RWE will Kraftwerke vom Netz nehmen: Sonne macht Gas platt
Erneuerbaren Energien setzten den Essener Stromkonzern unter Druck. Nun will das Unternehmen seinen Sparkurs verschärfen und mehr Mitarbeiter entlassen.
ESSEN dpa | Die Energiewende mit dem Boom von Erneuerbaren Energien und sinkenden Börsenpreisen für Strom setzen den RWE-Konzern mächtig unter Druck. Bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am Mittwoch kündigte Finanzvorstand Bernhard Günther die Schließung von Kraftwerken in der konventionellen Stromerzeugung an.
Außerdem will RWE sein Sparprogramm in den kommenden Jahren deutlich verschärfen: „Es zeichnet sich klar ab, dass wir künftig deutlich weniger Mitarbeiter beschäftigen werden.“ Damit stehen bei dem zweitgrößten deutschen Strom- und Gaskonzern weit mehr Arbeitsplätze auf der Kippe als die bereits genannten 2.400 Stellen, die das Unternehmen im Rahmen des Sparprogramms RWE 2015 abbauen möchte.
Sämtliche Maßnahmen sollten sozialverträglich erfolgen, unterstrich der Finanzchef. Weitere Details zu den Sparplänen will der Vorstand im November mitteilen. Erst vor wenigen Tagen hatte das Handelsblatt berichtet, dass RWE-Vorstandschef Peter Terium das angestrebt Einsparvolumen von 1 Milliarde Euro verdoppeln wolle. Diese Zahl wollte Günther allerdings nicht bestätigen. RWE beschäftigte Ende Juni im In- und Ausland 68.600 Menschen, knapp 2.000 weniger als ein Jahr zuvor.
Im ersten Halbjahr 2013 hatte RWE seine Bilanz nur durch einen warmen Geldregen des russischen Gasriesen Gazprom nach Beilegung eines Streits über die Bezugspreise in Höhe von 1 Milliarde Euro gerettet. Bei einem leicht gestiegenen Umsatz auf 28,5 Milliarden Euro kletterte des betriebliche Ergebnis um 12,3 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Durch eine hohe Abschreibung auf niederländische Kraftwerke verzeichnete der Versorger unter dem Strich allerdings einen Gewinneinbruch von 38 Prozent auf knapp 1 Milliarde Euro. Nicht im Netz oder Vertrieb, sondern bei den Margen der Stromerzeugung wachse der Druck, betonte Günther.
Gesunkene Preise
Die Photovoltaik verdränge in Spitzenlastzeiten die Gaskraftwerke vollständig aus dem Markt. Deren Auslastung sei zum Teil auf weniger als 10 Prozent zurückgegangen. Auf den Großhandelsmärkten, wo Stadtwerke und Großabnehmer aus der Industrie Strom einkaufen, seien die Preise deutlich gesunken. „Viele unserer Kraftwerke schreiben inzwischen rote Zahlen“, beteuerte der Finanzchef.
Wegen der Krise in der konventionellen Stromerzeugung sei RWE gezwungen, in Deutschland und den Niederlanden Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von knapp 3100 Megawatt vom Markt zu nehmen. Trennen werde sich das Unternehmen dabei unter anderem von deutschen Steinkohlekraftwerken mit 1200 Megawatt. Weitere Anlagen mit 900 Megawatt würden derzeit auf Wirtschaftlichkeit geprüft.
Und Günther befürchtet Schlimmes: Derzeit komme RWE noch zugute, dass große Teile der Stromproduktion auf Termin zwei bis drei Jahre im Voraus verkauft wurden. Im Laufe der Zeit würde dieser Preisvorteil nach und nach verschwinden. „Die Krise wird uns dann mit voller Wucht treffen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“