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Rape Culture und Trolle auf TwitterWas zu beweisen war

Menschen, die eine Vergewaltigung erlebt haben, twittern über ihre Sprachlosigkeit – und ernten Spott und Drohungen. Ganz toll, Internet.

Schweigen kann viele Gründe haben. Foto: knallgrün / photocase.de

Das Internet hat mal wieder gezeigt, was es kann: hilfreich, schnell und scheiße sein, und zwar alles gleichzeitig. Los ging es mit Clickbait von Springer: Am Samstag veröffentliche Welt Online einen Text über die Kunst- und Kulturhistorikerin Camille Paglia, die nicht nur Klimawandelleugnerin ist, sondern kürzlich auch erklärt hat, es gäbe eine „geschwätzige Propaganda“ über Vergewaltigung. Frauen würden sich zu sehr als Opfer darstellen und von einer „überpolitisierten, opferzentrierten Rhetorik“ verführen lassen: „Rape Culture“ sei ein „lächerlicher Begriff“.

„Sex ist immer ein gefährliches Wagnis“, sagt Paglia in einem englischen Interview, aus dem Welt Online einen Text machte mit dem Titel „Das Schreckensmärchen von der Vergewaltigungskultur“. Eine Frau, die über andere Frauen herzieht, das klickt immer gut.

Viele Frauen, die auf Fragebögen angekreuzt hätten, sexualisierte Gewalt erlebt zu haben, hätten diese nie angezeigt, schrieb Welt Online und fragte: „Vielleicht geht es in vielen Fällen gar nicht um Vergewaltigungen, sondern um Sex im Zustande des Vollrausches und nachträgliche Reue?“ – Das ist ein Denkfehler, den man genau dann macht, wenn man keine Ahnung von sexualisierter Gewalt hat. Oder wenn man sich gern einreden will, dass bestimmt alles okay ist.

Wenn jemand sexualisierte Gewalt erlebt hat und darüber nicht spricht oder sie nicht anzeigt, heißt es eben nicht, dass die Tat nicht stattgefunden hat. Es kann viele Gründe haben, warum Menschen schweigen. Über diese Gründe muss man sprechen, fanden am Samstag einige Twitter-Nutzer_innen. Unter dem Hashtag #whyisaidnothing – warum ich nichts sagte – begann Marlies Hübner (@outerspace_girl), zu erzählen, warum sie selbst über ihre Erfahrungen nicht sprechen konnte. Weil ihr gesagt wurde: “Du wolltest es doch auch“. Weil sie die Tat nicht bei einem männlichen Polizisten anzeigen wollte. Weil die körperlichen Schäden „nicht genug“ waren. Weil sie gelernt hatte, sich zu schämen.

„Ich hatte das Bedürfnis, mich dem Artikel in der Welt, in dem Rape Culture verleugnet wurde, entgegenzustellen“, sagt Hübner. „Ich empfand es als dringend notwendig, aufzuzeigen, dass Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe, die nicht zur Anzeige gebracht werden, trotzdem existieren.“ Schnell fanden sich weitere Frauen und Männer, die über ihre Erfahrungen berichteten. Der Hashtag verbreitete sich so schnell, dass er in der Nacht von Samstag auf Sonntag zum zweitmeistbenutzten Schlagwort in Deutschland wurde.

Nach dem vierten oder fünften „Nein“

Eine ähnliche Aktion hat es mit “Ich hab nicht angezeigt“ schon 2012 gegeben. Damals ging es explizit um Anzeigen sexualisierter Gewalt. Bei #whyisadnothing ging es nun auch schon ums bloße Reden über die Erfahrungen.

„Weil ich mir nach dem vierten oder fünften Nein albern vorkam, aber auch keine hysterische Szene machen wollte“, schrieb eine Frau. Eine andere: „Weil in meiner Erziehung Sexualität als die Pflicht der Frau gegenüber dem Mann definiert wurde“. Einige berichteten von ihrer Angst, nur noch als Opfer gesehen zu werden oder als Junge oder Mann nicht als Opfer anerkannt zu werden. Andere erzählten, sie hätten zum Zeitpunkt der Tat schlicht nicht verstanden, was da passierte, weil sie zu jung waren oder es nicht wahrhaben wollten. Oder weil sie es lieber vergessen wollten. „Dass es einen solchen Zuspruch geben würde, habe ich nicht erwartet“, sagt Marlies Hübner.

