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Ramadan während des GazakriegsAnspannung am Tempelberg

Jerusalem hat die ersten Tage des Ramadan weitgehend ruhig überstanden. Nach dem Tod eines Jungen durch Polizeischüsse steigt die Anspannung.

Betende während des Ramadan vor dem Felsendom in Jerusalem am 10. März Foto: Ammar Awad/reuters

Jerusalem taz | Eine Drohne schwebt über dem Damaskus-Tor zur Jerusalemer Altstadt. Links und rechts der Treppen überblicken israelische Grenzpolizisten die Szene. Auf der Stadtmauer hat ein Scharfschütze Stellung bezogen. Vor dem Torbogen, der hinunter zur Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg führt, ist die Stimmung angespannt an diesem Mittwoch drei Tage nach Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan.

In der Nacht zuvor wurde im nahe gelegenen Shua’fat-Flüchtlingslager ein je nach Quelle 12- oder 13-jähriger palästinensischer Junge von israelischen Sicherheitskräften erschossen. Laut Medienberichten wurde er bei Zusammenstößen zwischen Grenzpolizisten und Bewohnern des Shua’fat-Flüchtlingslagers in Ostjerusalem von einer israelischen Kugel getroffen. Die Sicherheitsbehörden bestätigten, dass ein Schuss in Richtung eines Verdächtigen abgegeben wurde, „der die Einsatzkräfte bedroht und Feuerwerkskörper in ihre Richtung geschossen hat“.

Auf einem Video in den sozialen Netzwerken war allerdings zu sehen, wie zwei Jugendliche eine Feuerwerksrakete nahe der israelischen Sperrmauer in die Luft schießen. Es knallt ein Schuss, bevor einer von ihnen zu Boden sinkt. Die interne Prüfstelle der Polizei kündigte eine Untersuchung an. Der Palästinensische Rote Halbmond gab an, fünf Menschen mit Schusswunden behandelt zu haben. Der israelische Sender Kan berichtete, Molotowcocktails seien in Richtung der Grenz­polizei geworfen worden.

Israels rechtsextremer Minister für nationale Sicherheit, Ita­mar Ben-Gvir, lobte das Verhalten des Schützen und sagte. „Das ist, wie wir gegen Terroristen vorgehen müssen – mit Entschlossenheit und Präzision.“ Der Minister war im Vorfeld des Ramadan von Regierungschef Benjamin Netanjahu ausgebremst worden, als er Muslimen den Zugang zu ihrem drittheiligsten Ort, dem Tempelberg, verbieten wollte. Fast ein Fünftel der israelischen Bevölkerung sind Muslime.

Westjordanland erlebt seit dem 7. Oktober eine Gewaltwelle

Seit dem Beginn des Ramadan dürfen auch Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland zum Gebet zur Al-Aksa-Moschee. Die Regeln wurden allerdings verschärft: Jungen und Männer zwischen 12 und 70 Jahren sind ausgeschlossen. Die Regelung soll eine Woche nach Beginn des Fastenmonats am Sonntag geprüft werden.

Obwohl es bereits in der Nacht auf Montag Zusammenstöße in der Altstadt gegeben hatte, zog die Sprecherin der israelischen Polizei, Mirit Ben Mayor, nach den ersten zwei Tagen am Dienstag ein positives Fazit: „Tausende und vielleicht Zehntausende Gläubige konnten sicher auf dem Tempelberg ankommen.“

Im Westjordanland wurden allein seit Dienstag fünf weitere Palästinenser getötet. Ein 15-Jähriger wurde nahe Bethlehem erschossen, nachdem er zwei israelische Sicherheitskräfte mit einem Messer verletzt haben soll. Ein 16- und ein 23-Jähriger starben, als israelische Einsatzkräfte das Feuer auf ihr Auto nahe einer israelischen Siedlung eröffneten. Die Umstände des Vorfalls waren zunächst unklar. Nach palästinensischen Medienberichten wurden in Dschenin im Norden des Westjordanlandes zwei Männer bei einer Razzia der Armee erschossen.

