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Konflikte im Odzala-Kokoua-NationalparkAfrican Parks bestätigt Übergriffe von Rangern auf Indigene

Angehörige der Baka wurden im Namen des Naturschutzes misshandelt und vertrieben. Das bescheinigen interne Untersuchungen des Nationalparkbetreibers.

Heimat von Gorillas, Bongos und anderen Großsäugern. Und vor allem traditionelles Gebiet der Volksgruppe der Baka: Nationalpark Foto: Roger de La Harpe/Imago

Kampala taz | Fast zwei Jahre haben die internen Untersuchungen gedauert. Nun bestätigt die Naturschutzorganisation African Parks, dass ihre Wildhüter in der Republik Kongo Menschen der Volksgruppe der Baka misshandelt haben. Die konkrete Rede ist von Folter, Vergewaltigung und Zwangsvertreibung von Indigenen, die einst das Gebiet bewohnten, auf dem sich heute der Odzala-Kokoua-Nationalpark befindet.

Die Vorwürfe waren bereits 2023 publik gemacht worden, unter anderem von der Menschenrechtsorganisation Survival International. Schlagzeilen gab es damals vor allem, weil auch der britische Prinz Harry im Vorstand von African Parks vertreten ist – die britische Königsfamilie unterstützt zahlreiche Wohltätigkeits- und Naturschutzorganisationen in Afrika. Survival International forderte den Prinzen sauf, von seiner Funktion zurückzutreten. Reagiert hat er bislang nicht.

Ende 2023 beauftragte African Parks die Londoner Anwaltskanzler Omnia Strategy, die Vorfälle vor Ort zu untersuchen. „African Parks ist sich bewusst, dass es in einigen Fällen zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist“, gibt die Organisation nun in einem kurzen Statement zu: „Wir bedauern zutiefst den Schmerz und das Leid“, das den Opfern zugefügt wurde.

In einem detaillierteren Bericht führt Omnia aus, dass insgesamt 21 Fälle von mutmaßlichen Menschenrechtsverbrechen untersucht wurden, darunter Vergewaltigung, Folter, illegale Tötungen und willkürliche Verhaftungen. Insgesamt seien im Nationalpark Odzala-Kokoua in der Republik Kongo und Südafrika, wo African Parks seinen Hauptsitz hat, über 180 Menschen dazu befragt worden. Dazu hätten neben den betroffenen Baka auch die Wildhüter gehört, also die mutmaßlichen Täter.

Militarisierter Naturschutz

Dass Wildhüter in Afrika mit brutalen Methoden gegen Indigene und lokale Bauern vorgehen, ist kein Einzelfall. Mehrfach hat die taz die Systematik und Problematik der Wildhüter-Ausbildung thematisiert, die mitunter mit militärischen Methoden wie Anti-Terror-Strategien trainiert werden.

Dass nun African Parks in den Fokus gerät, hat auch damit zu tun, dass das Konsortium immer mehr Nationalparks auf dem afrikanischen Kontinent verwaltet. Die Weltgemeinschaft hat Ende 2022 entschieden, bis 2030 rund 30 Prozent der Erdoberfläche unter Naturschutz zu stellen, um den Planeten zu retten. African Parks spielt dabei auf dem afrikanischen Kontinent eine wichtige Rolle. Laut eigenen Angaben will die Organisation eine Milliarde US-Dollar bereitstellen, um bis 2030 30 Nationalparks in Afrika zu verwalten – weit mehr als 20 Millionen Hektar Landmasse, die dann von den Wildhütern von African Parks kontrolliert werden.

„Die Gewaltkultur ist den afrikanischen Wildhütern von weißen Trainern aus Südafrika, Frankreich oder Israel beigebracht worden, welche die Indigenen als Wilderer betrachten und behandeln“, so Olivier van Beemen, niederländischer Journalist und Autor des Buches „Im Namen der Tiere“, das 2024 auch auf Deutsch veröffentlicht wurde. Beemen hat die Geschichte von African Parks intensiv recherchiert. Das einst profitorientierte Unternehmen wurde im Jahr 2003 von dem niederländischen, mittlerweile verstorbenen Unternehmer Paul Fentener van Vlissingen in den Niederlanden mitgegründet, mittlerweile hat es seinen Hauptsitz in Südafrika und ist als Naturschutzorganisation registriert.

Deutsche Verantwortung

Beemen selbst wurde bei seiner Recherche über African Parks in Benin verhaftet. Er hat auch die Führungsebene der Organisationen mit den Ergebnissen konfrontiert. Diese habe ihm gegenüber argumentiert, sie hätten in den vergangenen Jahren insgesamt 16.000 Menschen verhaftet – wegen mutmaßlicher Wilderei. Dabei seien nur 10 Fälle von Gewalt gegen die Festgenommen dokumentiert, also im Vergleich eine geringe Zahl. „Diese Leute hinterfragen ihre Ansätze nicht“, sagte Beemen der taz. „Aber ich hoffe, dass all das letztlich doch zu mehr Respekt gegenüber den Menschenrechten führt.“

Der Odzala-Kokoua Nationalpark im Norden der Republik Kongo, nahe der Grenze zu Kamerun, wird auch mit deutschen Geldern finanziert, zumindest ist dies in der nächsten Finanzierungsphase so vorgesehen. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) unterstützt das Naturschutzgebiet über den sogenannten Legacy Landscapes Fund. Dieser Weltnaturerbefonds wurde 2020 auf deutsche Initiative eingerichtet, um darüber Naturschutzvorhaben von verschiedenen Gebern zu finanzieren. „Wir nehmen die Sache sehr ernst“, heißt es auf der Webseite des Fonds. Sobald die Beratungen abgeschlossen seien, würden mehr Details veröffentlicht.

Die Bundesregierung gehört zu den Initiatoren und größten Gebern des Fonds. „Das BMZ ist tief betroffen“, erklärt die Pressestelle des Ministeriums auf taz-Anfrage. „Menschenrechtsverletzungen sind für das BMZ nicht akzeptabel.“ Deswegen habe man African Parks zu einer „Aufarbeitung gedrängt“, so das Ministerium. Es sei „zentral, dass African Parks nun weitere nötige Schritte für einen Naturschutz im Einklang mit den Menschenrechten unternimmt“.

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2 Kommentare

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  • Die Schuldzuweisungsdebatten in Bezug auf den europäischen, nicht zuletzt deutschen Kolonialismus, auch Debatten über den indigenen Status etwa der Baka bringen zwar Licht ins Dunkel, helfen den Betroffenen (sowie der betroffenen Natur) aber nicht wirklich.



    Was helfen könnte, wäre eine andere Ausbildung der Wildhüter: weg von der militärischen "Gewaltkultur" (Olivier van Beemen), derzufolge sie sich gegen die Indigenen als 'Verteidigungskrieger' der Naturparks in Szene setzen sollen.

  • Sind die Wildhüter in der Republik Kongo keine Indigenen?

    Welcher zugewanderten Ethnie gehören Sie an?