantibiotika einsetzen dürfen die in der Humanmedizin extra zurück gehalten werden damit noch was wirkt wenn eine bakteriell verursachte Pandemie kommt. DANK AGRARLOBBY Haben wir dann nix mehr in Reserve und sind Bakterien auf alle Antibiotika resistent.

  • SO richtig.

    Und viel wichtiger als "Danni", aber es bleibt irgendwie ein Randthema.