Doch schon nach wenigen Stunden wurde der Hashtag mehrheitlich von Menschen benutzt, die sich über ihn lustig machten. Sie twitterten Witze über Vergewaltigung oder Bilder von gefesselten Frauen und beschimpften und bedrohten diejenigen, die den Hashtag ernsthaft benutzten. „Ihr zieht doch sexuelle Uebergriffe mit euren bescheuerten Hashtags ins Laecherliche. Vedammte Netz-‚Aktivisten‘“, schrieb eine Nutzerin. „Keiner würde dich rapen“, schrieb jemand einer Frau, die über ihre Erfahrungen berichtete. Sie solle ihr „Maul halten“.

Misha Anouk (@misharrrgh), der Partner von Marlies Hübner, legte deswegen eine Sammlung von ernst gemeinten Tweets an, ohne die Trolle. „Twitter-User_innen, die ihre Erfahrungen teilten, wurden extrem gemobbt und persönlich angegriffen, vor allem Männer, die Erfahrungen teilten“, sagt Misha Anouk. Dabei wisse er selbst von einer guten Bekannten, dass sie dank des Hashtags das erste Mal über ihre Erfahrung mit sexueller Gewalt gesprochen hatte.

Immer wieder dieselben Vorurteile

Die Trolle, die sich über „rape culture“ lustig machten, haben damit gezeigt, wie treffend der Begriff eben leider ist: Das Wort „rape culture“ bedeutet nicht, dass alles, was in unserer Kultur stattfindet, Vergewaltigung ist. Es bedeutet, dass unsere Kultur so beschaffen ist, dass sie sexualisierte Gewalt häufig bagatellisiert, verdeckt und ermöglicht. Viele Menschen schämen sich ohnehin, dass ihnen „so etwas“ passiert ist, oder sind sich nicht sicher, ob das Erlebte „schlimm genug“ war, um als Übergriff zu gelten.

Einer der häufigsten Vorwürfe gegen Menschen, die über sexualisierte Gewalt sprechen, ist, dass sie nur Aufmerksamkeit wollen. Der traurige Witz ist, dass über sexualisierte Gewalt zu sprechen zwar Aufmerksamkeit bringt, aber keine gute: Betroffene, die von eigenen Erfahrungen berichten, werden immer wieder mit denselben Vorurteilen konfrontiert und oft nicht ernst genommen.

Immer wieder werden ihnen dieselben Dinge vorgeworfen: Sie hätten die beschriebene Erfahrung nicht wirklich erlebt oder es sich erst im Nachhinein anders überlegt. Sie hätten den Täter zur Tat „gereizt“ durch Kleidung/Verhalten/Aufenthaltsort oder sich während der Tat nicht hinreichend gewehrt. Sie würden dem vermeintlichen Täter schaden wollen, indem sie seinen Ruf zerstören. Sie seien „zu hässlich“, um vergewaltigt zu werden oder würden Sex doch sonst auch mögen – oder eben nicht verstehen, was Sex ist. Außerdem würden Frauen doch eh immer „nein“ sagen, wenn sie „ja“ meinten.

All das ist auch bei #whyisaidnothing passiert. Leute fragten, ob die Initiatorin des Hashtags schon einen Vertrag bei Random House habe oder sprachen davon, dass der Hashtag jetzt auch vergewaltigt werden müsse.

Dabei ist die bloße Existenz von Tweets zum Thema sexualisierte Gewalt natürlich nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Schritt in der Debatte. Ähnlich wie bei anderen Twitter-Aktionen wie den Hashtags #aufschrei (über Alltagssexismus), #notjustsad (über Depressionen), #schauhin (über Alltagsrassismus) oder kürzlich #CampusRassismus (über Rassismus an der Uni) generiert sich hier Glaubwürdigkeit immer noch nicht über die Rede der einzelnen Person, sondern über die Masse der immer wieder ähnlichen Erlebnisse: Oft wird marginalisierten Gruppen erst geglaubt, wenn die Menge an Aussagen überwältigend ist – aber genau dafür ist Twitter ein gutes Instrument. Auch wenn die Reaktionen, die eine solche Aktion hervorruft, immer noch krass sind. „Der größte Vorteil und der größte Nachteil am Internet: Jeder darf rein“, twitterte Marlies Hübner am Sonntag.