Das Westjordanland erlebt seit Beginn des Krieges im Gazastreifen die schlimmste Welle der Gewalt seit dem Ende der Zweiten Intifada, des letzten palästinensischen Volksaufstandes vor rund 20 Jahren. Seit dem 7. Oktober wurden mehr als 400 Palästinenser bei Militäreinsätzen, Zusammenstößen oder eigenen Anschlägen getötet.

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11 Kommentare

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  • Ich denke es ist nur noch eine Frage der Zeit bis im Westjordanland die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde vollkommen zusammenbricht und es zu einem gewaltsamen Aufstand kommt angesichts der Politik der rechtsradikalen israelischen Regieruing. Dann bin ich mal auf die Positionen hier gespannt: Dürfen die Palästinenser irgendetwas tun oder müssen sie nur immer gefügige Opfer sein um unsere Zustimmung zu erhalten?

    • @EinHistoriker:

      Meinem Eindruck nach erhält die palästinensische/Hamas-Seite unglaublich viel Zustimmung und Unterstützung. Nicht nur finanziell, sondern auch moralisch. Egal ob Berlinale, Oscar-Verleihung, an Universitäten, bei Vorträgen, in den Medien, politisch etc..

      "... oder müssen sie nur immer gefügige Opfer sein um unsere Zustimmung zu erhalten?"

      Interessant, denn ich bin der Meinung, dass Ihre Anmerkung eher auf jüdische Menschen/Israel zutrifft. Als sie sich in Konzentrationslagern millionenfach umbringen ließen, erhielten/erhalten sie unsere Zustimmung und Wertschätzung, auch wenn sie auf der Straße angegriffen und ins Krankenhaus geprügelt werden. Aber wenn sie sich gegen einen Gegner wehren, der die Shoah wiederholen, sie töten und vernichten will, weltweit, bis auf die letzte jüdische Frau, das letzte jüdische Kind, dann stoßen diese Menschen auf Ablehnung und ihnen soll die Unterstützung entzogen werden. Obwohl jede/r, spätestens nach dem 07.10.23 weiß, was passieren wird, wenn wir jüdische Menschen/Israel alleine lassen.

    • @EinHistoriker:

      Ich weiß nicht, ob ob es Ihnen so geht, dass Sie den Palästinensern nur Zustimmung zukommen lassen, weil Sie Ihnen als gefügige Opfer erscheinen? Oder wollen Sie schon mal präventiv Palästinensische Gewalt rechtfertigen?

      Der brutale palästinensische Gewaltausbruch gegen Israelis vom 7.10. wird ja bereits von etlichen Gruppen als“berechtigter Widerstand“ betrachtet. Weitere Gewaltorgien würden da bestimmt auch Rechtfertigung finden.

      Ich sehe die Palästinenser nicht als reine OpferGruppe in diesem Konflikt. (Auch wenn ich die Lage in Gaza furchtbar finde, die Zivilbevölkerung dort mein Mitgefühl hat, ich die israelischen Siedler in den besetzten Gebieten und die derzeitige rechts extreme Regierung ablehne und mir ein Ende des Konflikts wünsche und für eine Zweistaatenlösung wäre.)

      Die palästinensische Seite weiß sich sehr gut als Opfer zu inszenieren mit Stichworten wie „Nakba“ oder indem Israel, als reines Kolonialisierungsprojekt geframt wird. Zur Wahrheit gehört aber doch auch, dass von palästinensischer Seite oft sehr schlechte Entscheidungen getroffen wurden, Kriege, angezettelt wurden und leider kein besonders gutes Händchen für vernünftige, unkorrupte, dem Frieden verpflichtete Führungsfiguren bestand.

