Reaktion auf Rede der Notenbank-Chefin: Yellen kurbelt Börsen an
Fed-Chefin Yellen hält die erste Anhebung des Leitzinses seit 2006 noch in diesem Jahr für wahrscheinlich. An der Börse reagiert man mit Erleichterung.
Yellen geht ebenso wie die meisten ihrer Kollegen in der Fed-Führung davon aus, die Zinswende in den kommenden Monaten einzuleiten. Die allgemeinen konjunkturellen Aussichten nannte sie in einer Rede „solide“. „Der Markt würde die Zinserhöhung freudig begrüßen“, betonte ein Aktienhändler. „Es wäre der erste Schritt auf dem Weg zu einer Normalisierung der Geldpolitik.“ Außerdem könnten dann die endlosen Diskussionen um den Zeitpunkt der Zinswende endlich ad acta gelegt werden.
Dax und EuroStoxx50 stiegen daraufhin jeweils knapp drei Prozent auf 9677 und 3104 Punkte. Der Dollar profitierte ebenfalls von den Äußerungen Yellens. Im Gegenzug verbilligte sich der Euro um etwa einen US-Cent auf 1,1125 Dollar. Wegen der Rally der Aktienmärkte zogen einige Investoren Geld aus Staatsanleihen ab. Dies drückte den Bund-Future um 94 Ticks auf 155,25 Punkte.
US-Notenbankchefin Janet Yellen geht noch für Ende dieses Jahres von einer Anhebung des auf einem Rekordtief liegenden Leitzinssatzes aus. Die Inflation dürfte sich allmählich dem von der Fed ausgegebenen Ziel von zwei Prozent annähern, da die ungewöhnlich niedrigen Ölpreise und andere Faktoren nur von kurzer Dauer seien, erläuterte Yellen am Donnerstag in einer Rede in der Universität of Massachusetts at Amherst. Zudem deutete sie an, dass die globale wirtschaftliche Abschwächung nicht stark genug sein werde, um die Notenbank von ihrem Kurs abzubringen, den kurzfristigen Zins bis Dezember anzuheben.
Wandel bei Yellen
Die Fed hat ihren Leitzinssatz erstmals im Dezember 2008 auf seinen Rekordtief nahe Null gesenkt. Yellens jüngste Äußerung könnte offene Fragen über geldpolitische Absichten der Notenbank klären, seitdem sie vergangene Woche von einer Anhebung absah und dies mit globalen Wirtschaftsflaute und den instabilen Finanzmärkten begründete. Die Entscheidung befeuerte die Sorge, dass die Fed größere Bedenken wegen der Konjunktureintrübung in China und der negativen Börsenentwicklungen haben als zunächst von den Investoren angenommen.
Vertreter der Fed würden die wirtschaftlichen Probleme außerhalb der USA weiter im Auge behalten, bekräftigte Yellen in ihrem Vortrag. Doch glaubten ihre Kollegen nicht, dass diese Herausforderungen die Zinsentscheidungen der Zentralbank erheblich beeinflussen würden.
Vergangene Woche hatte Yellen es noch vermieden, ihren Standpunkt in der Frage einer möglichen Leitzinsanhebung preiszugeben. Sie ziehe es vor, die Vorstellungen des gesamten Strategiekomitees zu übermitteln, das bei der Fed für die Zinspolitik zuständig ist.
Doch am Donnerstag schwenkte die Notenbankchefin um: „Die meisten meiner Kollegen und ich erwarten, dass es wahrscheinlich angemessen sein wird, die Zielspanne für den Leitzinssatz irgendwann in diesem Jahr anzuheben.“
Letzte Leitzinsanhebung 2006
Sollte es tatsächlich mit der Erhöhung losgehen, würde sie ganz allmählich erfolgen, betonte Yellen. Die letzte Leitzinsanhebung gab es im Jahr 2006. Im Übrigen habe die Fed aber noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, schränkte Yellen ein. Vom weiteren Vorgehen sind vor allem die Fortschritte bei zwei Doppelaufgaben abhängig: die Steigerung der Beschäftigungszahlen und die Wahrung der Preisstabilität, die laut der Fed dann erreicht ist, wenn die Inflation aufs Jahr hochgerechnet moderat auf zwei Prozent steigt.
Im August sank die US-Arbeitslosenrate zwar mit 5,1 Prozent auf den tiefsten Stand seit sieben Jahren, womit das Ziel der Fed eigentlich erreicht wäre. Doch die Inflation bewegt sich seit mehr als drei Jahren unter der von der Notenbank vorgegebenen Marke und entfernte sich zuletzt sogar weiter vom Zwei-Prozent-Ziel.
Bei der Fed gibt es bis Ende 2015 noch zwei Treffen, bei denen Nägeln mit Köpfen gemacht werden könnte – vom 27. bis 28. Oktober und 15. bis 16. Dezember. Viele Ökonomen bezweifeln jedoch, dass die Fed schon im kommenden Monat genügend neue Informationen hat, um ruhigen Gewissens eine Zinssatzanhebung abzusegnen. Daher gehen sie für Dezember von einem solchen Schritt aus – sofern der Wirtschaft keine unerwartete Gefahr droht.
So könnte eine durch Haushaltsstreitereien ausgelöste finanzielle Lähmung der Behörden oder eine ausbleibende Anhebung der Schuldenobergrenze der US-Regierung dazu führen, dass die Fed mit der Zinserhöhung weiter wartet, warnte Paul Ashworth, Chefökonom bei Capital Economics.
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