Reaktion auf AKKs Schutzzonen-Vorschlag: Weniger Reflexe, bitte
Ganz gleich, was die Verteidigungsministerin aufs Tapet bringt – es wird ihr um die Ohren gehauen. Besser wäre, Inhalt und Form zu unterscheiden.
E s mag sich ungewohnt anfühlen, ist aber dennoch nicht verkehrt: in der Tagespolitik einen Unterschied zu machen zwischen Inhalt und Form. Der außenpolitische Vorstoß der Bundesverteidigungsministerin für eine internationale Schutzzone in Nordsyrien mag in innen- und außenpolitisch aufgewühlten Zeiten wie diesen als Ding der Unmöglichkeit, als gefährlicher Alleingang erscheinen. Dass er aber hundertprozentig nicht umsetzbar wäre, einzig weil er von Annegret Kramp-Karrenbauer kommt, ist deshalb nicht gesagt.
Was auch immer die noch neue Ministerin aufs Tapet bringt – es wird ihr reflexhaft um die Ohren gehauen und auf parteipolitische Verwertbarkeit abgeklopft. Sozialdemokraten verdrehen die Augen, weil kein Zehnspänner vor dem Auswärtigen Amt vorgeprescht ist, um Heiko Maas die Depesche aus dem Verteidigungsministerium zu überbringen. Grüne blasen die Backen auf, weil Annegret Kramp-Karrenbauer es einfach nicht checkt. Und die Linke-Fraktionschefin, auch nicht eben als außenpolitische Expertin bekannt, bemüht das schöne alte Wort Aberwitz.
Und was macht Annegret Kramp-Karrenbauer? Sie hat schnell begriffen, dass Alleingänge sich nicht auszahlen und sich Unterstützung organisiert. Angela Merkel, ihres Zeichens wirkmächtigste Außenpolitikerin, ist ihr beigesprungen. Die Kanzlerin ignoriert prominent die Anti-AKK-Reflexe und nennt die Idee einer Schutzzone „sehr vielversprechend“. Friedrich Merz, allzu starker Sympathien für die CDU-Vorsitzende eher unverdächtig, nennt den Vorschlag ein starkes Signal, „dass wir bereit sind, außen- und sicherheitspolitisch Verantwortung zu übernehmen“.
So ist auch zu erklären, dass die Ministerin selbstbewusst vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags sagen konnte, dass es für den Einsatz ein Mandat der Vereinten Nationen geben müsse und die Truppe auch von den Vereinten Nationen unterstützt werden sollte. Dass sie dabei nicht auch die eigene Profilierung im Sinn hatte, darf derweil getrost als ausgeschlossen gelten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung