Reaktion auf die Entwicklung im Jemen: Eine panarabische Armee

Bei ihrem Gipfeltreffen vereinbarte die Arabische Liga die Bildung einer Eingreiftruppe. Die saudische Intervention im Jemen ist umstritten.

Die Arabische Liga präsentiert ihre Einigkeit: Hier holt Ägyptens Präsident al-Sisi den Emir von Katar vom Flugzeug ab Bild: dpa

SCHARM AL-SCHEICH taz | Auf dem Papier ist sie nun geboren, die gemeinsame arabische Eingreiftruppe. Die Präsidenten, Könige und Emire haben auf einem zweitägigen Gipfeltreffen der Arabischen Liga im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich ihren Segen dazu gegeben, „um den gegenwärtigen Bedrohungen zu begegnen und die arabische Sicherheit zu verteidigen“, heißt es in der Abschlusserklärung am Wochenende. Die Teilnahme an dieser zu formenden Truppe sei auf freiwilliger Basis, erklärte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi.

Ägyptens Außenminister Sameh Schukri kündigte an, dass sein Land dieses Projekt vorantreiben wird. Die Ägypter haben im nächsten Jahr den Vorsitz der Liga. In einem Monat sollen die Stabschefs der beteiligten arabischen Länder über die Finanzierung und die Mission verhandeln, erläuterte al-Arabi.

Auch wenn der Generalsekretär das Projekt als „Neugeburt“ seiner Arabischen Liga feiert: Bislang ist das Ganze nicht viel mehr als eine Art Absichtserklärung, diese arabische Eingreiftruppe gründen zu wollen. „Im Grunde genommen sei alle unklar, die Finanzierung, die Mission, die Befehlsstrukturen und auch wie über deren Einsatz entschieden werden könnte, durch eine absolute Mehrheit oder durch einen Konsensbeschluss“, erläutert ein Beamter des ägyptischen Außenministeriums am Rande des Gipfels.

Selbst wenn es gelingt, die Truppe aufzustellen, dürfte es nicht so einfach sein, sich auf die Prioritäten ihres Einsatzes zu einigen. Der ägyptische Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi würde eine solche Truppe sicherlich als Erstes im Nachbarland Libyen einsetzen wollen. Für die Golfstaaten steht dagegen die Lage im Süden der Arabischen Halbinsel, im Jemen, ganz oben auf der Liste. Nur so viel ist sicher: Für den aktuellen saudischen Militäreinsatz im Jemen wird diese arabische Eingreiftruppe noch keine Rolle spielen.

Eine politische Lösung

Nicht alle Mitgliedstaaten der Liga sind von der saudischen Intervention überzeugt. „Die Iraker sind gegen eine militärische Intervention im Jemen, weil das ein lokales Problem ist“, erklärte deren ständiger Gesandte bei der Arabischen Liga, Dhia al-Dabbas, gegenüber der taz. „Derartiges kompliziert die Lage nur und öffnet das Tor für weitere Interventionen. Das wird mit Sicherheit nicht das jemenitische Problem lösen“, glaubt er.

Die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition hat ihre Luftangriffe auf Stellungen der schiitischen Huthi-Miliz im Jemen auch in der Nacht zum Montag fortgesetzt. Laut Berichten von Einwohnern waren sowohl Sanaa als auch Orte östlich der Hauptstadt sowie im Westen des Landes betroffen. Einem Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP zufolge dauerten die Angriffe auf Sanaa die ganze Nacht über an. Ziele waren unter anderem Stellungen abtrünniger Soldaten der Republikanischen Garde.

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat die Pläne für eine gemeinsame Armee der arabischen Staaten ausdrücklich gelobt. „Das halte ich für einen großartigen Schritt, dass man sich nach vielen Jahren, wo man sich nicht einigen konnte, jetzt einigen kann, um ein Problem zu lösen“, sagte der CDU-Politiker am Montag im ZDF-Morgenmagazin. (dpa, afp)

Dagegen freut sich der jemenitische Außenminister Riad Yassin über die Rückendeckung aus Scharm al-Scheich und „über die arabischen Kräfte, die sich sammeln, um die Huthi-Milizen zu stoppen“. Auf die Frage nach dem strategischen Ziel der saudischen Militäraktion, schließt er am Ende eine politische Lösung nicht aus: „Wenn sie später wieder zu Verhandlungen bereit sind, werden wir mit den Huthis sprechen, um vielleicht ein politisches Übereinkommen auszuhandeln. Dabei kann es aber keine Diskussion über die Legitimität des Präsidenten und des Staates geben“, erläutert er.

Während die Abschlusserklärung nur vage von der Bedrohung „externer Kräfte“ spricht, nennt der oberste jemenitische Diplomat seinen regionalen Gegner: „Die Huthis wollen den Staat zerstören und einen Milizenstaat schaffen, den sie dann dem Iran ausliefern. Sie verfolgen eine iranische Tagesordnung. Der Iran will sich mit ihrer Hilfe im Herzen der Arabischen Welt etablieren“, sagt er.

Auf die Frage, wie lange die saudischen Militärschläge weitergehen werden, bevor sie ihr Ziel erreichen, antwortet er diplomatisch: „Es ist eine Frage von Tagen und das Jahr hat 365 davon.“

Vier Jahre nach dem Sturz Ben Alis, Mubaraks und Gaddafis ist auf dem Arabischen Gipfel nicht von demokratischen Fortschritten die Rede, alles dreht sich um die Verteidigung der Arabischen Sicherheit. Durch die arabische Einheit soll der Terror bekämpft und Stabilität erreicht werden. Einmal mehr ist ein Grundprinzip des Arabischen Gipfels deutlich geworden: Die dortigen Reden sind immer fast das Gegenteil der Realität. Je mehr dort von Stabilität und Sicherheit gesprochen wird, desto instabiler und unsicherer ist die Wirklichkeit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.