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34 Kommentare

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  • Wenn ich mir bei Twitter ansehe, wie viele Männer es anscheinend total witzig finden, sich angesichts der sexuellen Angriffe in Köln und Hamburg hämisch über #aufschrei äußern, wird mir echt schlecht. Wie viel jammrig, hochgradig passiv-aggressives "und wir dürfen nicht mal mehr Witze machen" und "Seid froh, dass wir (als weiße, deutsche Männer)

    nur so was harmloses machen" läßt mich echt daran verzweifeln, was für merkbefreite Soziopathen bei uns rumlaufen.

  • Was mein Wissen über die Gefühlslage anderer Menschen angeht: ich spreche mit ihnen.

  • übrigens ist der Anfang des Artikels gleich mal ein interessantes Beispiel, wie man negativ Stimmung macht. Im ganzen Beitrag geht es natürlich mit keinem Wort um Ökologie und Klimawandel. Trotzdem wird erst mal kurz erwähnt, dass die kritisierte Historikerin diesen leugnet oder leugnen soll. Damit der geneigte Leser gleich mal weiß, was das für eine Frau sein muss.

    • @Dr. McSchreck:

      Ja, und es passt ja wohl auch ganz gut. In jeder Hinsicht betreibt die Dame doch wohl eine massive Verdrehung der Tatsachen, ob es nun um die Umwelt geht oder um Fragen sexualisierter Gewalt.

      • @Ute Krakowski:

        Fehlt nur der hinweis, dass sie blut trinkt.

        • @Demokrat:

          Eigentlich fehlt der Hinweis, dass auch Rechtspopulisten den Klimawandel leugnen.

           

          Oder auch das beliebte "Metadaten-Argument", das da lautet: Sie hat einen Artikel für die WELT geschrieben > XY hat auch für die WELT geschrieben> XY hat sich von der JUNGE FREIHEIT interviewen lassen> JUNGE FREIHEIT hat Pegida-Anhänger interviewt = Frau hat was mit Pegida zu tun.

      • @Ute Krakowski:

        macht es einen Artikel besser oder schlechter, wenn dem Leser zunächst mal eine Nebensächlichkeit aus einem völlig anderen Bereich mitgeteilt wird, damit er nicht unbefangen an die Person herangeht, über die geschrieben wird?

  • [...] Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette. Die Moderation

  • Die Autorin hat die Aussage nicht verstanden, es ging nicht darum ob und wie sich Vergewaltigungsopfer zu Wort melden, sondern Frau Paglia hat gefordert, dass Feminismus Frauen stärken muss Verantwortung für ihr handeln zu übernehmen. In einer gefährlichen Welt bringt es nichts die Opferrolle hoch zuhalten, sondern man muss sich dieser Situationen stellen und Vorsichtig sein.

     

    Es gibt kein Recht auf ein ungefährliches Leben, jeder Mensch muss sich auch selbst schützen können, damit er nicht in Situationen gerät die er nicht mehr kontrollieren kann.

     

    Dieser Opferzentrismus fördert die Schwäche von Frauen und stellt alle Frauen als dumm und unschuldig dar.

    • @Struppi:

      In dem doch mehrheitlich sehr intimen Bereich der Sexualität ist dieses "sich schützen" schwierig. Ob man als Kind Opfer von Missbrauch wird oder später als Erwachsener unbehelligt von Übergriffen bleibt ist leider meistens Glückssache. Die Täterinnen und Täter entsprechen eben nicht dem Klischee. Uns allen behagt die Vorstellung, uns oder die Menschen, an denen uns etwas liegt schützen zu können. Dahinter steckt der berechtigte Wunsch, Kontrolle über das eigene Leben auszuüben.

      Aber die Debatte ist sehr gut geeignet, aktuelle Vorannahmen zu überprüfen. Zum Beispiel die, dass "Sex" an sich etwas Wichtiges, Schönes und Attraktives ist. Oder "Partnerschaft" und "Beziehung" zu einem erfüllten Leben dazugehören.

      Ich gebe Camille Paglia insofern Recht, als dass es für junge Frauen Wesentlicheres gibt, als sich über die Teilnahme an irgendwelchen Parties und evtl. sexuelle Übergriffigkeiten Gedanken zu machen. Sie sollten ihre Energie lieber in ihre berufliche Karriere, ihre ökonomische Unabhängigkeit und die Suche nach einem Lebenspartner der was taugt stecken. Und für solche Projekte sind "Parties" und "Flirts" eher ungeeignet.

