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Rassistische Tat in WächtersbachAngreifer prahlte wohl in der Kneipe

Der Mann soll anderen von seinem Vorhaben erzählt haben. Sie glaubten ihm nicht, obwohl er ein bekannter Waffennarr gewesen sein soll.

Teilnehmer*innen einer Mahnwache in Wächtersbach am Dienstagabend Foto: dpa

Berlin taz/afp | Nach dem rassistisch motivierten Angriff auf einen 26-jährigen Mann im südhessischen Wächtersbach sind weitere Details über den mutmaßlichen Täter bekannt geworden. Der 55-Jährige habe nach seiner Tat in einer Kneipe damit geprahlt, berichtete die Hessenschau am Dienstagabend. Demnach hatte er in demselben Lokal sein Vorhaben angekündigit – die anderen Gäste und der Wirt hatten dies jedoch ignoriert.

Der 55-Jährige sei ein versierter Sportschütze gewesen, berichtete die Welt am Dienstag online. „Er war ein Waffennarr“, sagte der Vorsitzende des örtlichen Schützenvereins Neudorf 61 e.V., Hans-Georg Jost, der Zeitung.

Der mutmaßliche Täter sei dem Verein 2001 beigetreten und habe mehrere Kreismeisterschaften im Schießen gewonnen. Zuletzt sei er im Februar im Verein gesehen worden, sagte Jost. Die Polizei fand bei der Durchsuchung seines Wagens und seiner Wohnung fünf Waffen, die er legal besessen haben soll.

Die Ermittler gehen von einem rassistischen Tatmotiv aus. Der 55-Jährige hatte am Montagmittag aus einem Auto heraus auf den jungen Mann aus Eritrea geschossen und diesen schwer verletzt. Anschließend floh er und erschoss sich selbst. Er wurde am Nachmittag leblos in einem Auto im benachbarten Biebergemünd entdeckt.

Am Dienstagabend versammelten sich mehrere hundert Menschen in Wächtersbach zu einer Mahnwache für den angeschossenen Mann. Mit Schildern und Plakaten wollten sie am Ort des Verbrechens ein Zeichen gegen Rassismus, Hass und Gewalt setzen.

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4 Kommentare

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  • 0G
    06831 (Profil gelöscht)

    Mahnwachen sind wie singen im finsteren Wald.



    Tröstet , momentan, und hilft gegen die Angst. Mehr aber nicht.



    Wenn der Wolf um die Ecke kommt, frisst er dich trotzdem, wenn ihm danach ist.



    Die Politk hat massgeblich versagt .



    "Wir schaffen das" sagen, aber rechts den Blinker setzen. Alles schnurzpiepegal, was es an Schwierigkeiten gibt, im Rentenbereich, im Niedriglohnsektor, bei Wohnraum, bei dem Erstarken des braunen Sumpfes und eben auch bei Waffenbesitz.



    Das gibt einen Crash.

  • auch in deutschland sind die waffengesetze viel zu liberal.hätte dieser "waffennarr" keine schusswaffe gehabt so wäre er noch am leben und hätte gar nicht die möglichkeit gehabt auf einen anderen menschen zu schiessen .sein rassismus wäre dummes stammtischgeschwätz geblieben.



    in einem staat in dem die polizei ,die dafür in einem rechtsstaat exklusiv zuständig ist die sicherheit garantiert wie sie es soll ,gibt es keinen vernünftigen grund bürger*innen den besitz von schusswaffen zu erlauben

  • Wenn die vielen Menschen, die sich „am Dienstagabend [...] in Wächtersbach zu einer Mahnwache für den angeschossenen Mann [versammelt] haben, tatsächlich „ein Zeichen gegen Rassismus, Hass und Gewalt setzen [wollten]“ am „Ort des Verbrechens“, warum haben sie dann nur an das Leid des Opfers erinnert und nicht auch an das Elend des Täters?

    Ich weiß, das klingt jetzt erst mal etwas unsensibel. Ist es aber nicht. Als Mutter eines 26-jährigen Sohnes bin ich quasi von Natur aus bei dem jungen Eritreer, seinen Angehörigen und Freunden. Genau deswegen aber will ich, dass sich so etwas nicht wiederholt. Menschen wie ich leiden nicht nur mit denen, die bereits Schmerzen erfahren haben, sondern, quasi vorab, auch mit all denen, die noch Schmerzen erfahren werden – wenn die Frage nach den Ursachen der Dramen nicht beantwortet wird, wenn nicht die Mechanismen stillgelegt werden, die „so etwas“ möglich machen.

    Mörder sind auch nur Menschen, keine Teufel. Menschen, deren Fehler Ursachen haben. Auch in der Gesellschaft, die nicht rechtzeitig interveniert hat, weil sie sich nicht verantwortlich fühlen wollte. Der Mensch an sich ist schließlich eine Art Herdentier. Wenn er glaubt, anderen schaden zu müssen, ist er mal irgendwo falsch abgebogen. Ich will dann wissen, wo das war und was hätte getan werden können dagegen.

    So sehr hassen zu müssen, dass man nicht länger leben will, ist schlimm. Zu glauben, dass man seinem Wahn einen Sinn geben kann, wenn man einen sogenannten Erweiterten Selbstmord begeht, ist aber eine echte Tragödie. Eine, an der sehr viele Menschen mitgeschrieben haben, nicht nur ein paar Hormone. Menschliche Körper reagieren nur mit deren Ausstoß. Worauf, entscheiden heute fast immer Menschen. Das ist nun mal der Preis dafür, dass wir uns zur „Krone der Schöpfung“ aufgeschwungen haben.

    • @mowgli:

      Das tut man aber besser, bevor es soweit ist. Dieser Mensch war bekannt für seine Ansichten, er hat davon fantasiert, Menschen zu erschießen, es war bekannt, dass er bewaffnet war...

      Hier mit dem Mitleid und Verständnis zu warten, bis er wirklich auf jemanden schießt und sich dann umbringt, ist vielleicht auch nicht so richtig klug.

      Dass vieles von dem, was von rechter Seite gerade passiert, einem Amoklauf ähnelt und dass das solche Leute sehr anspricht, ist aber auch wahr.