piwik no script img

ROG-Vertreter vor GerichtProzess gegen Önderoğlu vertagt

Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen, ist wegen „Terrorpropaganda“ angeklagt. Die Verhandlung wurde auf Juni vertagt.

Muss nicht zum Termin im Juni erscheinen – Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen Foto: ap

Istanbul taz | Unter großer Anteilnahme von Pressebeobachtern aus dem In- und Ausland ist die Urteilsverkündung im Prozess gegen den türkischen Vertreter von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoğlu, am Montagvormittag vertagt worden. Önderoğlu ist gemeinsam mit der Vorsitzenden der türkischen Menschenrechtsstiftung, Şebnem Fincancı, und dem Autor Ahmet Nesin wegen „Terrorpropaganda“ angeklagt, weil er sich an einer Solidaritätsaktion für die mittlerweile geschlossene kurdische Zeitung Özgür Gündem beteiligt hatte.

Anders als in früheren Politverfahren war die Atmosphäre im Gerichtssaal am Montag recht entspannt. Erol Önderoğlu konnte, ohne unterbrochen zu werden, eine sehr politische Verteidigungserklärung abgeben. In dieser hat er auf die weltweite Arbeit von Reporter ohne Grenzen und die Verteidigung der Pressefreiheit hingewiesen und gleichzeitig das Recht auf eine freie Presse auch für Publikationen wie Özgür Gündem reklamiert. Aus diesem Grund habe er wie viele andere auch im Rahmen einer Solidaritätskampagne für einen Tag symbolisch die Chefredaktion bei Özgür Gündem übernommen.

Sein Anwalt ergänzte, dass der Hauptprozess gegen ehemalige Redakteure, Herausgeber und Journalisten von Özgür Gündem, die im Herbst 2016 wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der PKK geschlossen wurde, ja noch gar nicht begonnen habe, weshalb auch sein Mandant eigentlich nicht angeklagt werden könne, bis in dem Hauptverfahren ein Urteil gefallen sei. Das wies der Richter zwar zurück, aber er ließ klar erkennen, dass Erol Önderoğlu mit einem Freispruch oder aber einer Bewährungsstrafe rechnen kann. Er brauche, so der Richter, zum abschließenden Prozesstag im Juli nicht mehr zu erscheinen.

Vertagt wurde der Prozess auf Antrag von Şebnem Fincancı, weil ihre Verteidigerin überraschend schwer erkrankt ist und seit drei Tagen im Krankenhaus liegt. Der dritte Angeklagte, Ahmet Nesin, war gar nicht erschienen, weil er im Ausland lebt.

Am 8. Mai beginnt auch der Prozess gegen die Mitarbeiter von Özgür Gündem. Die Prozesse laufen ebenfalls gegen die Zeitung Sözcü, gegen die nach dem Putschversuch geschlossene Tageszeitung Taraf, gegen Enis Berberoğlu und Erdem Gül wegen ihrer Artikel in Cumhuriyet und etliche weitere türkische Journalisten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!