Randale am Rathaus von Berlin-Neukölln: Mit Farbbeuteln und Steinen

Unbekannte haben in Berlin das Rathaus und Amtsgericht Neukölln beschädigt. Im Umfeld wurden Oury-Jalloh-Flugblätter gefunden. Es gab mehrere Festnahmen.

Keine Gerechtigkeit, kein Frieden – der unfreiwillige Slogan am Rathaus Neukölln. Bild: dpa

BERLIN epd | Erneut hat es im Zusammenhang mit dem vor zehn Jahren bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle gestorbenen Afrikaners Oury Jalloh einen Anschlag auf öffentliche Einrichtungen und Polizeistationen gegeben.

Bis zu 50 Vermummte bewarfen am Samstagabend in Berlin das Rathaus und Amtsgericht Neukölln mit Farbbeuteln, teilte die Polizei am Sonntag mit. Außerdem wurden benachbarte Geschäfte, darunter zwei Bank-Filialen, sowie das Fahrzeug eines Sicherheitsdienstes durch Steinwürfe beschädigt.

Vor einer Polizeistation in der Rollbergstraße wurden zudem sogenannte spitze Krähenfüsse auf der Straße verteilt. Dabei wurden die Reifen von einem vorbeifahrenden Auto beschädigt. In der Sonnenallee wurde bei einer Polizeistation die Toreinfahrt durch ein Kettenschloss verschlossen.

Die Polizei nahm vier Tatverdächtige fest. Zwei von ihnen wurden dem Staatsschutz übergeben, der die Ermittlungen übernommen hat. In der Umgebung des Neuköllner Rathauses wurden Flugblätter gefunden, auf denen Aufklärung im Fall des gestorbenen Asylbewerbers Oury Jalloh gefordert wird.

„Oury Jalloh unvergessen“

Bereits in der Nacht zu Donnerstag hatten bis zu 50 Vermummte mit Farbbeuteln und Pflastersteinen eine Polizeistation im Leipziger Stadtteil Connewitz angegriffen. Im Internet tauchte daraufhin ein Bekennerschreiben einer Gruppe „Oury Jalloh unvergessen!“ auf. Darin wird der Tod Jallohs als Anlass für die Gewaltaktion bezeichnet.

Jalloh starb am 7. Januar 2005 an einer Liege gefesselt bei einem Brand in einer Gewahrsamszelle. Nach Darstellung der Polizei soll der Flüchtling die Matratze mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Der BGH hatte 2014 in letzter Instanz die Verurteilung eines ehemaligen Dienstgruppenleiters der Polizei wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro bestätigt. Vorausgegangen waren mehrere Strafprozesse in Sachsen-Anhalt und ein Verfahren 2010 vor dem BGH in Karlsruhe.

Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau prüft seit Anfang 2014 in einem gesonderten Verfahren, ob es weitere Ermittlungsansätze zum Grund für den Ausbruch des Feuers und damit für den Tod Jallohs gibt. Anlass ist eine Anzeige der Gedenk-Initiative. Sie beruft sich auf ein neues, von ihr in Auftrag gegebenes Brandgutachten. Laut Staatsanwaltschaft ist ein Termin für den Abschluss der Untersuchungen noch nicht abzusehen.

Am Samstag erinnerten in Dessau-Roßlau erneut rund 30 Menschen mit einer Demonstration an den Tod Oury Jallohs. Der Marsch der Gedenk-Initiative führte zum Gebäude der Staatsanwaltschaft. Im Zusammenhang mit dem Tod Jallohs spricht die Initiative von Beginn an von Mord. Bereits am eigentlichen Todestag Jallohs, dem 7. Januar, hatten in der vergangenen Woche rund 700 Menschen für weitere Ermittlungen in dem Fall demonstriert.

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