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Rauschmittel-Abfälle in den NiederlandenDrogen für den Wald

Die Niederlande sind ein wichtiger Produzent synthetischer Rauschmittel. Geheime Labore entsorgen ihre chemischen Abfälle regelmäßig in der Natur.

Leere Kokainfässer in Prinsenbeek, 2020 Foto: MaRicMedia/PRO SHOTS/picture alliance

Amsterdam taz | Die Niederlande laufen Gefahr, ein Narko-Staat zu werden. Davor warnte die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema im britischen Guardian. Der Rotterdamer Hafen ist eines der globalen Zentren des Kokainhandels, die damit verbundenen Bandenkriege bedrohen inzwischen auch Angehörige von Gangmitgliedern, AnwältInnen und JournalistInnen.

Weit weniger zur Kenntnis genommen wird ein anderer Aspekt des internationalen Drogenmarkts und der niederländischen Rolle darin: als eine der wichtigsten Produzentinnen synthetischer Drogen gibt es hierzulande zahlreiche versteckte Labore.

Und weil chemische Abfallstoffe eines illegalen Produkts weder unauffällig noch legal entsorgt werden können, landen hochgiftige Substanzen in der Natur oder abseits von Landstraßen. Das Bild von teils Dutzenden Plastikkanistern in einer bewachsenen Böschung taucht regelmäßig in den Nachrichten regionaler Medien auf. Um welche Dimension es dabei geht, zeigen beispielhaft die ersten zwei Wochen dieses Jahres:

Am 3. Januar und 4. Januar wurden in der Provinz Gelderland insgesamt mehrere Dutzend Plastikkanister gefunden, teils in einem Wasserlauf. Die genauen Restemengen werden durch die Polizei nicht benannt. Am 6. Januar wurden drei 1.000-Liter-Fässer am Rand eines Naturgebiets außerhalb von Enschede deponiert, am 7. und 8. Januar Kanister mit Flüssigkeit und eine Zentrifuge an zwei Orten in der Provinz Groningen.

Am 9. Januar wurden in Goirle in der Provinz Brabant zwei Lieferwagen mit großen Tonnen und Dutzende Kanister mit Flüssigkeit zurückgelassen. Drei Tage später gelangten auf einem Waldweg bei Escharen in derselben Provinz Hunderte Liter Chemikalien in den Boden.

Die chemischen Abfallstoffe können brennbar, beißend oder giftig sein

Die Frequenz kommt in etwa überein mit jener in der „Nationalen Drogen-Standort-Übersicht 2022“. Sie wurde im April von der niederländischen Polizei veröffentlicht und ist bis heute die aktuellste Erhebung zum Thema. Vermeldet werden 155 Fälle, wovon 153 synthetische Drogen betrafen. Auffällig ist, dass diese Zahl 25 Prozent unter der von 2021 lag, und, so der Report, auf dem niedrigsten Stand seit 2014.

Im gleichen Zeitraum wurden 105 Drogenlabore ausgehoben, ein Fünftel mehr als 2021. Der zuständige Polizeichef Willem Woelders vermutet jedoch, dass „kriminelle Organisationen den Abfall sammeln und auf andere Weise entsorgen“.

Die chemischen Abfallstoffe, welche illegal entsorgt werden, können brennbar, beißend oder giftig sein und stellen somit eine direkte Gefahr für ihre Umgebung dar. Zudem können sie den Boden verseuchen, was zu aufwändigen und teuren Sanierungen führt, und nicht zuletzt ins Grundwasser gelangen.

20 Prozent landen in Schutzgebieten

Laut eines Berichts des Ministeriums für öffentliche Gesundheit von 2022 finden etwa 20 Prozent der Entsorgungen in Schutzgebieten statt, deren Grundwasser zu Trinkwasser aufbereitet wird. Der Abfall besteht demnach aus „einer Mischung der Ingredienzen wie Lösungsmittel, Säuren und Basen“.

Handelt es sich um Naturgebiete, ist laut einem Bericht des TV-Magazins „Nieuwsuur“ vom November oft nicht klar, wer für die Sanierung zuständig ist. Lange juristische Prozeduren darüber verschlimmern die Verschmutzung zusätzlich, zudem gebe es einen Trend, die Abfallstoffe nicht mehr in Kanistern zu deponieren, sondern direkt auszugießen.

In einer Sendung von NPO Radio 1 berichtete der Förster Erik de Jonge von einem Fall in der Provinz Brabant, die jahrelang als Schwerpunkt der Produktion galt. Der Schaden dort sei „kolossal“, die Sanierung ziehe sich wegen immer mehr Bäumen, die gefällt werden müssten, noch lange hin. „Es dauert sicher 100 Jahre, bis dort wieder ein richtiger Wald steht.“

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Niederlande sind in unserem Umkreis für ihre verhältnismässig proggressive Drogenpolitik bekannt, aber an diesem Beispiel sieht man gut, dass man auch deren Gesetzeslage eher als Zwischenschritt sehen sollte. Nur weil man Cannabis entkriminalisiert verschwindet dadurch nicht der Schwarzmarkt und die anderen Drogen. Deswegen sollten wir über eine vollständige Legalisierung sprechen. Kokain muss in einer sicheren Weise hergestellt und vertrieben werden.