  • Ich finde den Begriff Rape Culture in höchstem Grade unpassend. Er wird swein Jahren in der feministischen Szene benutzt, obwohl er weder Hand noch Fuß hat. Der Begriff suggeriert, dass ein Großteil der Gesellschaft Vergewaltigung befürwortet oder zumindest verharmlost, und das stimmt einfach nicht. Vergewaltigung ist eine Straftat und Vergewaltiger werden in den meisten Fällen geächtet. Nur weil jemand Witze darüber macht, leben wir nicht in einer Vergewaltigungskultur. Es werden Witze ÜBER ALLES gemacht.

    Feministinnen verwenden den Begriff vor allem auf Grundlage von Studien über Vergewaltigungen an Colleges in den USA, die leider allesamt nicht repräsentativ sind.

    • @Wyndham:

      In einer Gesellschaft, in der die Penetration ohne Einverständnis (in bestimmten Situationen, z.B. Schlaf) nicht strafbar ist, könnte man durchaus davon sprechen, dass Vergewaltigung verharmlost wird.



      Auch eine Forderung, das Opfer muss sich ausreichend wehren, könnte diese Vermutung nahelegen.



      Und das sind keine Einzelfälle, sondern deutsche Rechtssprechung!



       

       

  • Forentrolle sollte man im Übrigen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Es gibt Leute, die ihr Leben als so belanglos und unbedeutend anzusehen scheinen, dass sie sich den ganzen Tag damit beschäftigen, unter allerlei Pseudonymen andere zu provozieren.

    Ich nenne diese ForistInnen "Pinscher". Denn wenn sie wirklich etwas beizutragen hätten, dann könnten sie ja auch unter Klarnamen kommentieren. So verstecken sie sich wie die gleichnamigen zitternden kleinen Hündchen unter dem Fernsehsessel ihrer BeschützerInnen. Um wohl verdeckt um so lauter zu kläffen.

  • "Rape Culture" ist eine Folge der Reduktion der Sexualität zwischen Menschen auf rein mechanische Aspekte. Was in früheren Zeiten die Fortpflanzung erleichterte, denn weder Mann noch Frau musste dazu viel können, lehnen wir heutzutage ab. Aber wie alle lang und intensiv gepflegten Traditionen gedeiht "Rape Culture" in unserem Alltag. In Form von Pornos, Prostitution, sexuellem Missbrauch. Aber auch zu finden bei ganz gewöhnlichen Ritualen und Abläufen rund um Partnersuche, -auswahl, Heirat und Familiengründung.

    In kaum einem anderen Bereich herrscht mehr Unsicherheit und Unwissenheit als wenn es um Sex geht. Nirgends gedeihen mehr Mythen, wird mehr geflunkert, gelogen und verschwiegen als bei dieser angeblich schönsten Nebensache der Welt.

    Jede Debatte ist hilfreich. Sie schafft Öffentlichkeit, wo immer noch viel zu viel Unglück und Dreck im Untergrund haften. Denn Sexualität, ganz gleich, ob sie für sich gelebt wird oder mit anderen geteilt ist doch etwas sehr Bereicherndes.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

    • @Angelika Oetken:

      So weit ich weiß, sehr geehrte Frau Oetken, arbeiten Pornodarsteller*Innen und Prostutuierte allerlei Geschlechts gegen Bezahlung und bieten ihre Dienste auf einem freien Markt an, wie es allen Dienstleistungen zu eigen ist. Was das mit Vergewaltigung zu tun hat, möchten Sie uns bitte erläutern.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Es handelt sich um sehr traditionelle Gewerbe, wenn man so will. Männer bezahlen dafür, dass Frauen ihnen suggerieren, mit ihrer Sexualität sei alles in Ordnung. Weil man dafür eine gewisse Konditionierung und die Fähigkeit, seine wahren Gefühle zu unterdrücken braucht, werden vorzugsweise Missbrauchsopfer für dieses Metier rekrutiert. Auch die Abläufe in der Porno- und Prostitutionsbranche sind stilisierte Missbrauchshandlungen. Das ist an sich noch nichts Verwerfliches. Lange Zeit war das ein akzeptiertes sexuelles Muster: "Ein Mann erleichtert sich sexuell in eine Frau. Im Gegenzug versorgt er sie materiell". Ausnahmen bestätigen dabei die Regel.

