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Razzia wegen PKK-VerdachtsPolizei durchsucht Wohnungen von Kurden

Beamte wühlen nach Propagandamaterial der verbotenen Arbeiterpartei PKK. Ein kurdischer Verein fordert, die Kriminalisierung der Kurden zu beenden.

Verbotene PKK-Flagge: Proteste gegen den Islamischen Staat in Hannover 2014. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Wohnungen von fünf kurdischen Familien in der Region Hannover sind am Mittwoch- und Donnerstagmorgen durchsucht worden. Die Behörden seien einem Vorwurf nach dem Vereinsgesetz nachgegangen, teilte die Staatsanwaltschaft Lüneburg mit. Nach Angaben des Vereins „Kurdistan Volkshaus Hannover“ suchten die Beamten bei seinen Mitgliedern nach Propagandamaterial der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Abdullah Efe von der kurdischen Dachorganisation Nav-Dem zeigte sich überrascht, dass die Wohnungen gerade jetzt durchsucht wurden. „Die suchen nach Argumenten, das PKK-Verbot aufrechtzuerhalten“, spekulierte er.

Efe argumentierte, das PKK-Verbot von 1993 sei überholt. In Syrien kämpfe die PKK an der Seite des Westens gegen die radikalen Islamisten des IS. Der Vorsitzende der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, hatte deshalb angeregt, über Waffenlieferungen an die PKK nachzudenken. Efe erinnerte außerdem daran, dass die PKK seit Ende 2012 in der Türkei mit der Regierung über einen Frieden verhandelt. „In einer solchen Zeit eine Razzia zu machen, können wir nicht akzeptieren“, sagte Efe.

Das Vorgehen der Polizei kriminalisiere die Kurden und wirke diskriminierend. Es erschwere, kurdische Jugendliche zu integrieren. Aus Efes Sicht gab es keinen Grund für die Durchsuchungen. „Wir machen alles im demokratischen Rahmen“, sagt er. „Unser Material ist bekannt.“ Wenn die Bundesregierung hinter dem Friedensprozess in der Türkei stehe, solle sie das PKK-Verbot aufheben.

Ein Antrag der Linken dazu ist erst vor zwei Wochen im Bundestag diskutiert worden. Demnach sollte außerdem die Verfolgung als ausländische terroristische Vereinigung eingestellt werden. Wer die Kurden als Partner bei der Terrorbekämpfung umwerbe, „sollte auch ihre jeweiligen Organisationen akzeptieren“, argumentierte die Linke. „Für mich ist das Verbot der PKK seit Jahren nicht mehr nachvollziehbar“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz. Angesichts drängenderer Probleme sei nun aber der falsche Zeitpunkt, über eine Aufhebung des Verbots zu diskutieren.

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2 Kommentare

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  • Bei diesen Hausdurchsuchungen wurde offenkundig nichts wirklich Hartes gefunden. Sprich, es ging denen um das Finden von PKK-Fahnen, PKK-Symbolen und entsprechendem Material. Nach Artikel 13 des GG war diese Durchsuchung m.M. unverhältnismäßig und unbegründet. Gefahr im Verzug oder schwere Kriminalität bzw. Gefährdung ging wahrscheinlich nicht von diesen Wohnungen und Insassen aus.

     

    Für mich stellt sich die Frage, warum sowas ein Richter einen Hausdurchsungsbefehl unterschrieben hat? Beruht das auf Geheimdienst-Infos? Waren die vielleicht von türkischen Diensten?

     

    Solche Durchsuchungen sind absolut nicht juristisch abgedeckt und auch vollkommen nutzlos, lassen sich die USA doch gerade Lufteinsätze in Syrien und dem Irak Milliarden kosten, die auch den PKK-nahen Kurden dort zu nutze kommen.

  • Die PKK braucht sich ja nur umzubenennen und sich der Gewalt entsagen. Aber solange deren Drogen- und Waffendealer die ein mal Blut geleckt nicht mehr die Waffen niederlegen mögen, sind sie eine terroristische Organisation.

    Hier Zulande werden ja sogar nur die europaweiten Delikte bewertet. Das sieht man ja z.B. am BND, die einen top DHKP-C Terroristen jahrelang geschützt haben. Sollte also die PKK irgendwann doch als "nicht terroristisch" eingestuft werden, wäre das ein falsches Signal. Einige würden denken, dass Gewalt und Selbstjustiz eher als Kavaliersdelikte einzustufen wären, die wissen ja nicht welche Vergehen ihnen vergeben wurden.

    Dass Kurden in Syrien als die einzige Infanterie kämpfen ist hingegen wieder der Tatsache geschuldet, dass für uns manche Menschen nun mal gleicher sind als andere. D.h. noch dringender als die PKK Debatte wäre die Diskussion weshalb wir grundsätzlich Menschen anderer Kulturen verachten. Gibt es denn eine beliebige Kultur die überlegener/besser ist als eine andere?