Ralf Stegner über die Lage der GroKo: „Unsere Bilanz ist gut“
Zur Halbzeitbilanz sieht SPD-Vize Ralf Stegner gute Gründe, in der GroKo zu bleiben. Es hänge aber viel daran, wie es mit der Grundrente weitergeht.
taz: Herr Stegner, das Kabinett wird am Mittwoch wohl eine Halbzeitbilanz der Großen Koalition ziehen. Was sagen Sie: „Should I stay or should I go“?
Ralf Stegner: Auf Drängen der SPD ist durchaus viel geschehen. Ich erinnere nur an die Rückkehr zur Parität in der Krankenversicherung, an die Regelungen für Paketboten oder an das Gesetz für gute Kitas. Unsere sozialdemokratische Bilanz ist eine gute. Aber es geht bei der Halbzeitbilanz auch um die Zukunft und darum, ob wir wichtige strategische Fragen klären können. Dazu gehört auch die Grundrente.
Die SPD hat die Grundrente immer zum Prüfstein der Groko gemacht. Aber nun wurde sie erneut vertagt. Sollte die SPD nun die Konsequenzen ziehen?
Die Grundrente ist eines der wesentlichen Themen, die bearbeitet werden müssen. Und zwar eine Grundrente, die den Namen verdient. Das heißt, dass das Einkommen der Menschen, die lange gearbeitet und schlecht verdient haben, im Alter zwingend über dem Niveau der Grundsicherung liegen muss, und zwar ohne bürokratischen Aufwand. Aber die Grundrente ist nicht das einzige wichtige Thema.
Bleiben wir kurz dabei. Die SPD will keine Bedürftigkeitsprüfung. Wenn das Partnereinkommen durch einen Abgleich bei den Finanzämtern mit einbezogen wird, wäre das für die SPD noch hinnehmbar?
Eine Prüfung der Einkommensteuer wäre gar kein Problem. Was wir nicht wollen, ist eine bürokratische Bedürftigkeitsprüfung der Vermögen und der Menschen wie auf dem Sozialamt. Anders als die Union das darstellt, reden wir hier übrigens nicht von großen Vermögen, sondern es geht im Wesentlichen um Menschen, die 35 Jahre lang zu schlechten Löhnen gearbeitet, Kinder erzogen und sich nebenbei vielleicht noch etwas angespart haben. Viele von ihnen sind Frauen.
Welche für die SPD wichtigen Prüfsteine sehen Sie noch?
Ralf Stegner, 60, ist SPD-Bundesvize und Fraktionschef der Partei in Schleswig-Holstein. Zuletzt kandidierte er erfolglos mit Gesine Schwan für den neuen SPD-Vorsitz.
Es wird darum gehen, dass der Klimaschutz sozialverträglich umgesetzt wird, wir wollen eine Initiative gegen Kinderarmut starten, und wir brauchen eine Abrüstungsinitiative statt weiterer Aufrüstungspläne.
Die SPD hat noch viel vor in der Groko?
Wenn man sich über diese wichtigen Punkte verständigen kann, dann lohnt es sich, die Koalition fortzusetzen. Ich wende mich jedenfalls dagegen, dass die SPD einfach jammernd aus der Groko rausgeht, weil wir uns nicht gut fühlen.
Fürchtet sich die SPD nicht, die Groko zu beenden, weil sie bei Neuwahlen nichts zu gewinnen hätte?
Richtig ist, nur eine gestärkte SPD kann etwas umsetzen. Natürlich wird diese Groko auf absehbare Zeit die letzte sein. Wir wollen eine progressive Koalition mit Grünen und Linken.
Aber jetzt geht’ s erst mal weiter?
Am Ende entscheidet das nicht die Regierung, sondern die Partei. Der Parteitag ist im Dezember. Und wenn die Verhandlungen über die Grundrente scheitern, was denkbar ist, kann ich mir sehr schwer vorstellen, dass man gemeinsam weitermacht.
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