        Die Debatte wird ja so emotional geführt, weil dies mit unserer Vorstellung von Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen und Sexualität als Ausdruck von "Liebe" kollidiert.

        • @Angelika Oetken:

          "Liebe" ist ohnehin kein feststehender Begriff. "Liebe" ist nur eine Projektionsfläche für völlig subjektive Erwartungshaltungen.

          • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

            "Liebe" ist ein Trick der Natur. Wir werden von Botenstoffen überschwemmt, die uns in euphorische Zustände versetzen, damit wir nicht anfangen darüber nachzudenken, mit wem wir es eigentlich zu tun haben ;-)

        • @Angelika Oetken:

          Eine etwas krude Theorie, m.E. leicht eklektisch. Als Einzelmeinung tolerabel, sofern daraus niemandem eine Benachteiligung oder Diskriminierung erwächst.

           

          Woher wollen Sie wissen, wer welche Gefühle unterdrückt? Manche brave Ehefrau unterdrückt ihr Verlangen, sich gegen Bezahlung jedem willigen Mann hinzugeben oder sich vor laufender Kamera sexuell auszuleben.

  • Völlig unabhängig davon, dass, soweit ich das beurteilen kann, den Artikel nachvollziehbar finde, muss ich immer an dem Begriff "sexualisierte Gewalt" hängen bleiben.

    Was soll der Unterschied zwischen "sexueller" und "sexualisierter Gewalt" sein?

     

    Ich wäre dankbar für jeden Link.

    • @Age Krüger:

      Welcher Ausdruck gewählt wird, hängt vom Blickwinkel ab. "Sexuelle Gewalt" wird eher als Teil der alltäglichen Sexualkultur gewertet, als nicht erlaubtem Teil der Norm. "Sexualisierte Gewalt" dagegen hat den Fokus mehr auf dem Gewaltaspekt.

      Es gibt Menschen, die können sich sexuelle Kontakte zu anderen nur in gewalttätiger Form vorstellen. Sie üben sexuelle Gewalt aus. Aber Sexualität eignet sich auch sehr gut, um Gewalt gegen Andere auszuüben. Dann ist sie sexualisiert.

      • @Angelika Oetken:

        Sexuelle Gewalt und gewaltiger Sex. Das sind Pole. Pole gesellschaftlicher Aspekte desselben Themas. Sex als primitivster Rausch. Sex als Kitt des Volkes. Das sind die Extreme. Dazwischen ist viel.

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          Sex als "Kitt" des Volkes? Wie das denn?

      • @Angelika Oetken:

        Sexuelle Gewalt ist Gewalt ausagieren, ausüben über einen Menschen durch einen explizit sexuellen Akt, während sexualisierte Gewalt eine indirekte, sublime Form ist, um der Ausübung von Gewalt eine Konnotation zu geben, die sie vordergründig nicht als solche erscheinen lassen soll. Dabei muss es nicht unbedingt zur Anwendung physischer Gewalt kommen. Anzügliche Bemerkungen eines Chefs zum Beispiel einer Untergebenen gegenüber, um die Machtposition herauszustellen (ich bin Chef, ich kann mir das erlauben, ohne das etwas passiert). Sexualisierte Gewalt ist eher ein dialektisches Verhältnis, während sexuelle Gewalt eine direkte und eindeutige Form der Übergrifflichkeit darstellt. Meine 10 Cent.

        • @higonefive:

          Danke für beide Antworten, auch an @Angelika Oetken.

           

          Ich kann mir das jetzt etwas besser vorstellen, sehe aber noch Probleme, da dann bei "sexualisierter Gewalt" die Grenzen natürlich schwerer zu fassen sind.

          • @Age Krüger:

            Die Nutzung des Wortes "Gewalt" in Bezug auf sexuelle Übergriffe ist sowieso m. E. irreführend. Weil darunter gemeinhin physische Angriffe verstanden werden. Und sexuelle Grenzüberschreitungen in ganz unterschiedlichen Formen vorkommen. Abgesehen neigen wir dazu, "Gewalttätigkeit" Jungen und Männern zuzuschreiben. Und blenden damit Frauen und Mädchen als Täterinnen ein Stück weit aus.

  • Ich frage mal was anderes: zum einen sind Leute, die Vergewaltigungsopfer beleidigen und beschimpfen, einfach nur krank im Kopf oder extrem schlechte Charaktere. Auch für sie sollte gelten, was Herr Maas "härtere Verfolgung" von Hass-postings meint. Das ist die eine Seite.