      • @Karla Columna:

        "Die palästinensische Seite weiß sich sehr gut als Opfer zu inszenieren mit Stichworten wie „Nakba“ oder indem Israel, als reines Kolonialisierungsprojekt geframt wird."

        Israel war ein Kolonisierungsprojekt, das haben selbst die Gründungsväters Israels so gesehen... und es offen so genannt. Ich kann sie da mit Primärquellen überschütten wenn sie das wünschen? Das abzustreiten kam erst in Mode als der Kolonialismus als ganzes in Verruf geriet. Aber das mal nur so am Rande.

        Und nein, ich rede nicht über 7/10. Aber ich frage sie mal so: Angenommen die Israelische Armee und Siedler ermorden noch weiter Palästinenser im Westjordanland und vertreiben weitere Familen aus ihren Dörfern. Was würden sie dazu sagen wenn eine Gruppe bewaffneter Palästinenser eine Siedlung rechtsextremer Siedler angreift, die Palästinenser vertrieben haben und viele von ihnen tötet. Ist das legitimer Widerstand oder nicht?

        • @EinHistoriker:

          Zu Ihrer Frage noch: ich glaube, dass es weder juristisch in so einem Fall um legitimen Widerstand geht, noch menschlich, denn das führt nur noch zu mehr Dehumanisierung und Gewalt.

          Ich würde der palästinensischen Seite wünschen, dass dort eine breitere Zivilgesellschaft entsteht, die nicht auf Gewalt, sondern auf Stärkung der demokratischen Prozesse setzt, die eine Vision für einen palästinensischen Staat entwickelt, der nicht auf Maximalforderungen gegen Israel, oder die Delegitimierung Israels setzt, sondern auf friedliche Koexistenz. Es wird nicht gehen, wenn sich nicht die vernünftigen Leute auf beiden Seiten finden, die nach Frieden streben und nicht nach Sieg. Das hat Joana Osman sehr schön in einem Artikel in der SZ beschrieben: www.sueddeutsche.d...isierung-1.6433874

          Diese Region hätte es verdient, dass aus all diesem furchtbaren Elend, am Ende etwas Gutes entsteht. Das mag naiv klingen, ist aber der Funke Hoffnung, den ich bei all dem Grauen habe.

      • @Karla Columna:

        Sehr guter Kommentar!

    • @EinHistoriker:

      "Dürfen die Palästinenser irgendetwas tun..."



      Kommt drauf an was das ist, was Sie hier so schönfärberisch mit 'irgendetwas tun' bemänteln. Wenn es sowas wie Hamas-Aktionen sind, ist die Antwort einfach: nein, dürfen sie nicht.

  • „Das ist, wie wir gegen Terroristen vorgehen müssen – mit Entschlossenheit und Präzision.“ das sagt Itamar Ben-Gvir nachdem ein Junge, der eine Feuerwerkrakete gezündet hat in Richtung einer Mauer, erschossen wurde. Ein 12/13- jähriger ist ein Terrorist... echt ohne Worte. Selbst wenn man sich von einem Kind "bedroht" fühlt, muss man keine tödlichen Schüsse abgeben.



    Typen wie Herr Ben-Gvir lassen die Anklage wegen Vökermordes doch nicht mehr so ohne jegliche Grundlage erscheinen nicht wahr Herr Bundeskanzler Scholz? Der Herr gibt seit Monaten Waffen an oft ohnehin gewaltätige Siedler aus. Seine Partei "Otzma Jehudit will zudem ein Emigrations­ministerium einrichten. In ihrem Parteiprogramm fordert die Partei auch einen »totalen Krieg« gegen Israels Feinde. Zu denen zählten, wie der frühere Parteivorsitzende Michael Ben-Ari konstatierte, 99 Pro­zent der Araber. " (Israels Antiliberale Koalition, Stiftung Wissenschaft und Politik)



