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Querelen in der FPÖStrache ist raus

Der Wiener Parteivorstand verfügt den Ausschluss. Der Ex-Chef der FPÖ könnte mit einer neu gegründeten Partei weitermachen.

Vor die Tür gesetzt: Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Foto: dpa

Wien taz | Heinz-Christian Strache ist nicht mehr FPÖ-Mitglied. Zu dieser Entscheidung rang sich der Wiener Parteivorstand der österreichischen Rechtspopulisten Freitagnachmittag nach kurzer Beratung durch. Zuvor hatte das Parteigericht eine diesbezügliche Empfehlung abgegeben. Der Mann, der vor 14 Jahren eine Zehnprozentpartei übernahm und vor zwei Jahren in die Regierung führte, wurde wegen „parteischädigenden Verhaltens“ entlassen.

„Für uns ist es eine Befreiung“, zeigte sich FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Pressekonferenz erleichtert. Der allgemein erwartete Rauswurf ist der vorläufig letzte Akt in einem Drama, das am 17. Mai 2019 mit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos begann. Darauf bietet Strache einer als russische Oligarchin auftretenden Schauspielerin fette Staatsaufträge für den Fall, dass sie ihn via illegaler Parteispenden an die Regierung bringt.

Die Regierung platzte und vor den Neuwahlen im vergangenen September platzte auch noch ein Skandal, der Strache bei seinen Anhängern unmöglich machte. Er hatte dank eines großzügigen Spesenkontos in Saus und Braus gelebt und sich auch noch die Miete seiner Villa von der Partei zahlen lassen.

Wie seither bekannt wurde, soll er sogar seine Putzfrau, die Nachhilfestunden für einen Sohn und selbst den Skiurlaub über die Parteikasse abgerechnet haben. Seine Leibwächter mussten dafür – so deren Aussage – in Gourmet-Restaurants liegen gebliebene Rechnungen einsammeln und als Bewirtungskosten bei Arbeitsessen einreichen. Der Kolumnist Günther Traxler erfand dafür den Beruf des „Rechnungsumwandlers“.

Rückzug aus der Politik

Strache hatte sich eigentlich am 1. Oktober aus der Politik zurückgezogen und seine Parteimitgliedschaft ruhen lassen, was Parteichef Hofer durch eine Suspendierung bestätigte. Der Ex-Vizekanzler hörte aber nicht auf, sich politisch zu Wort zu melden, und pflegte über seinen Facebook-Account auch seine Fangemeinde. Seine Frau Philippa, die in den Nationalrat gewählt wurde, amtiert als „wilde“ Abgeordnete ohne Fraktion.

Lange munkelt man schon, dass der gelernte Zahntechniker einen politischen Neustart wagen könnte. Laut Umfragen könnte er – zum Schaden der FPÖ – um die 4 Prozent der Wählerschaft für sich gewinnen und damit die Hürde ins Parlament nehmen. Zunächst geht es aber einmal um einen starken Auftritt bei den Landtagswahlen in Wien, die im kommenden Herbst stattfinden sollen.

Der entsprechende Trägerverein existiert auch schon, er wurde am Donnerstag von drei FPÖ-Hinterbänklern im Wiener Stadtrat gegründet – alle drei bekennende Strache-Fans. Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops traten aus der FPÖ-Fraktion aus und gründeten Die Allianz für Österreich (DAÖ). Als solche wollen sie 2020 mit Strache als Spitzenkandidat bei der Wien-Wahl antreten. Die Parteirebellen begründeten ihren Schritt mit einer „Hetzkampagne“ gegen Strache. Strache selbst hat sich dazu noch nicht geäußert.

Die FPÖ ist dank ihrer Selbstzerfleischung der letzten Monaten in den Meinungsumfragen hinter die Grünen zurückgefallen. Die verhandeln seit Wochen mit der ÖVP über eine Regierungsbeteiligung und würden die FPÖ dann auch als Juniorpartner von Sebastian Kurz ersetzen. Mit einem Abschluss vor Januar rechnet man nicht.

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