Rassismus an der Hochschule Bremen: Nur ein schlimmer Einzelfall?
Eine Studentin wirft der Hochschule Bremen Rassismus vor. Rektorat und AStA wollen Konsequenzen ziehen – welche, schätzen sie unterschiedlich ein.
Katrin Luckey, die Rektorin der Hochschule, sagt: „Wir nehmen jeden Vorwurf ernst und zum Anlass, daraus Schlussfolgerungen für die Hochschulentwicklung zu ziehen.“
Im Online-Netzwerk Instagram hatte eine 21-jährige Studentin schwere Vorwürfe gegen die Hochschule erhoben: Ein Mitarbeiter habe ihr aufgrund ihres Kopftuches geraten den Studiengang zu wechseln, schrieb die angehende Ingenieurin am 22. Mai – damit sie nicht mehr von so vielen Männern umgeben sei.
Probleme auch schon früher
Der Post erhielt Tausende Likes und ging buchstäblich viral. Mittlerweile hat die Frau ihr Profil auf privat gestellt, der Eintrag ist nicht mehr zu lesen. Mit der Presse will sie nicht sprechen: Die Geschichte belaste sie schwer, habe gar zu einem epileptischen Anfall geführt.
Aus dem Post – der der taz vorliegt – geht zudem hervor, dass es schon früher zu Problemen gekommen sei. So habe eine Professorin ihr zwei verschiedene Mails mit zwei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen zugesandt. Als sich die Studentin zur Klärung an das Prüfungsamt gewandt habe, sei ihr unterstellt worden, die Mail mit der besseren Note gefälscht zu haben.
Um die Situation zu klären, habe sie schließlich mit einem sogenannten „Schiedsrichter“ gesprochen – und in diesem Gespräch sollen die zitierten Äußerungen über ihr Kopftuch und ihr Studienfach gefallen sein. Außerdem soll der Mann gedroht haben: „Ein Tipp von mir, verbrennen Sie sich die Sohlen nicht nochmal, sonst stürzt das Flugzeug ein, denn Sie stehen auf der roten Liste.“
Asta-Vorstandsmitglied Geisinger hält es für möglich, dass die Hochschule ein strukturelles Rassismusproblem hat. Auf einer Demo gegen Diskriminierung, zu der Ende Mai auch das Rektorat selbst aufgerufen hatte, hätten ihn mehrere Personen auf eigene Erfahrungen mit Diskriminierung angesprochen:
„Es haben sich seit dem Bekanntwerden des Vorfalls einige Leute an uns gewandt, das zeigt, dass es sich hierbei nicht nur um Einzelfälle handelt.“ Geisinger geht außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus: Nicht alle Betroffenen hätten die Kraft, sich zu ihren derartigen Erlebnissen zu äußern.
Beschwerdestelle wenig bekannt
Bei aller Aufklärungsbereitschaft sieht das Rektorat die Sache offenbar weniger schwerwiegend: „Wir halten Formen der Diskriminierung aufgrund unserer klaren Positionierung, unserer Zielsetzung und den Anforderungen an unser Qualitätsmanagement für kein strukturelles Problem“, sagt Luckey.
Sie räumt aber ein: „Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und an jedem Ort, in jeder Organisation und jederzeit möglich.“ Warum die betroffene Frau „sich bislang lediglich über Instagram geäußert hat, ist derzeit nicht bekannt“, sagt Luckey.
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann man sich in Deutschland gegen Diskriminierung etwa aufgrund des Geschlechts zur Wehr setzen. In der Hochschule Bremen gibt es für solche Fälle eine Beschwerdestelle. Die sei aber weitgehend unbekannt, bemängelt Geisinger. Auch auf den aktuellen Fall wurde die Einrichtung erst durch die sozialen Medien aufmerksam. „Wir fordern eine niedrigschwellige Beschwerdestelle“, sagt Geisinger.
Geisinger vermutet, dass die Beschwerdestelle nicht unvoreingenommen arbeitet, denn sie sei identisch mit der Rechtsstelle, welche „die Hochschule rechtlich vertritt“. Daraus entstehe „ein Interessenkonflikt, wir fordern daher eine Umstrukturierung der Beschwerdestelle“.
Luckey sieht das anders: „Mögliche Interessenskonflikte lägen dann vor, wenn dabei von Parteilichkeit in dieser Funktion ausgegangen wird“, sagt die Rektorin. „Dies ist jedoch nicht zu unterstellen.“ Dennoch wolle man sich mit dem Asta zusammensetzen und überprüfen, ob die bestehenden Strukturen verändert werden müssen.
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