    Ich kann mir vorstellen, dass manche es eher andersrum sehen und jetzt härter gegen die Produzenten der Droge vorgehen wollen, aber die haben genau so wenig Bock darauf die Umwelt mit diesem Zeug zu verpesten, nur keine andere Wahl um unentdeckt zu bleiben. Und keine polizeiliche Verfolgung dieser Menschen wird je etwas daran ändern, dass es einfach eine Nachfrage nach Drogen gibt.

  • Vielleicht könnte man erwähnen, dass Femke Halsema, Amsterdams Bürgermeisterin, für eine Entkriminalisierung von u.a. Kokain eintritt, um die derzeitigen Zustände zu beenden?

    "“If we continue to fight drugs and drug users, we will remain caught in a never-ending war on drugs. If we want to fight crime and the violence associated with the drug trade, we need to take the drug market away from the criminals.

    Not by creating a free market, but by taking a controlled, responsible approach. This will reduce drug-related crime, improve public health and the general wellbeing of our citizens and relieve our criminal justice system.”

  • Trotz der liberalen Drogenpolitik wurde Holland zum Hotspot für Herstellung und Vertrieb. Oder vielleicht doch gerade deswegen?

    • @vieldenker:

      Wenn liberal ein Synonym für undurchdacht ist, dann ja (könnt man denken, wenn man die deutsche FDP anschaut). Die Niederländer bzw, ihre Politiker haben einfach keinen Plan. Sie haben vor zig Jahren den Umgang mit Hasch nicht liberalisiert, sondern "gedoogd" sprich: toleriert, weggeguckt, fertig. Die Coffieshops dürfen zwar legal verkaufen, aber nicht legal einkaufen. Einzige Bezugsquelle: die Drogenmafia. Die wurde dadurch so stark, dass sie jetzt nicht mehr beherrschbar ist. Und sie weiss, dass man andere Drogen mit mehr Gewinn verkaufen kann.



      Und was macht Nederland, wählt einen, der einfache Lösungen verspricht. So blond wie Trump ist er schon, nur gefährlicher, weil intelligenter.

    • @vieldenker:

      Die Drogenpolitik in Holland ist nachhaltig schizophren. Der Einzelhandel mit Cannabis (und nur dieser) wird toleriert, der Anbau wird streng verfolgt. Das hat zur Folge, dass sich die OK daran dumm und dämlich verdient hat und ihr Geld zunehmend in den Handel mit Kokain und XTC steckt, weil das noch viel profitabler ist. Hollands Beispiel zeigt, dass nur eine Legalisierung des am weitesten verbreiteten illegalen Genussmittels Cannabis dergleichen verhinden kann.

  • Ohne Regulierung des Marktes mit (regulierter) Abgabe an Erwachsene verschiebt man solche Probleme nur von einem Ort zum anderen. Und das unter großem finanziellen Aufwand. Menschen wollen nunmal Drogen nehmen und bezahlen dafür.

  • Vielleicht sollte der niederländische Staat genauso skrupellos gegen die Narcos vorgehen wie diese selber agieren.



    In den Niederlanden fühlen die sich doch sicher und haben keine Angst vor dem Konsequenzen geschweige den vor dem Staat.



    Um der Lage Heer zu werden benötigt es vielleicht einer geheimen Polizeieinheit, die alle Mittel bekommt, völlig anonym agiert und hart zuschlagen darf.

    • @DocSnyder:

      Mittel Niederlande für die Drogenbekämpfung vs die Mittel, die diverse Kartelle zusammengenommen haben.



      Da sind wir schnell im Milliarden Bereich. Dazu kommt, dass Kartelle nur einen Bereich haben um den sie sich kümmern müssen (einfuhr ins Land),



      die Polizei sich jedoch um jeden Bereich bis zum Konsum kümmern muss.

  • Legalisieren und dadurch illegale Entsorgung stark reduzieren. Ich finde aber auch, dass die derzeitigen illegal produzierenden Leute bessere und sauberere Wege finden sollten als das.

    • @bonus bonus:

      Das würde voraussetzen, dass es sich um Menschen mit Gewissen handelt. Ich fürchte, ich hab da schlechte Nachrichten für Sie, die interessiert nur eins: Money, Money, Money.



      Wie viele besetzte Häuser (keine Miete) wurden durch stümperhafte und schadhafte Elektroleitungen in Brand gesetzt, weil die Cannabisbauern den Strom bei den Nachbarn anzapften. Stromkosten für die Nachbarn, Arbeit für die Feuerwehr, Schaden für Besitzer und Gemeinde und Gewinn für die Gangster, so geht das.