Rassismus im sächsischen Freital: Tillich schaltet sich ein
Immer noch wird in Freital gegen die Unterbringung von Asylbewerbern demonstriert. Ob ein Besuch des sächsischen Ministerpräsidenten hilft?
„Das ist in den letzten Tagen in der Kommunikation nicht immer gut gelaufen“, sagt Tillich nach einem Gespräch mit Vertretern der Stadt, des Landrats und des Heimbetreibers. Gemeint ist wohl die „Nacht- und Nebelaktion“, wie es die Heimgegner nennen, in der aus dem früheren Hotel „Leonardo“ eine Außenstelle der sächsischen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber wurde. Mit knapp 400 Plätzen inklusive der bereits zuvor vom Landkreis dort untergebrachten Flüchtlinge, mitten in einem Wohngebiet. Am vergangenen Montag wurde es verkündet, noch am Abend kamen die ersten Busse. Mittlerweile ist das Heim voll.
Freitals scheidender Oberbürgermeister Klaus Mättig (CDU) hat deshalb schon Drohungen erhalten. Auch diejenigen, die sich für die Flüchtlinge einsetzen, würden an Leib und Leben bedroht, sagt ein Mitglied des „Willkommensbündnisses Freital“. Die Frau lebt seit acht Jahren in der Stadt, und auch sie hat Angst, ihren Namen zu sagen.
Pegida ist in der Stadt stark, ihr Gründer Lutz Bachmann hat bei Facebook dazu aufgerufen, sich gegen die Unterkunft zur Wehr zu setzen. „Wenn es kein Konfliktmanagement gibt, dann sind solche Eskalationen vorprogrammiert“, meint die Frau vom Willkommensbündnis. Ob der Besuch des Ministerpräsidenten hilft? „Jetzt ist das Kind wohl schon ein bisschen tief in den Brunnen gefallen“, sagt sie achselzuckend.
„Es ist an uns“
„Wir werden den Informationsaustausch intensivieren“, kündigt Tillich an, ohne konkret zu werden. Auf die tagelangen Proteste und ihre Wirkung auf die Flüchtlinge geht er nicht direkt ein. „Völlig inakzeptabel sind aber Drohungen, Hetze und Gewalt gegen Bürgermeister und Landräte, die sich engagieren, für eine menschenwürdige Unterkunft zu sorgen.“
Ganz Europa stehe durch den „enormen Zustrom“ an Flüchtlingen vor großen Herausforderungen, auch Sachsen. Pro Tag gebe es 140 Neuankömmlinge. „Es ist an uns, ihnen hier in Sachsen Zuflucht zu gewähren“, sagt Tillich und betont, dass diejenigen, denen die notwendigen Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufnahme fehlten, möglichst schnell wieder abgeschoben werden müssten.
Die drei Männer, mit denen er sich in einem Zimmer der Unterkunft unterhält, sind davon wohl nicht betroffen. Sie stammen aus Syrien und dürften als Bürgerkriegsflüchtlinge anerkannt werden. Dem Regierungschef ihres Zufluchtslandes erzählen sie von ihrem Weg raus aus Tod, Elend und Zerstörung. Ob auch die Proteste vor der Tür ein Thema waren, bleibt ein Geheimnis.
Der Demonstrant steht derweil mit seiner Fahne, die diagonal geteilt die deutschen und die russischen Farben zeigt – vor der Polizeiabsperrung in der Zufahrt zum Heim. Ihm geht es nicht nur um diese Unterkunft. Er sieht eine „verlogene Politik“, das deutsche Asylrecht und das, was er für einen Missbrauch durch Ausländer hält, insgesamt als Problem. Die linken Gegendemonstranten, die ebenfalls seit Tagen in Freital vor das Heim ziehen, sind für ihn nur das Ergebnis dieser Politik. Doch eines hätte ihn besonders an einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten interessiert, sagte er. „Wie er sich vorstellt, die Sache hier irgendwann mal wieder zu befrieden.“ Diese Antwort bleibt Tillich schuldig.
Die Proteste vor dem Freitaler Flüchtlingsheim dauern derweil an. Am Donnerstagabend hätten sich vor der Unterkunft in der sächsischen Kleinstadt etwa 100 Asylbefürworter und ebenso viele Gegner des Heimes versammelt, teilte die Polizei in Dresden mit. Ausschreitungen habe es keine gegeben.
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