Reaktion auf Raketentests in Nordkorea: Sanktionen erneut verschärft
Die USA können keinen totalen Ölboykott durchsetzen. China zweifelt an der Wirksamkeit der Maßnahmen und fordert weitere Verhandlungen.
Nordkorea erhält nach US-Angaben jährlich rund 8,5 Millionen Barrel Öl aus dem Ausland, knapp die Hälfte davon in Form von Rohöl und die andere Hälfte in Form von Mineralölerzeugnissen wie Benzin, Diesel und Schweröl. Von diesen Erzeugnissen dürfen laut Resolution vom 1. Oktober bis Jahresende nur 500.000 Barrel an Nordkorea geliefert werden, ab 1. Januar 2018 nur noch 2 Millionen Barrel jährlich.
Die Forderung der USA nach einem totalen Ölembargo stieß nicht nur auf Widerstand der beiden Vetomächte China und Russland, sondern auch auf Bedenken einiger nichtständiger Mitglieder des Sicherheitsrats. Denn dies würde Nordkoreas Bevölkerung schwer treffen. Diesen Effekt könnten allerdings auch die anderen beschlossenen Maßnahmen haben: Erdgaslieferungen nach Nordkorea wurden ebenso vollständig verboten wie der nordkoreanische Export von Textilien. Damit erwirtschaftete Nordkorea laut Südkorea im Jahr 2016 umgerechnet 629,5 Millionen Euro.
Nach US-Einschätzung sind mit der inzwischen neunten Resolution, die der Sicherheitsrat seit 2006 als Reaktion auf Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm verabschiedet hat, mehr als 90 Prozent der öffentlich bekannten Exporte des Landes untersagt. In seinem letzten Sanktionsbeschluss vom August hatte der Sicherheitsrat Nordkorea bereits den Export von Kohle, Eisen und anderen Rohstoffen vollständig verboten.
Diplomatische Bemühungen gefordert
Die neue Resolution untersagt zudem allen UNO-Staaten, neue Arbeitsgenehmigungen für Nordkoreaner auszustellen, die Geld für ihre Heimat verdienen. Das 25 Millionen Einwohner zählende Land hat UN-Angaben zufolge rund 50.000 Arbeiter ins Ausland geschickt. Dadurch erzielt es jedes Jahr Einnahmen von bis zu 1,9 Milliarden Euro. Verboten sind außerdem alle neuen und bereits existierenden Joint Ventures und Kooperationen mit Nordkorea, es sei denn, sie sind nicht kommerzieller Natur und dienen dem Aufbau der Infrastruktur.
Russland und China setzten eine Passage durch, in der weitere diplomatische Bemühungen gefordert werden, um „die Spannungen abzubauen und die Möglichkeit einer umfassenden Einigung voranzubringen“. Ziel sei die völlige und nachvollziehbare Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel auf friedliche Art.
Aus Sicht Chinas muss das Ziel der neuen Sanktionen eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über Nordkoreas Atomprogramm sein. Strafmaßnahmen allein könnten das Problem nicht lösen, hieß es am Dienstag in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Chancen, dass Nordkorea nach den jüngsten Sanktionen nachgebe, seien „tragisch niedrig“, während die Aussichten auf neue Atomversuche und Raketenstarts „hoffnungslos hoch“ seien.
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe, der CSU-Abgeordnete Hartmut Koschyk: Ziel müsse sein, „Nordkorea wieder an den Verhandlungstisch zu bringen und dann darüber zu reden, wie man diese nuklearen Ambitionen wieder unter Kontrolle bekommt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag