Quartier Heidestraße in der Europacity: Schlamperei im Hause Gaebler
Der Eigentümer hatte lange angekündigt, doch keine Sozialwohnungen zu bauen. In der Senatsverwaltung wurde das übersehen. Klagen will man trotzdem.
Nun aber muss die Verwaltung von Bausenator Christian Gaebler (SPD) einräumen, dass sie bereits im Oktober über die Absicht des Eigentümers informiert wurde, keine Sozialwohnungen zu errichten. In einer E-Mail argumentierte der Bauherr damals, aufgrund nicht abgerufener Förderung für die Errichtung mietpreisgebundener Wohnungen bestehe auch keine Verpflichtung zu deren Bau. Das Schreiben, das laut Eigentümer an die Leiterin der Wohnungsbauleitstelle ging, sei zwar angekommen, aber nicht entsprechend weitergeleitet worden, heißt es. Zuerst hatte der RBB berichtet.
Die Senatsverwaltung will jetzt gegen die ehemalige Grundstückeigentümerin, mit der 2016 der städtebauliche Vertrag geschlossen worden war, und den heutigen Eigentümer, das Unternehmen QH Development 2, klagen. Inwiefern der Vertrag – der erste überhaupt, der nach dem Modell der kooperativen Baulandentwicklung geschlossen wurde – wasserdicht ist, ist unklar. Senator Gaebler hatte bereits im Abgeordnetenhaus verlautbart, man würde den Vertrag so heute nicht mehr abschließen. Rechtlich angreifbar ist aber wohl die Übertragung des Grundstücks 2021: Die hätte vertragsgemäß nicht ohne Zustimmung des Landes erfolgen dürfen.
Scharfe Kritik kommt aus der Opposition: Niklas Schenker, baupolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagt, die Senatsverwaltung habe „offenkundig ein Dreivierteljahr tatenlos zugesehen, wie der Investor den Bau der dringend benötigten Sozialwohnungen in der Heidestraße verweigert“. Berlin sei „vorgeführt“ worden.
Schenker fordert „schnellstmögliche Aufklärung darüber, welche Stelle in der Senatsverwaltung wann über welche Informationen zu dem Fall verfügte und warum erst jetzt rechtliche Schritte gegen den Investor geprüft werden“. Der städtebauliche Vertrag, den die Verwaltung bislang unter Verschluss hält, müsse offengelegt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch