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Rassismus bei SicherheitsbehördenPolizei verschleppt Aufarbeitung

Die Polizei tut sich schwer, in den eigenen Reihen gegen Rassismus und Hetze vorzugehen. Es geht zwar um eine Minderheit – aber die ist gefährlich.

Protest in Berlin gegen rassistische Gewalt bei der Polizei und in Sicherheits­behörden Foto: M. Golejewski/Adora

Berlin taz | Das Problem ist virulent – und auch unter der neuen Bundesregierung noch lange nicht abgearbeitet: Es gibt Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei, und immer neue Fälle kommen ans Licht. Am Donnerstag stellte der Mediendienst Integration eine neue Recherche zum Umgang der Behörden mit diesem Phänomen vor.

Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler (SPD), langjähriger Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, erklärte bei einem Fachgespräch, dass gerade die Sicherheitsbehörden im besonderen Fokus von Geg­ne­r:in­nen der Demokratie stünden. Rechtsextreme, aber auch Ver­schwö­rungs­ex­tre­mis­t:in­nen würden sich auf diese Zielgruppe „besonders stürzen“, sagte er. Er verteidigte allerdings zugleich die Polizei gegen den grundsätzlichen Vorwurf einer zu schlechten Fehlerkultur.

Rassismus, Hass und Hetze werde sehr wohl entgegengetreten. Die neue Bundesregierung sei bei diesem Thema „so aktiv wie keine zuvor“. Als ein Beispiel nannte er das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das auch in Behörden – also auch den Sicherheitsbehörden – dafür sorgen soll, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht, verfolgt und unterbunden werden.

Aber tun Bund und Länder wirklich alles Mögliche, um Rassismus, Antisemitismus oder auch Antiziganismus bei der Polizei weitgehend zu verhindern? Die Recherche des Mediendienstes Integration lässt Zweifel aufkommen.

Anti-Rassismus-Workshops oft spärlich besucht

Als eines der zentralen Ergebnisse heißt es, dass solche Diskriminierungen bei der Polizeiausbildung kaum Thema seien. Module zu Rassismus und Antisemitismus in der Polizei – etwa zum Thema Racial Profiling – gebe es bisher nur in fünf Bundesländern. Verpflichtend für alle angehenden Po­li­zis­t:in­nen nur in Berlin, im Saarland und in Thüringen, in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg lediglich beim Polizeistudium für den gehobenen Dienst.

Auch in der späteren Laufbahn von Po­li­zis­t:in­nen würden Rassismus und Antisemitismus kaum behandelt – und verpflichtend schon gar nicht. Entweder sind die Fortbildungen freiwillig. Oder sie richten sich nur an Führungskräfte. Wie das dann aussieht, zeigt ein Beispiel aus Sachsen: Dort gab es im vergangenen Jahr bei der Polizei eine Fortbildung „Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung“. Mit gerade einmal drei Teilnehmer:innen.

Weitere Kritikpunkte im Papier des Mediendienstes: Erst in sieben von 16 Bundesländern gibt es unabhängige Polizei-Beschwerdestellen, und sogar nur in drei Bundesländern gibt es Re­fe­ren­t:in­nen für Antidiskriminierung bei der Polizei, die sich um solche Fälle innerhalb der Behörde kümmern sollen.

Fragt man verschiedene Ex­pert:innen, so fällt die Bilanz sehr unterschiedlich aus. Maria Scharlau hat im September 2021 für die Nichtregierungs­organisation Amnesty International ein Positionspapier zu menschenrechtswidrigen Personenkontrollen, zu sogenanntem Racial Profiling, veröffentlicht. Nach ihren Worten machen People of Color und Schwarze Menschen in Deutschland diese Diskriminierungserfahrung nahezu täglich. „Trotz zahlreicher Anhaltspunkte und internationaler Kritik bestreitet die Bundesregierung, dass Racial Profiling in Deutschland praktiziert wird“, schrieb sie in ihrem Positionspapier.

Es wird zu wenig geforscht

Auch beim Fachgespräch des Mediendienstes Integration werden Lücken benannt. So habe zwar das Bundesverwaltungsgericht bereits 2019 eine Kennzeichnungspflicht von Po­li­zis­t:in­nen als rechtmäßig erachtet, in vielen Bundesländern sei dies aber längst nicht umgesetzt worden, sagte der Düsseldorfer Rechtsanwalt Blaise Francis Ndolumingo, der Personen kostenfrei berät, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind.

Seine Kritik an Rassismus unter Be­am­t:in­nen betreffe „ganz klar“ nicht die Mehrheit der Polizei. Doch von einer Minderheit gehe eine „enorme Gefahr“ aus.

Aus Angst um den Ruf der Polizei fehle es aber auch am Aufklärungswillen. Der Politikwissenschaftler Markus End, der unter anderem zu antiziganistischen Ermittlungsansätzen bei Polizei- und Sicherheitsbehörden publiziert hat, sieht mit Hinweis auf sein Spezialgebiet, dass Sinti* und Roma* „kollektive Erfahrungen von Fehlverhalten bei der Polizei“ machen. Die Polizei spiele bei Antiziganismus seit Jahrzehnten eine „zentrale Rolle“ – vor dem Nationalsozialismus, während des Nationalsozialismus und auch noch danach.

Worin sich die Fachleute aber derzeit einig sind: Es fehlt an Forschung in diesem Bereich. Auch die neue Polizeistudie auf Bundesebene – das Forschungsprojekt Megavo zu Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Po­li­zei­voll­zugs­be­am­t:in­nen – kann das nicht leisten, so die einhellige Meinung. Schon auf der Startseite des Webauftritts zur Erhebung heißt es dann auch, es handele sich „nicht um die von der Öffentlichkeit geforderte sogenannte Rassismusstudie“. Anwalt und Berater Blaise Francis Ndolumingo sagte dazu ernüchtert: „Wir wissen viel zu wenig.“

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1 Kommentar

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  • Das kann so schwierig nicht sein - für Polizei-Missbrauch aller Art sollte es eine komplett personell separate Staatsanwaltschaft und Gerichtsbarkeit geben, die nicht in "Lobgemeinschaft" mit den regulären Organen der Rechtspflege steht.

    Das wäre wohl auch die einzige Möglichkeit, den routinemäßigen Rechtsmissbräuchen durch eine -von de-facto-Straflosigkeit ermutigte- Berliner Party-Polizei, besonders bei der BePo oder den BFE Herr zu werden. Dann würde wohl auch nicht mehr ganz Berlin die Polizei hassen...