    Die andere ist die Kehrseite der selben Medaillie. Eine feministische Haltung, die NIE in Frage stellt, dass eine Frau die Wahrheit sagt, sondern sofort "victim blaming" schreit, führt ebenso zum Glaubwüdigkeitsverlust. Bei dem "Mädchen mit der Matratze" sprechen inzwischen weit mehr Indizien gegen sexuelle Gewalt als dafür, für eine bestimmte Gruppe ist das aber absolut tabu. Dass der Mann auch Opfer sein kann, nämlich von falscher Verdächtigung, sollte bei all den Vorwürfen nicht vergessen werden. Dafür wird der Begriff der "Rape Culture" gern missbraucht.

    Ähnliches Beispiel die Ex-Piratin, die überall rumrennt und erzählt, sie wäre Opfer einer Mobbing-Kampagne geworden. Ihren eigenen Beitrag vergisst sie zu erwähnen.

  • Es ist wichtig, Vergewaltigung als Verbrechen ernst zu nehmen. dazu gehört aber auch, mit dieser Bezeichnung nicht einfach wahllos umzugehen. Wenn jemand lieber Sex mitmacht, „Weil ich mir nach dem vierten oder fünften Nein albern vorkam, aber auch keine hysterische Szene machen wollte“ - dann ist das keine Vergewaltigung. Vergewaltigung - das ist, wenn jemand gegen seinen Willen zum Sex gezwungen wird.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @yohak yohak:

      Wirklich freiwillig ist das aber auch nicht.

    • @yohak yohak:

      es ist aber trotzdem sexuelle Gewalt und Teil einer Kultur, in der Menschen, vor allem halt Frauen, immer und überall zur Verfügung zu stehen haben. Auch Dinge, die strafrechtlich keine Vergewaltigung sein mögen (darüber lässt sich ebenfalls streiten) sind nichtsdestotrotz Gewalt!

      • @Hiramas:

        Das ist doch eine Haltung, die Frauen nicht als mündige Wesen wahrnimmt. Wenn eine Frau sich nicht traut 'Nein' zu sagen, dann ist das keine sexuelle Gewalt; auch wenn der Mann sie drängt. Der Mann ist ein Arschloch, ohne Zweifel, aber in dem Moment, in dem sie ja sagt, geht er davon aus, in ihrem Einverständnis zu handeln.

        • @Wyndham:

          Wenn das Opfer beim Raubüberfall sich nicht traut "nein" zu sagen, ist das auch keine Gewalt dann?

          So eine Verdrehung der Tatsachen und vor allen dingen meiner Worte hab ich selten gesehen...

          Wenn eine Frau schon "VIER ODER FÜNF MAL" nein gesagt hat, sollte auch der letzte Vollidiot kapiert haben, dass sie nicht will. Das ist doch sonst eine Haltung, die Männer nicht als mündige Wesen wahrnimmt, sondern als Roboter. Selbst Tiere haben mehr Einfühlungsvermögen. Meine Güte....

          • @Hiramas:

            Es geht nicht darum, wie oft sie nein gesagt hat. Solange jemand nein sagt, hat niemand anderes das Recht, diese Person anzufassen, in dem Moment, in dem die Person ja sagt, ändert sich der Sachverhalt grundlegend. Der Unterschied ist, dass man bei einem Raubüberfalll zu KEINEM ZEITPUNKT ja sagt.

            Wenn eine Frau nein sagt oder durch Körpersprache signalisiert, dass sie keinen Sex möcht, dann ist das ein relativ eindeutiges Signal, aber wenn sie irgendwann ja sagt, ist der Sachverhalt einfach komplizierter. Denn es ist doch durchaus MÖGLICH, dass sie sich nur spielerisch geziert hat.

            Ich sage nicht, dass der Mann in diesem Fall richtig gehandelt hat, aber es ist keine Vergewaltigung, zu keinem Zeitpunkt und in keinem Sinne.

    • @yohak yohak:

      Ich finde sexuelle Kontakte,als Folge kognitiver Dissonanz,sind durchaus mit dem Begriff Vergewaltigung vergleichbar.Meine Schlussfolgerung des Events war lediglich - einer großen Masse,inklusive mir(wie ich leider feststellen musste),scheint die Problematik wohl so fremd zu sein das sie im Alltag wohl eher als "egal" betrachtet wird oder die Thematik einen nahezu überfordert.