    Die Partei möchte die Rechte der israelischen Araber in Israel weiter einschränken und die Ausreise der israelischen Araber – sie machen rund 20 Prozent der Bevölkerung aus – fördern. Sie setzt sich für die Straffreiheit von Soldaten ein, die Palästinenser getötet haben, für Terroristen fordert sie die Todesstrafe. / Bevor er in die Parteipolitik ging, etablierte sich Ben Gvir als Star-Anwalt der rechtsextremen Szene. Vor Gericht verteidigte er rechte Terroristen, die Häuser in Brand gesetzt und Palästinenser attackiert hatten. Auch er selbst stand mehr als 70 Mal vor Gericht, meist wegen Verhetzung. Acht Mal wurde er verurteilt – einmal sogar wegen Unterstützung einer Terrorgruppe. (Berliner Morgenpost- Israel: So ticken die Rechtsextremen in Netanjahus Regierung)



    Und dann noch seine Kommentare zur Evakuierung von Kindern hier im Taz-Artikel von Jannis Hagmann: „Im Krieg muss man den Feind vernichten, ohne dabei scheinheilig zu sein.“



    Kinder sind Feinde und Terroristen- also gibt es keine Unschuldigen Ben-Gvir???

    • @Momo Bar:

      Ja, Ben-Gvir, Smotrich und Netanyahu, der sich mit den Rechtsextremen zusammen getan hat, um seine eigene Haut zu retten, sind furchtbar.



      Das macht den Terror der Hamas vom 7. Oktober eigentlich noch tragischer, weil eben in Israel eine Regierung vorhanden ist, deren Entscheidungen man absolut kritisch sehen muss und der man nicht wirklich vertrauen kann.

      Immerhin gibt es in Israel ein gewisses Gegengewicht durch die Zivilgesellschaft und den obersten Gerichtshof, außerdem Publizisten, Journalisten, Juristen und Politiker, die all das kritisieren und Missstände auch veröffentlichen.

      DieEreignisse am Tempelberg sind, wie immer im Nahostkonflikt weitaus komplizierter, als die Schlagzeile „ israelischer Soldat erschießt zwölf oder 13-jährigen Palästinenser“ suggeriert.



      Das Traurige ist, dass sich dies jedes Jahr wiederholt, und beide Seiten dabei immer rücksichtsloser werden. Auf palästinensischer Seite frage ich mich natürlich, ob es nicht sinnvoll wäre, gerade weil es um ein religiöses Event geht, auf Frieden und Gewaltfreiheit zu setzen, stattdessen wird gezielt provoziert und die Stimmung gewaltvoll angeheizt. Auf israelische Seite besteht das Bedürfnis, dies alles kontrollieren zu wollen und gleichzeitig nicht zu schaffen, deshalb falsch zu reagieren.

      Ich habe ja schon mal auf „Standing together“ verwiesen, einer israelisch/palästinensischen Organisation, deren Ziele ich manchmal etwas verschwommen finde, aber bei der man sehen kann, wie schwierig und verfahren dieser Konflikt ist. Und wie schwierig es auch immer ist, beide Seiten zu verstehen.

      • @Karla Columna:

        Standing together ist keine "israelisch/palästinensische" Organisation. Es ist eine israelische Organisation, bei der jüdische und arabische Israelis Mitgliedwr sind, gegenwärtig mehr jüdische Israelis mitmachen und die sich für wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung von jüdischen und arabischen Israelis einsetzt - natürlich hat sie auch Kommentare zur Westbank und Gaza im Gepäck.



        en.m.wikipedia.org...ogether_(movement)

        Eine palästinensische strikt friedliche Graswurzelbewegung aus der Zivilbevölkerung in der Westbank oder in Gaza, die zudem noch mit israelischen Partnern zusammen arbeitet, ist mir nicht bekannt.

        • @BrendanB:

          Danke für diese Konkretisierung, ich dachte, es versteht sich von selbst, aber ja, war ungenau ausgedrückt.