Reaktionen auf Gewalt in Myanmar: Kopfschüsse am Feiertag
Am Militär-Feiertag tötet das Regime so viele Menschen wie nie zuvor. Es hatte mit Schüssen in Köpfe und Rücken gedroht. Die Welt reagiert.
In der Erklärung, die von den Vertretern der USA, Deutschlands und anderen unterschrieben und in der Nacht zu Sonntag veröffentlicht wurde, heißt es: „Ein professionelles Militär folgt internationalen Verhaltensstandards und ist verantwortlich für den Schutz – nicht die Verletzung – des Volkes, dem es dient.“
Am 27. März, der in Myanmar als „Tag der Streitkräfte“ ein Feiertag ist, töteten Militär und Polizei mindestens 90 Menschen. Es war der bisher blutigste Tag der Unterdrückung der Massenproteste. Laut dem Nachrichtenportal Myanmar Now starben 114 Personen an 44 Orten, darunter auch Kinder. Die meisten Toten gab es in Mandalay mit 40, in Yangon starben 27 Personen.
Die Gefangenenhilfsorganisation AAPP gab die Zahl der Todesopfer mit mehr als 90 an. Deren Gesamtzahl seit dem Putsch am 1. Februar stieg laut AAPP auf mindestens 443. Vielfach hätte das Militär Leichen beseitigt und Verletzte mitgenommen, die ohne medizinische Behandlung sterben würden.
US-Außenminister Antony Blinken sprach von einem „Terrorregime des Militärs“. Die Junta wolle im Interesse einiger weniger „das Leben des Volkes opfern“. Am Samstag war Berichten zufolge auch auf das amerikanische Kulturinstitut in Yangon geschossen worden. Verletzt wurde niemand.
Staatssender drohte mit Kopfschüssen
Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, bezeichnete das Vorgehen der Junta als „Massaker“. Er forderte ein internationales Gipfeltreffen zu Myanmar. Man könne die Öl- und Gaszahlungen an das Militär einstellen oder seinen Zugang zu Waffen stoppen. Es sei höchste Zeit für robustes und koordiniertes Handeln.
Das Militärregime hatte den Feiertag in der Hauptstadt Naypyidaw mit einer Parade begangen. Demonstranten waren zuvor über den Staatssender MRTV vor Schüssen in Kopf oder Rücken gewarnt worden. Schon bisher war ein Viertel der getöteten Demonstranten an Kopfschüssen gestorben. Mit dem „Tag der Streitkräfte“ erinnert das Militär an den Tag im Jahr 1945, an dem es im Zweiten Weltkrieg erstmals gegen Japan kämpfte, mit dem es bis dahin verbündet war.
Jetzt schickten nur acht Nationen Vertreter zu den Feierlichkeiten, nämlich China, Russland, Indien, Pakistan, Bangladesch, Vietnam, Thailand und Laos. Der Ranghöchste war Russlands Vizeverteidigungsminister Alexander Fomin. China und Russland sind Myanmars wichtigste Waffenlieferanten und schützen das Putschregime im Weltsicherheitsrat vor einer Verurteilung. Russland will offenbar seinen Einfluss in Myamar vergrößern. Juntachef Min Aung Hlaing bezeichnete Russland als „wahren Freund“ Myanmars.
Er versprach in seiner Ansprache, das Volk zu schützen, und stellte erneut Wahlen in Aussicht, nannte aber kein Datum. Ohne die Proteste zu erwähnen, warnte er vor „Terrorismus, der staatlicher Ruhe und sozialer Sicherheit schaden“ könne. Seine Machtübernahme rechtfertigte er mit angeblichen Verfehlungen der entmachteten Regierung von Aung San Suu Kyi. Sie ist die Tochter des Nationalhelden Aung San, auf den die Gründung von Myanmars Armee wie auch die Unabhängigkeit des Landes zurückgehen. Ihre Partei NLD hatte die Wahlen im November deutlich gewonnen.
Internationale Solidarität
Demonstranten hatten den „Tag der Armee“ umgetauft in „Tag gegen die Diktatur des Militärs“. Mehrere der rund 20 bewaffneten ethnischen Gruppen, die sich seit Jahrzehnten mit dem Militär einen Kleinkrieg liefern, haben sich auf die Seite der Proteste gestellt.
Die Karen National Liberation Army (KNLA) erklärte, eine ihrer Einheiten habe am Freitag bei einem Angriff auf einen Militärposten im Kayin-Staat zehn Soldaten getötet. Bei einem Vergeltungsangriff der Armee aus der Luft sollen zwei Personen getötet worden sein.
In mehreren Ländern gab es am Wochenende Proteste und Mahnwachen gegen das Putschregime. In Deutschland demonstrierten laut der 1.800 Mitglieder zählenden Facebookgruppe „German Solidarity with Myanmar Democracy“ Menschen in Berlin, Leipzig, München, Freiburg, Konstanz, Stuttgart, Heidelberg, Frankfurt/Main, Bielefeld und Hamburg.
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