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Reaktionen auf TTIP-LeaksUSA sind „nicht beunruhigt“

Die Veröffentlichung von TTIP-Papieren sorgte für Aufsehen. Aber ist der Inhalt tatsächlich skandalös? Oder gibt er nur einen Stand der Verhandlungen wieder?

Greenpeace präsentierte die TTIP-Leaks in einem transparenten Bus in Berlin Foto: dpa

Washington/Berlin dpa | Die USA reagieren demonstrativ gelassen auf die Veröffentlichung bisher geheimer Dokumente aus den Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP. Der Sprecher des Weißen Hauses sagte, man sei darüber „nicht beunruhigt“. Ein „materieller Einfluss“ auf das Abkommen sei nicht zu erwarten.

Greenpeace hatte bislang unter Verschluss gehaltene TTIP-Dokumente ins Internet gestellt. Sie werfen den USA vor, im Interesse amerikanischer Konzerne europäische Umwelt- und Verbraucherschutzstandards aushöhlen zu wollen.

Berlin und Brüssel wiesen die Vorwürfe zurück, die US-Regierung sprach von irreführenden Interpretationen. Die Bundesregierung wollte das umstrittene Handelsabkommen nicht infrage stellen. Deutschland und die USA wollen bis zum Jahresende zumindest TTIP-Eckpunkte festlegen, bevor Barack Obamas Amtszeit endet.

In Washington wurde darauf verwiesen, es handle sich lediglich um einen Verhandlungsstand und nicht um Ergebnisse. Auch liege es in der Natur von Verhandlungen, verschiedene Positionen zu haben und sich im Laufe der Zeit anzunähern.

Arbeitgeber: „TTIP-Gegner denken nicht nach vorn“

Die EU und die USA verhandeln seit Mitte 2013 über eine „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP). Ziel ist es, Zölle und andere Hürden für Investitionen abzubauen, damit der Handel zwischen den beiden Wirtschafts-Supermächten EU und USA mit 800 Millionen Verbrauchern stärker floriert. Europaweit gibt es Proteste gegen das Abkommen, vor allem in Deutschland.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte vor einem Scheitern der Verhandlungen. „TTIP ist auf absehbare Zeit die wohl letzte große Chance, den Welthandel im transatlantischen Interesse mitzugestalten und demokratische Prinzipien für fairen und freien Handel zu verankern“, sagte Kramer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die TTIP-Gegner denken nicht nach vorn“, kritisierte er.

Zweifel an TTIP-Erfolg

In der Spitze der EU-Kommission gibt es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Zweifel, ob das TTIP-Abkommen überhaupt noch geschlossen werden kann. Die US-Regierung bewege sich bisher zu wenig, damit dieses Jahr ein Abschluss gelingen könne, sagte ein hochrangiger Vertreter dem Blatt. Nach der Pause, die durch die Wahlen in den USA, Frankreich und Deutschland bis Ende 2017 entstehe, werde eine Wiederbelebung der Verhandlungen schwierig.

Süddeutsche Zeitung, WDR und NDR erhielten die Papiere von Greenpeace vor anderen Medien und werteten sie mit Greenpeace aus. Aus den Papieren gehe hervor, dass die USA Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie blockiere. Im Gegenzug solle die EU mehr US-Agrarprodukte abnehmen. Außerdem verweigere sich Washington Europas Wunsch, umstrittene private Schiedsgerichte für Konzernklagen durch öffentliche Gerichte zu ersetzen.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte, das Schutzniveau für Verbraucher, Lebensmittel oder die Umwelt in Europa werde nicht sinken. Ihre rechte Hand, TTIP-Unterhändler Ignacio Garcia Bercero, fürchtet negative Folgen der Veröffentlichung für die Verhandlungen. Obamas Handelsbeauftragter Michael Froman mahnte zur Sachlichkeit.

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3 Kommentare

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  • "Demokratische Prinzipien für fairen und freien Handel". Hahahaha.

  • A. "Aus den Papieren gehe hervor, dass die USA Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie blockiere."

    plus

    B. "Im Gegenzug solle die EU mehr US-Agrarprodukte abnehmen."

     

    ...das ist schon ein Gag:

    1. Blockade von EU-Exporterleichterungen und als "gutgemeinte" Gegenleistung

    2. mehr Export von US-Agrarprodukten in die EU (natürlich nicht geschenkt!)

     

    C. "Außerdem verweigere sich Washington Europas Wunsch, umstrittene private Schiedsgerichte für Konzernklagen durch öffentliche Gerichte zu ersetzen." - nach wie vor!

     

    Dazu kein weiterer Kommentar mehr!!

     

    Noch eine Binsenweisheit zu den US-Reaktionen auf die TTIP-Veröffentlichungen:

     

    Dass es sich bei den Papieren nicht um festgezurrte Verhandlungsergebnisse handelt braucht uns niemand extra zu erzählen. Das war von vornherein klar. Das wissen auch die Bürger, zumindest in Deutschland. (Da braucht uns keiner Sand in die Augen zu streuen, auch von seiten der deutschen Regierung. Wir erwarten nur, dass sich die EU von den USA nicht noch weiter wieder über den Tisch ziehen lässt).

     

    Skepsis muss ein integraler Bestandteil aller Gespräche und insbesondere der Verhandlungspsychologie sein - ganz besonders nach so einer Aussage der USA und nach der bis zuletzt von ihnen diktierten Geheimniskrämerei!

  • Wenn die USA, und zwar der Präsident persönlich, schon sagen müssen, dass sie "nicht beunruhigt" sind, kann man davon ausgehen, dass sie sehr beunruhigt sind - gut so!