Rassistischer Autor: Loblied auf Breivik
Richard Millet schockiert Paris: Der Autor lobt Breivik und verteidigt dessen Taten. Im Antirassismus sieht er eine Form des „intellektuellen Terrorismus“.
BERLIN taz | Die Publizität ist dieser Veröffentlichung sicher. Verdient ist sie aber nicht im Geringsten. Das „Literarische Loblied auf Anders Breivik“ ist einer von zwei Texten, die der französische Schriftsteller Richard Millet am 24. August im Verlag Pierre-Guillaume de Roux publiziert hat. Am selben Tag wurde in Oslo der rechtsextreme Massenmörder Anders Behring Breivik zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt.
Dass solche Verbrechen faszinieren, ist verständlich. Doch was bringt einen französischen Autor dazu, deswegen ein „Loblied“ anzustimmen, außer die berechtigte Hoffnung, damit (fast) alle vor den Kopf zu stoßen? Gleich einleitend sagt er mit einer verblüffenden Leichtfertigkeit, dass diese Taten, deren „formelle Perfektion“ er bewundere, nicht billige.
Doch er erklärt dieses Verbrechen aus der Dekadenz der westlichen Welt und sieht darum die Schuldlage ganz anders: „Aufgrund dieser Dekadenz ist Breivik zweifellos, was Norwegen verdient hat.“ Der Täter ist laut Millet ein Symptom und gewissermaßen „zugleich Henker und Opfer“, ein Folgeprodukt des Untergangs der christlichen Familie, der amerikanischen Massenkultur und des durch die Immigration verursachten Bruchs in Ideologie und Rasse.
In der vehementen Ablehnung des Multikulturalismus und der Definition des Islam als kriegerische Bedrohung Europas lassen sich in Millets Schrift leicht rechtsextreme Geistesverwandtschaften mit Breivik ausmachen. Beide reden von einem „Krieg“, den das Abendland gegen seinen angeblichen Untergang führen muss.
Trotz der ungeheuerlichen Äußerungen wäre dieses Pamphlet vielleicht im Pariser Bücherherbst untergegangen, wenn der Verfasser nicht ein bekannter Schriftsteller und Herausgeber wäre. Er hat selber rund fünfzig Bücher veröffentlicht und sagt mit Stolz über seine früheren Provokationen, er sei heute der am meisten verabscheute Autor des Landes.
Der Literat, der einst auf Seiten der Christen im Libanon mit der Waffe gegen die Muslime gekämpft hat, sieht im Antirassismus eine Form des „intellektuellen Terrorismus“. Peinlich ist seine Polemik seinen Kollegen im renommierten Pariser Verlag Gallimard, zu dessen erfolgreichsten Herausgebern Millet zählt. Ob er nach seinem neuesten Skandal mit dem Breivik-„Loblied“ noch tragbar ist, muss der Verlagschef Antoine Gallimard nach seiner Rückkehr aus den Ferien entscheiden. In Oslo ist Millet wegen seiner Beleidigung der Familien und Freunde der Opfer mit einer eigenen Wikipedia-Seite inzwischen der bekannteste französische Autor geworden.
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