Radverkehr und Klima: Für 1,5-Grad ist mehr nötig
Klimaziele sind nur mit umfassenden Veränderungen im Verkehr zu erreichen. Für diesen Meilenstein muss sich was an der politischen Stellung des Fahrrads ändern.
1 05.425 Unterschriften hat der „Volksentscheid Fahrrad“ im Juni 2016 beim Senat von Berlin abgegeben und damit Bewegung in der Radverkehrspolitik ausgelöst. In 48 Städten haben Fahrradengagierte per Bürgerentscheid Fahrrad die Radverkehrspolitik so auf die politisch-mediale Agenda gesetzt, dass ein Großteil der Forderungen ohne Urnengang übernommen wurde und die Politik nun liefern muss. Berlin und Nordrhein-Westfalen beschlossen Radverkehrs- und Mobilitätsgesetze auf Landesebene.
Das Verkehrsministerium hat die StVO und den Bußgeldkatalog fahrradfreundlich geändert und dreistellige Millionenbudgets für den Radverkehr freigegeben. Auch die angestammten Verbände von ADFC über den Mobilitätsverband VCD bis zum Deutschen Städtetag und den Deutschen Städte- und Gemeindebund haben ihre Fahrradpolitik angespitzt und trauen sich mehr „pro Fahrrad“.
ist Umweltaktivist und hat 2015 den Berliner Volksentscheid Fahrrad initiiert. Er war bis 2015 Mitglied der Grünen und ist seit 2021 CDU-Mitglied.
Gleichzeitig boomt der Radverkehr, ebenso der Umsatz bei den Händlern, die oft nur noch Stammkunden bedienen können. Die Radentscheide haben zwar Hunderte neuer Arbeitsplätze geschaffen – Radverkehrsplaner sind mittlerweile „Mangelware“, Planerinnen erst recht. Gesetze, Programme und Papier sind vorhanden, es fehlt beim tatkräftigen Management von den Spitzen der Exekutive bis zur Umsetzung in den Amtsstuben.
Enttäuschend ist das, was Radelnde wirklich merken. Versprechen wurden kaum umgesetzt. In Berlin etwa wurden gerade mal 25 Kilometer Pop-up-Radwege und gestückelt knapp 10 Kilometer neue Radwege gebaut; dazu kam kaum eine neue, sicherere Kreuzung. Gemessen an dem Geist des Berliner Radentscheids ist das Erreichte in Berlin für die Grünen das, was für die SPD der Bau des Berliner Flughafens war: ein Debakel.
Der Verkehr ist das größte Sorgenkind beim 1,5-Grad-Limit: Die Veränderungen sind nicht dazu geeignet, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Wir Direktdemokratinnen hatten anderes erwartet und wollen doch einfach nur sicher und entspannt Fahrrad fahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“