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RadsportNachwuchsjuwel bei der Vuelta

Der Italiener Giulio Pellizzari, 21, beweist sein großes Potenzial. Er ist bislang bester Jungprofi und im deutschen Rennstall ein wichtiger Helfer.

Giulio Pellizzari folgt an zweiter Position seinem größten Rivalen Matthew Riccitello Foto: Sirotti/imago

Es waren zwei Bergtage, ganz nach dem Geschmack des hoch aufgeschossenen Kletterers aus Italien. Am gefürchteten Angliru hielt Giulio Pellizzari mit den Allerbesten gut mit, fing auch wieder den elf Zentimeter kleineren und um elf Kilogramm leichteren US-Amerikaner Matthew Riccitel­lo ein. Der ist sein härtester Gegner im Kampf um das Weiße Trikot, das der beste Jungprofi der Spanienrundfahrt erhält. Am Folgetag dann, der 14. Etappe am Samstag, war Pelllizari einer der Hauptdarsteller. Er strampelte an die Spitze der Favoritengruppe und zog dort das Tempo noch einmal gewaltig an.

Sein Teamkollege Jai Hindley nutzte diese Beschleunigung für einen eigenen Angriff. Schnell trennte sich die Spreu vom Weizen. Nur Jonas Vingegaard, der Gesamtführende und Topfavorit der Vuelta, sowie dessen ärgster Verfolger, der Portugiese Joao Almeida, konnten Hindleys Rad halten. Sie überspurteten den Australier zwar noch, aber der machte Zeit gut im Kampf um Platz 3. Und genau das war das Ziel des Manövers von Pellizzari. „Wir wollten heute Jai näher ans Podium bringen“, sagte der Italiener nach dem Passieren der weißen Linie hoch oben auf dem Alto de la Farrapona.

Dort durfte er sich ein frisches Exemplar des Weißen Trikots überstreifen, denn auch sein persönliches Nebenziel hatte er erreicht. Nachdem er alle Kräfte für den Teamkollegen Hindley in die Waagschale geworfen hatte, fuhr er kontrolliert weiter ins Ziel und hielt dabei Riccitello erneut in Schach. „Das Weiße Trikot ist keine Obsession für uns. Aber es wäre ein schöner Preis, allerdings nur dann, wenn es unsere anderen Ziele nicht gefährdet“, machte Red Bull – Bora – hansgrohes sportlicher Leiter Patxi Vila die Prioritäten klar.

Pellizzari macht seinen Job bisher prächtig. Er knüpft damit an seine tollen Leistungen beim Giro d’Italia im Mai an. Da war er in einer ähnlichen Rolle wie jetzt bei der Vuelta angetreten. Nach dem Ausfall von gleich drei Kapitänen (Hindley und Primoz Roglic durch Stürze, Dani Martinez durch Formschwäche) war der Youngster aus der Region Marken plötzlich der, der noch etwas reißen musste. Und gleich am Tag von Roglic’ Ausstieg machte er auch mobil, schnellte aus der Favoritengruppe heraus und jagte den Ausreißern des Tages hinterher. Es reichte dann nur zu Platz 3. Aber Pellizzari hatte gezeigt, aus welchem Holz er geschnitzt ist.

Pellizzari braucht die Berge

Zur Vuelta sollte er ursprünglich gar nicht fahren. „Nach dem Giro wurde die Spanienrundfahrt aus meinem Programm gestrichen. Dann haben wir aber insistiert, gemeinsam mit meinem Trainer Paolo Artuso und dem sportlichen Leiter Enrico Gasparotto, dass ich doch die Vuelta fahre. Denn für einen Fahrer wie mich sind die dreiwöchigen Rundfahrten wichtig, um zu wachsen. Es wäre hart für mich gewesen, zu den Rennen in Kanada oder Deutschland zu fahren“, meinte er vor dem Start der Vuelta und spielte dabei auf die mangelnden Berge der Deutschland-Tour und die lediglich jeweils nur einen Tag andauernden Belastungen der Rennen in Kanada an. Nein, einer wie Pellizzari braucht die Berge. Und er brilliert vor allem dann, wenn es viele Renntage am Stück gibt und er mit seiner Fähigkeit zu schnellen Regeneration punkten kann.

Für die dritte Woche hat er ein besonderes Auge auf das Zeitfahren geworfen. Da kann er zum einen seinen Vorsprung im Weißen Trikot festigen. Vor allem aber geht es ihm um die Zukunft. „Zeitfahren sind für Rundfahrten entscheidend, und ich möchte wissen, wo ich stehe“, sagte er.

Am noch sehr jungen Athleten überzeugt auch die Art und Weise, wie er seine Ambitionen dosiert. Er will wachsen, er will glänzen, er hadert aber auch nicht mit der Helferrolle. „Am wichtigsten ist es, Jai aufs Podium zu bringen. Ich selbst habe noch viel Zeit“, meinte er. Für seine Entwicklung sind die Renntage in Spanien jedenfalls immens wichtig.

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